Warum Software für nachhaltige Mobilität unverzichtbar ist

Wenn es um das Thema Nachhaltigkeit im Automobil-Bereich geht, stand die Software bislang stets im Schatten der Hardware – und das zu Unrecht. Software spielt bereits seit vielen Jahren eine wichtige Rolle dabei, Autos effizienter, sicherer und nachhaltiger zu machen. Ein historisches, aber heute noch relevantes Beispiel ist die softwaregesteuerte elektronische Kraftstoffeinspritzung, die von Volkswagen bereits 1967 in einem Serienfahrzeug  eingeführt wurde. Im Vergleich zu einem Vergaser spart diese etwa zehn bis 15 Prozent Benzin ein. Ein weiteres aktuelles Beispiel ist der Ansatz zonenbasierter E/E-Architekturen (elektrisch/elektronisch). Statt vieler Steuergeräte kommen dabei wenige leistungsstarke Fahrzeugcomputer zum Einsatz. Das spart etwa 50 Prozent der Verkabelung in einem Fahrzeug ein – oder in anderen Worten bis zu zwei Kilometer Kabellänge pro Auto. Es wird deutlich: Software-Lösungen bis hin zu vereinheitlichten Software-Plattformen oder „Betriebssystemen“ für Fahrzeuge bieten ein enormes Potenzial, Fahrzeuge und Mobilitätsansätze nachhaltiger zu gestalten.

Längere Nutzungsdauer dank Software-Updates
Die Einsatzbereiche sind vielfältig. So lässt sich mithilfe von Software die Nutzungsdauer eines Fahrzeugs verlängern. Etwa dann, wenn der Nutzer eines Autos weitere Funktionen benötigt. Hat ein Hersteller die nötige Hard- und Software ins Auto integriert, kann er neue Funktionen “Over the Air” (OTA) freischalten. Das können Assistenzsysteme und Infotainment-Services sein, aber auch eine höhere Reichweite bei Fahrzeugen mit Elektroantrieb. Neben der längeren Nutzungsdauer ergibt sich daraus zudem ein weiterer Vorteil: Wie bei einem guten Wein, der mit den Jahren besser wird, könnte qualitativ hochwertige Software den Wert des Fahrzeugs steigern.

Software-Entwicklung nachhaltig gestalten
Ein weiterer Bereich, in dem Software die Nachhaltigkeit optimieren kann, ist der Entwicklungsprozess von Anwendungen, Systemsoftware und Firmware. Wichtig ist dabei, die gesamte Software-Wertschöpfungskette nachhaltig zu gestalten. Das bedeutet beispielsweise, Arbeitsabläufe weitgehend in Cloud-Umgebungen zu verlagern und auf Ansätze wie Virtualisierung, Microservices und vereinheitlichte Software-Plattformen zurückzugreifen. In der Cloud lässt sich der Zugriff auf Rechenleistung, Speicherkapazitäten und Anwendungen passgenau an die aktuellen Anforderungen anpassen. Dadurch sinkt der CO2-Fußabdruck um 80 bis 90 Prozent. Die Cloud eröffnet Entwicklern außerdem den Zugang zu Tools und Frameworks, die nur mit höherem Aufwand über hauseigene Rechenzentren bereitgestellt werden können, etwa KI- und Machine-Learning-Modelle und entsprechende Entwicklungsumgebungen.

Kooperieren – nicht das Rad mehrfach neu erfinden
Um nachhaltiger zu agieren, ist es empfehlenswert, die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren im Automotive-Bereich auszubauen. Dies verhindert, dass die Branche das Rad ständig neu erfinden muss, also ähnliche Software mehrfach entwickelt. Denn nach Einschätzung von Elektrobit decken 60 Prozent der Software-Komponenten eines Fahrzeugs Funktionen ab, die in ähnlicher Form in allen Fahrzeugen zu finden sind. Nur 40 Prozent der Programme beziehen sich auf einzigartige Funktionen wie Anpassungen für spezielle Kundengruppen. In naher Zukunft wird die Einführung sicherer Open-Source-Software – also Software, deren Quellcode frei zugänglich ist und genutzt, kopiert und verändert werden darf – eine effizientere Entwicklung ermöglichen. Denkbar ist somit, dass Entwickler unterschiedlicher Unternehmen Software-Module für Basisfunktionen gemeinsam nutzen. Dies kann den Entwicklungsaufwand und damit die benötigten Energieressourcen erheblich senken. Ein weiterer Vorteil: Wenn sich Entwickler auf die herstellerspezifischen Teile eines Software-Stacks konzentrieren können, fallen die Time-to-Market-Zyklen kürzer aus. Kooperationen zwischen Marktteilnehmern bei der Entwicklung und Nutzung von Software sind auch in weiteren Bereichen denkbar. Dazu zählen Anwendungen, mit deren Hilfe Fahrzeuge mit einer „smarten“ Verkehrsinfrastruktur kommunizieren oder mit denen Elektromobile Strom zurück in das öffentliche Netz speisen können.

Fazit: Software und Kooperationen stärken die Nachhaltigkeit
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Fahrzeuge und Mobilitätsansätze allgemein müssen die zentrale Rolle von Software stärker berücksichtigen. Nur dann ist es möglich, nachhaltige Konzepte erfolgreich umzusetzen. Zudem sind Alleingänge einzelner Anbieter, Forschungseinrichtungen und staatlicher Institutionen in Zeiten des Klimawandels nicht nachhaltig. Wenn jedoch alle Akteure zusammenarbeiten, wird die Software-Entwicklung effizienter und die Mobilität der Zukunft nachhaltiger. ■

Software-Lösungen bieten ein enormes Potenzial, Fahrzeuge und Mobilitätsansätze nachhaltiger zu gestalten.