Metropolen der Zukunft: Klimaschutz als Innovationstreiber in Ballungszentren

Metropolen der Zukunft: Klimaschutz als Innovationstreiber in Ballungszentren

von Julien Mounier

Wir nehmen die Herausforderung an: Düsseldorf will bereits bis 2035 klimaneutral werden – und wir machen es möglich. Als Stadtwerk in der Landeshauptstadt des Energielandes Nordrhein-Westfalen stehen wir damit vor einer riesigen Gestaltungsaufgabe. Denn dieses Ziel haben wir uns sowohl für unsere Produkte und Dienstleistungen als auch für unsere eigenen Verbräuche gegeben. Dabei ist uns klar: Das ist eine große Aufgabe mit sehr komplexen Entscheidungen und hohen Unsicherheiten.

Herausforderung grüne Fernwärme
Das zeigt sich am Beispiel der Fernwärme. Um die wärmeseitigen Emissionen in der Stadt zu senken, ist sie eine Technik von grundlegender Bedeutung und prägt entsprechend unseren Erzeugungspark. In unserem intelligenten Wärmesystem wird die Fernwärme aktuell aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) aus unserem hoch effizienten Erdgaskraftwerk auf der Lausward sowie dem Dampf der thermischen Verwertung aus unserer Müllverbrennungsanlage gespeist. Zudem integrieren wir mit einem erfolgreichen Pilotprojekt solare Wärme. Solare Wärme wird in einem von Erneuerbaren Energien geprägten System eine Rolle spielen, aber nicht nur in dunklen und kalten Monaten braucht sie in Ballungsräumen starke Partner. Und genau die suchen wir in Düsseldorf. Denn auch, wenn wir in Düsseldorf in den vergangenen Jahren in der CO2-Reduktion viel erreicht haben – so spart allein unser Erdgaskraftwerk Fortuna seit seiner Inbetriebnahme 2016 in Verbindung mit der Düsseldorfer Fernwärme jährlich mehr als eine Million Tonnen CO2 ein -, das reicht noch nicht: Wir müssen und werden weiter dekarbonisieren. Hier erlauben wir uns keine Ruhepause.

Kooperationen mit der Industrie
So wissen wir heute schon: Die Einsatzzeiten unseres Erdgas-Kraftwerks werden sich mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien reduzieren und wir brauchen eine emissionsfreie Alternative für den Brennstoff Erdgas. Wir haben das Glück, in einer wirtschaftlich starken und industriell geprägten Region verwurzelt zu sein, deswegen ist die Nutzung industrieller Abwärme nicht nur eine Chance für die Energiewirtschaft, sie ist auch ein Standortfaktor und Klimaschutzbeitrag für die Industrie. Ich bin guter Dinge, dass wir noch in diesem Jahr einen ersten Abwärme-Vertrag unterzeichnen werden. Und wir sind schon mit weiteren Unternehmen im Gespräch, die die Chancen dieser Kooperation für sich, für den Standort Rheinland und auch für das Klima und die Umwelt erkannt haben. Zwischen dem technischen Potenzial und der Einspeisung ins Fernwärmenetz liegt ein weiter Weg und so groß die Potenziale sind, so klar ist auch: Wir werden vermutlich weitere emissionsfreie Wärmequellen brauchen. Deswegen schauen wir uns auch die Geothermie und ihre Potenziale, insbesondere im Düsseldorfer Norden, an.

Enormer Investitionsbedarf für Stadtwerke
Erdgas durch grüne Gase zu ersetzen, industrielle Wärme ins Fernwärmenetz einzuspeisen und Erdwärme nutzbar zu machen, jede Maßnahme für sich löst einen massiven Investitionsbedarf aus. Übererfüllt die Abwärme unsere Erwartungen, dann brauchen wir möglicherweise weniger alternative Brennstoffe für unser Erdgas-Kraftwerk. Lassen sich die geothermischen Potenziale wirtschaftlich nicht heben, dann muss eine andere Wärmequelle stärker ausgebaut werden. Ein intelligentes System aufzubauen, erfordert daher auch gute Vorhersagen und Prognosen sowie eine realistische Einschätzung der Zeitschienen. Wir wollen alle klimafreundlichen Potenziale heben. Gleichzeitig müssen wir sie mit der Nachfrage nach grüner Fernwärme verschneiden – und die steigt schon seit längerem ganz erheblich an. Vergrünung und Ausbau der Fernwärme erfordern also dringend, dass wir in allen Prozessschritten effizienter werden, um diese Investitionen auch zu stemmen und unseren Kundinnen und Kunden weiterhin ein attraktives Produkt anzubieten. In anderen Worten: Es erfordert eine hohe wirtschaftliche Performance.

Klimaschutz & Kreislaufwirtschaft
Auch die aktuellen und kommenden Entwicklungen im Entsorgungsbereich spielen eine bedeutende Rolle für die Landehauptstadt und für uns – nicht nur, weil unsere Müllverbrennungsanlage ein zentrales Element des Düsseldorfer Energiesystems ist, sondern auch, weil wir im Verbund mit unserer Abfall- und Stadtreinigungstochter AWISTA de facto ein Alleinstellungsmerkmal in der Region haben. Deshalb denken wir den Klimaschutz stets in Verbindung mit dem Ausbau der Kreislaufwirtschaft. Dieses Thema wird stetig an Bedeutung gewinnen, nicht nur, weil die Europäische Kommission sich ambitionierte Ziele zur Abfallreduktion gegeben hat, sondern auch, weil es immer greifbarer wird, dass die Themen Abfall und Ressourcen für viele Menschen bald eine ähnlich große Bedeutung haben werden wie die Klimaziele. Plastik in den Ozeanen berührt die Menschen genauso wie schmelzende Eisberge. Deshalb gilt für beide Disziplinen: Es wachsen nicht nur die Aufgaben und Herausforderungen für uns, sondern auch die Aussicht auf neues und sinnvolles Geschäft.

Diese Sichtweise wird sich zukünftig wie ein roter Faden über alle Investitionsentscheidungen ziehen. Es ist ein ehrgeiziger Weg. Wir wollen ihn meistern und so einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass Düsseldorf eine Metropole der Zukunft wird.

Erdgas durch grüne Gase zu ersetzen, industrielle Wärme ins Fernwärmenetz einzuspeisen und Erdwärme nutzbar zu machen, jede Maßnahme für sich löst einen massiven Investitionsbedarf aus.

 

Julien Mounier
Vorstandsvorsitzender
Stadtwerke Düsseldorf

 

Dieser Artikel ist im aktuellen Handelsblatt Journal „Energiewirtschaft“ erschienen.

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