Die verstrickte Energiewirtschaft

Die Geschwindigkeit des Wandels nimmt zu und der Altlasten-Rucksack wiegt schwer

Seit Beginn der Liberalisierung in 1998 wird die Branche durch immer neue regulatorische Anforderungen getrieben. Ein Ende ist nicht absehbar – im Gegenteil – umfassenden Veränderungen stehen bevor. Alte Zöpfe, wie das EEG-Umlagesystem werden wohl abgeschnitten und neue Regeln aufgebaut um die Nachhaltigkeitsprinzipien der Europäischen Union (EU) zu unterstützen. In diesem dynamischen Umfeld müssen Energieversorger ihre Aktivitäten klar priorisieren, um im Wettbewerb zu bestehen. Dabei wiegt der historische Rucksack schwer.


Das permanente „hinzustricken“ der regulatorischen Vorgaben hat Stilblüten entwickelt. Prozesse wurden erweitert, ein Re-Design zumeist vermieden. Die Regulation hat die Energieversorger stetig beschäftigt und ein Ecosystem kreiert, welches mit kundenspezifischen Lösungen für nicht-differenzierende Prozesse erfolgreich war. Dabei wurden nicht mehr erforderliche Funktionen und Prozesse aus Kostengründen im System belassen. Heute behindern die Altlasten und individuelle Erweiterungen die Transformations- und Innovationsfähigkeit der Unternehmen. Die Systemlandschaften sind hochgradig modifiziert. Vergleicht man die aktiven IS-U Abrechnungssysteme von SAP im Markt, gleicht kaum eines dem anderen, obwohl es sich zumeist um nicht-differenzierende Prozessen handelt, die alle gleich abwickeln könnten. Die dringend notwendige Digitalisierung und Automatisierung der Bestandsprozesse kommt daher nur schleppend voran. Der verzögerte Rollout intelligenter Messsysteme belastet die Unternehmen seit über 10 Jahren. Die regulatorischen Anforderungen sind eine Dauerbaustelle, welche Mitarbeiterkapazität bindet und Betriebskosten nach oben treibt. Trotz erheblicher Anstrengungen konnten in den vergangenen Jahren die angestrebten Effizienzpotenziale nur bedingt gehoben werden. Energieversorger sind gut beraten die Effizienzpotenziale jetzt zu heben, um fit für die Zukunft zu sein.

Die Energiewirtschaft im Spannungsfeld zwischen regulatorische Abbildung und Effizienzsteigerung ist so ineinander verstrickt, dass hoch qualifiziertes Fachpersonal notwendig ist, um das Tagesgeschäft und Erweiterungen für neue Regularien zu bewältigen. Die Mitarbeiter sind zu großen Teilen in nicht-wertschöpfenden Tätigkeiten gebunden – dabei zeigen viele Indikatoren aktuell auf Änderungen historischen Ausmaßes hin.

Der Wettbewerb um den Nachhaltigkeitsmeister hat längst begonnen

Politik, Unternehmen und Privatkunden achten zunehmend auf ökologischer Aspekte. Umweltaspekte werden Bestandteil des betriebswirtschaftlichem Handelns, beeinflussen Entscheidungen zunehmend. Blackrock, der größte Investmentfondsmanager der Welt, bewertet Investitionen anhand Nachhaltigkeitsfaktoren, um das verwaltete Kapital in zukunftsfähige Bereiche zu transformieren – andere Investoren und Industrien schließen sich an. Der „European Green Deal“ sieht vor, dass die EU bis 2030 ca. 1 Billion Euro in Nachhaltigkeit investiert. Eines der wichtigsten Ziele ist die Klimaneutralität der EU bis 2050. Strom gilt dabei als Schlüsseltechnologie für die Energiewende und den Paradigmenwechsel von einer fossil orientierten Wirtschaft hin zu einer ökologisch ausgewogenen Klimawirtschaft. Mehr und mehr Unternehmen verpflichten sich zur Klimaneutralität. Der Wettlauf um den Titel des nachhaltigsten Unternehmens hat längst begonnen denn Privatkunden treffen ihre Kaufentscheidungen zunehmend auf Basis von Nachhaltigkeitsaspekten – zumindest, wenn sie es sich leisten können.

Im Markt stehen Energieversorger auf der Pole Position – bei der Digitalisierung im Feld

Energieversorger haben aufgrund ihrer Relevanz für die Gesellschaft, Wirtschaft und der individuellen Kundenbeziehung eine herausragende Ausgangslage die Zukunft zu gestalten. Wie schaffen es Energieversorger diese Pole Position zu halten und auszubauen? Neue Player wie Tesla, Google treiben den Einstieg in die Energiewirtschaft über verbundene Märkte wie Elektromobilität, Smart Cities oder Smart Home Lösungen. Um diesem Wettbewerb zu entgegnen sind digitale Geschäftsmodelle notwendig. Im Vergleich zum Wettbewerb stehen die Energieversorger bei der Digitalisierung irgendwo im weiteren Feld. Ohne ein digitales Fundament lassen sich neue Kundenservices nur schwer umsetzen. Die Folge erhöhte Implementierungskosten und stark steigende Betriebskosten.
Der Wettbewerb zwingt zum Handeln, um die Basis zu schaffen mit Innovationen zu führen. Die Digitalisierung erfordert neue Wege und ein neues Denken. Zusammenarbeit über Unternehmensgrenzen hinweg ist ein Schlüssel, um schnell und einfach an Innovationen zu gelangen und damit das Vertrauen der Kunden nachhaltig zu erhalten. Geschwindigkeit ist entscheidend!

SAP ist bereit für die Zukunft

Konvergenz der Industrien

SAP bereitet sich auf diesen Wandel seit Jahren vor. Das energiewirtschaftliche Geschäft ist nicht mehr ausschließlich den Energieversorgern vorbehalten. Immer mehr Start-ups und Investoren entdecken lukrative Geschäftsfelder oder ergänzen ihr Angebot wie es im Elektromobilitätsumfeld bei Tesla oder VW zu beobachten ist. Die SAP-Entwicklung arbeitet bereits seit Jahren über Industrien hinweg zusammen. Was früher in Industrielösungen im Silo entwickelt wurde, wird heute durch die Industrien hinweg ergänzt – die Industrieentwicklung setzt dabei auf die industrieübergreifenden, funktionalen und prozessualen Gleichteile auf. Bei den neuen Elektromobilitätslösungen der SAP werden die Applikationen in Zusammenarbeit zwischen Utilities und Automotives entwickelt. Die Konvergenz der Industrien schreitet so kontinuierlich voran. SAP forciert damit die Skalierungsfähigkeit und treibt mit seinen Kunden neue Plattformlösungen voran, um die schnelle Adaption neuer Geschäftsfähigkeiten zu ermöglichen.

Das heutige Utility Geschäft automatisiert abwickeln – das Geschäft von morgen agil vorantreiben

Der Umstieg auf die nächste Softwaregeneration SAP S/4HANA und die Wartungszusage bis 2040 offeriert den Unternehmen ein einzigartiges Angebot. Der Kunde profitiert von einer Softwarelösung, welche die heutigen Anforderungen vollständig beherrscht und dabei massive Effizienzpotenziale hebt. Vom Wohlfühlarbeitsplatz, den der Fachanwender gemäß seiner Aufgaben angeboten bekommt und einfach auf seine Bedürfnisse anpassen kann, bis hin zur Automatisierung von heutigen Problembereichen. Die Tätigkeiten der Mitarbeiter verlagert sich von transaktionaler Bearbeitung, hin zur Überwachung und analytischen Ausnahmebehandlungen. An vielen Stellen wird in SAP S/4HANA maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz genutzt. In strategischen Projekten mit Kunden wie E.ON werden die Prozesse durchgängig optimiert und ein neuer Standard geschaffen. Gemeinsames Ziel ist es dem Fachbereich die Freiheit zu gegeben die Zukunft aktiv zu gestalten und den Fokus auf Mehrwert für das Unternehmen zu legen.

SAP Plattformen schaffen Innovationsfreiraum für die Mitarbeiter

Im Plattformbetrieb kümmert sich SAP mit seinen Partnern um die Bereitstellung der nicht-differenzierenden Prozesse. Das Prinzip ist einfach – was heute in vielen Unternehmen individuell umgesetzt wird, bietet SAP mit seinem Netzwerk den ca. 2.000 Energieunternehmen in Deutschland zentral und aus der Cloud an. Damit soll ein Beitrag geleistet werden, dass sich die SAP Kunden auf die wichtigen Zukunftsthemen konzentrieren können. SAP übernimmt gemeinsam mit Partnern die Entwicklung der nicht-differenzierenden Funktionalitäten und Prozesse. Der Kunde kann die Fertigungstiefe selbst bestimmen und im pay-per-use Modell entsprechend seiner Bedürfnisse Plattformservices konsumieren. Wie das funktioniert zeigt die SAP-Marktkommunikations-Cloud , welche gemeinsam mit VSE, BS Energy und E.ON für die verschiedenen Marktrollen entwickelt wird. SAP betreibt und wartet die allgemeinen Marktkommunikationsprozesse auf der Plattform und stellt die Ergebnisse den beteiligten Marktteilnehmern regelkonform zur Verfügung. Die Geschäftsprozesse werden gleich mit ausgeliefert. Diesen Standard kann der Kunde nutzen oder auf seine Bedürfnisse leicht und nachhaltig anpassen. Mit diesem Angebot bündelt SAP die Umsetzung der regulatorischen Anforderungen auf der Plattform und reduziert den Individualaufwand in den einzelnen Unternehmen um bis zu 70%, so dass die hochqualifizierten Mitarbeiter zur Stärkung der Innovationskraft eingesetzt werden können.

Anhand der kontinuierlichen Entwicklung hat SAP mit der neuen Softwaregeneration heute das vollständigste Lösungsportfolio am Markt und kann damit nach der Transformation die Altsysteme vollständig abschalten – ein enormer Kostenvorteil. Zudem lässt sich das Stadtwerkegeschäft mit dem neuen Standard hocheffizient abwickeln – ein weiterer Kostenvorteil. Wettbewerber müssen diesen Kraftakt erst noch vollbringen und beweisen, dass sie in der Lage sind eine Plattform für das Massenkundengeschäft funktionsfähig aufzubauen und zeitgleich auf Prozesseffizienz zu optimieren. Zudem muss das Plattformgeschäft robust und enorm skalierungsfähig sein. Bei ENEL in Italien hat die neue SAP Softwaregeneration den Beweis bereits angetreten. Hier werden bis zu 1,3 Millionen Rechnungen in einer Stunde prozessiert.

Diesen Wettbewerbsvorteil nutzt SAP, um die Zukunft aktiv zu gestalten. Unter der Industry Cloud werden aktuell neue Lösungen für den Zukunftsmarkt entwickelt. Die Industry Cloud Applikationen sind Softwaremodule, welche das bestehende Kerngeschäft erweitern und integrieren – das Heute und das Morgen werden verbunden. Die Messkonzeptverwaltungs-App entwickelt SAP in Eigenregie zusammen mit Co-Innovationskunden und stellt diese dem Markt zur Verfügung. Ein Beispiel von vielen. Andere werden durch das Partnernetzwerk der SAP entwickelt, welche über den SAP App Store angeboten werden. Damit steigt die Innovationsgeschwindigkeit und die Kunden haben die Sicherheit schnell auf neue Anforderungen und Strategien zu reagieren.

Auf der SAP-Plattform greift das Gemeinschaftsprinzip: Entwicklung für alle – was einer macht steht für alle bereit – das skaliert und schafft Freiraum für die hochqualifizierten Mitarbeiter im Unternehmen.

Die Transformation in die digitale Welt erfolgreich gestalten

Um die Transformation für Kunden zu erleichtern hat SAP Anfang des Jahres „RISE with SAP“ in den Markt gebracht. Mit drei einfachen Schritten werden die Kunden auf dem Weg zum intelligenten Unternehmen begleitet.

Standardprozesse nutzen und individualisieren
Anhand effizienter Methoden wird der Kunde schnell in die neue Prozesswelt eingeführt und kann Sonderbedarfe identifizieren. Dabei ist es wichtig, dass Erweiterungen die Standardprozesse nicht modifizieren. Hier gilt die Regel desto mehr Standard genutzt wird, desto einfacher gestaltet sich die Transformation.

Transformation as a Service
Für die Transformation aus der bisherigen Systemlandschaft werden gezielt Services bereitgestellt, welche durch Partner veredelt werden, um die Transformation maßgeschneidert auf Kundenbedürfnisse anzupassen. Dabei hat der Kunde die Wahl in welchen Schritten die Transformation gestaltet werden soll. Damit wird die Disruption für die Fachbereiche gering gehalten.
Plattformbetrieb aus einer Hand
In Kombination mit SAP-Partnern können Kunden den Betrieb der Landschaft zentral und aus einer Hand wählen. Durch den zentralen Ansprechpartner und Kümmerer wird die Zusammenarbeit für die Kunden massiv vereinfacht.
Übergeordnetes Ziel ist es, den Kunden ein Rundum-Sorglos-Serviceparket aus einer Hand anzubieten. Damit wird Freiraum für Innovationen geschaffen – das ist natürlich auch die Priorität in der Zusammenarbeit mit Partnern. Das Prinzip lautet: das Heute weiter zu vereinfachen, zu automatisieren und das Morgen mit Industry Cloud Applikationen agil gestalten.

Die Plattformökonomie verändert das Geschäft der Beratungspartner

Mit dem Aufbau zentraler Plattformservices geht eine Veränderung des Geschäftsmodells der klassischen Systemintegratoren und Beratungshäuser einher. Kundenindividuelle Anforderungen können nicht mehr vor Ort in die Systeme hineinentwickelt werden. Das Konzept der Transformation as a Service führt zu hochgradig standardisierten Transformationsverfahren. Neue Lösungskonzepte sind notwendig. Die Aufgabe bei Kundenanforderungen lautet: Den SAP-Standard nutzen und durch Industry Cloud Applikationen über die Standardschnittstellen zu ergänzen. Damit bleiben die Kunden innovationsfähig und halten die Prozesskosten niedrig.

Viele Partner haben dies bereits erkannt und arbeiten intensiv mit SAP an den neuen Modellen. Im SAP App Store stehen heute über 1.700 Apps von SAP Partnern zur Verfügung – Tendenz stark steigend.

Plattformenentwicklung erfolgt im Dreiklang – Energieversorger, Partner und SAP

Ein entscheidender Erfolgsfaktor für SAP ist die Weiterentwicklung des neuen Standards mit Kunden und Partnern. Aus diesem Grund entwickelt SAP die neuen Lösungen in enger Zusammenarbeit mit seinen Kunden, um die Bedürfnisse im Detail passgenau zu bedienen.

Für die SAP-Partner wurden spezifisch Programme aufgebaut, um diese bei ihrer Geschäftstransformation in das Plattformgeschäft zu unterstützen und den Kunden weiterhin das große Angebot an Partnerunternehmen bieten zu können. Die Erfahrung zeigt, dass Kunden gerne auf den zuverlässigen SAP-Standard für die nicht-differenzierenden Prozesse zurückgreifen. Für differenzierende Geschäftsfähigkeiten werden bevorzugt Partner des Vertrauens genutzt.

Bei der Plattformökonomie ist die vertrauenswürdige Zusammenarbeit ein wesentlicher Schlüssel für den Erfolg. SAP hat die Weichen in den letzten Jahren gestellt und lädt Kunden und Partner ein, die Zukunft der Energiewirtschaft gemeinsam zu gestalten.

Autoren:

Henrik OstermannHenrik Ostermann
Co-Innovation Lead Cloud for Utilities
SAP SE Dietmar-Hopp-Allee 16, 69190 Walldorf, Germany
T +49 2102 8646-342, M +49 160 3603307, E henrik.ostermann@sap.com

Klaus LohnertKlaus Lohnert
Program Director, Cloud for Utilities
SAP SE