Auf der Überholspur zur Mobilität von morgen

von Bernhard Mattes

Eine immer wieder zu hörende These in diesen Tagen ist, dass die deutsche Automobilindustrie im globalen Vergleich hinter ihren internationalen Wettbewerbern zurückfallen würde. Belastbare Fakten hierfür werden nicht geliefert. Kein Wunder, denn das Gegenteil ist der Fall – die deutschen Hersteller und Zulieferer sind hochinnovativ. Ob bei Automatisierung, Digitalisierung und Vernetzung, bei alternativen Antrieben oder neuen Mobilitätsdienstleistungen – die deutsche Automobilindustrie gestaltet aktiv und mit hohem Engagement den Wandel zur Mobilität der Zukunft.

So investieren die deutschen Hersteller und Zulieferer bis 2020 insgesamt rund 40 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung im Bereich der alternativen Antriebstechnologien und Kraftstoffe. Das Gros dieser Summe fließt in die Elektromobilität. Auch deshalb ird sich in den kommenden zwei bis drei Jahren die Modellpalette bei Elektrofahrzeugen auf knapp 100 verdreifachen. Zudem stammt rund ein Drittel aller weltweiten Patente im Bereich der Elektromobilität (34 Prozent) und des Hybridantriebs (32 Prozent) aus Deutschland.

Doch die Elektromobilität ist nur ein Baustein in der technologieoffenen Fächerstrategie der deutschen Automobilindustrie. Neben der Elektromobilität spielen auch die weitere Optimierung des modernen und effizienten Verbrennungsmotors eine wichtige Rolle, hinzu kommen Erdgasantrieb, Wasserstoff und CO2-neutrale E-Fuels. Um die Pariser Klimaziele und die sehr ambitionierte CO2-Regulierung der Europäischen Union einzuhalten, muss die Mobilität von morgen technologieoffen sein.

Ein Weg, um die Marktdurchdringung der verschiedenen Antriebstechnologien zu ermöglichen, ist die Anrechnung erneuerbarer Kraftstoffe bei der CO2-Flottenregulierung für Pkw und Nutzfahrzeuge. Das ist eine wichtige Stellschraube, um die Zukunft technologieoffen zu gestalten. Auch sollten die private und öffentliche Lade- und Tankinfrastruktur für die einzelnen Technologien und Kraftstoffe weiter ausgebaut werden.

Damit die Innovationen bei Digitalisierung und Vernetzung greifen können, ist der bedarfsgerechte Ausbau der digitalen Infrastruktur essenziell.

Doch nicht nur bei alternativen Antrieben geht die deutsche Automobilindustrie voran. Auch bei dem zweiten großen Zukunftsthema, der Digitalisierung des Straßenverkehrs, sind Hersteller und Zulieferer zukunftsweisend aufgestellt. Die Vernetzung der Fahrzeuge untereinander und mit der Infrastruktur wird für die Verflüssigung des Straßenverkehrs und somit auch für die weitere Verbesserung der Luftqualität in den Städten sorgen. Zudem wird der Straßenverkehr sicherer – die Digitalisierung bringt uns einen großen Schritt in Richtung der „Vision Zero“, dem emissions- und unfallfreien Verkehr.

Das vernetzte und automatisierte Fahren ist dabei von entscheidender Bedeutung. Auch in diesem Bereich zeigen sich Hersteller und Zulieferer innovationsfreudig. Deutschland ist in diesem Bereich Patentweltmeister: So kommt weltweit jedes zweite Patent beim vernetzten und automatisierten Fahren von hiesigen Herstellern und Zulieferern. In den kommenden drei Jahren investieren Hersteller und Zulieferer dafür rund 18 Milliarden Euro. Moderne Fahrerassistenzsysteme geben bereits heute einen Vorgeschmack, welch wichtigen Beitrag vernetzte und automatisierte Fahrfunktionen zur Verkehrssicherheit leisten können. Beispiele sind Park-, Spurhalte- und Notbremsassistenten.

Die Digitalisierung der Gesellschaft trägt auch dazu bei, dass Hersteller und Zulieferer zunehmend zu Mobilitätsdienstleistern werden. Ob Carsharing, gewerbliches Ridesharing, E-Scooter-Sharing oder Bikesharing – Hersteller und Zulieferer kooperieren eng mit Startups, ÖPNV- und Taxiunternehmen, um den inter- und multimodalen Verkehr zu fördern. Innovative Mobilitätskonzepte können den ÖPNV entlasten, ergänzen und zur Stauvermeidung in Städten beitragen.

Doch damit die Innovationen bei Digitalisierung und Vernetzung greifen können, ist der bedarfsgerechte Ausbau der digitalen Infrastruktur essenziell. So wird der Mobilfunkstandard 5G in Deutschland die Basis für eine umfassende Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft legen. Auch in der Automobilindustrie, sowohl auf der Straße als auch bei der industriellen Fertigung, wird eine leistungsfähige und flächendeckende digitale Infrastruktur benötigt.

Die hohe Innovationskraft der Hersteller und Zulieferer unterstreicht: Die deutsche Automobilindustrie sitzt auch bei den wichtigen Themen für die Mobilität der Zukunft im „driver’s seat“. Doch damit die Innovationen auch im Markt ankommen, werden die passenden Rahmenbedingungen benötigt. Nur durch gemeinsame Anstrengungen von Industrie, Politik sowie gesellschaftliche Gruppen und Organisationen kann die Mobilität von morgen erfolgreich gestaltet werden. Ein Beispiel ist die Nationale Plattform „Zukunft der Mobilität“.

Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA)