Kurzinterview: 3 Fragen an Thomas Zimmermann (CEO, FreeNow)

Thomas Zimmermann

Wo liegen aktuelle Hürden, die es für eine Transformation der urbanen Mobilität zu überwinden gilt?

On-Demand-Mobilität – also die Möglichkeit, spontan, unkompliziert und individuell zum gewünschten Zielort zu gelangen – wird in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Zum einen, weil die urbane Bevölkerung deutlich wachsen wird. Zum anderen aber auch, weil Stadtbewohnerinnen und -bewohner bewusster Alternativen und auch mehr Flexibilität einfordern: So kann sich aktuell etwa jeder dritte Europäer vorstellen, auf ein privates Auto zu verzichten.

Städte sind also nicht nur in Deutschland, sondern weltweit enormen Veränderungen ausgesetzt: War es hierzulande in den 50er und 60er Jahren etwa völlig normal, Städte vor allem autogerecht zu gestalten, sind in den letzten Jahren verstärkt auch andere Mobilitätsangebote auf den Plan getreten. Mikromobilität wie E-Scooter, E-Mopeds oder E-Bikes, Plattformen und multimodale Mobilitätskonzepte, aber insbesondere der Fuß- und Radverkehr sowie – nicht zuletzt verstärkt durch das Deutschlandticket – der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) haben an Popularität gewonnen. Allein: Eine entsprechende Infrastruktur und auch Regulatorik haben sich nicht in gleichem Umfang und gleicher Schnelligkeit parallel dazu weiterentwickelt. Hinzu kommt, dass zukünftig immer mehr Menschen in Städten leben wollen und durch ein verstärktes Bewusstsein von Umwelt- und Klimaschutz städtische Räume zunehmend neu verteilt werden. Städte wie Barcelona, Paris oder Groningen, aber auch Hamburg mit der Umgestaltung des Innenstadtverkehrs rund um die Binnenalster weisen hier den Weg.

In einer kürzlich veröffentlichten Umfrage haben wir herausgefunden, dass sich mehr als die Hälfte der Deutschen für eine verstärkte Förderung von alternativen Mobilitätsformen jenseits des eigenen Fahrzeuges ausspricht. Damit Menschen umsteigen, bedarf es jedoch gleichermaßen zuverlässige wie vernetzte Angebote. Mit den richtigen Anreizen werden so Flächen frei, die beispielsweise für Wohnraum, Parks und Grünflächen oder als soziale Treffpunkte besser genutzt werden können und allen zugutekommen. Wenn wir noch dazu Mobilität künftig als Dienstleistung verstehen, die jeder nach Bedarf buchen kann, kann die Mobilitätsrevolution, ausgehend von den Städten, gelingen.

Wie können Mobilitätsplattformen dabei helfen, diese Hürden zu überwinden und den Verkehr in Städten nachhaltig zu verändern?

Städte benötigen nicht noch mehr Fahrzeuge. Es wird künftig deshalb sehr viel stärker darauf ankommen, das bereits vorhandene Angebot effizient miteinander zu vernetzen. Hier spielen Mobilitätsplattformen wie FREENOW ihre Vorteile aus, da sie ständig daran arbeiten, Angebot und Nachfrage bestmöglich aufeinander abzustimmen. Indem wir eine Fülle an Angeboten aus allen urban verfügbaren Mobilitätsoptionen bündeln, können wir, je nach dem individuellen Bedürfnis der Nutzer, die jeweils passende Alternative bieten, also etwa mit dem E-Bike ins Büro, mit dem Carsharing-Auto zum Familientreffen, vom Restaurantbesuch mit Freunden zurück nach Hause oder per E-Scooter zur nächsten S-Bahn-Station. Intuitiv steht somit ein ganzer Fuhrpark von verschiedenen Fahrzeugen, Kategorien und Angeboten zur Verfügung, die bequem und zuverlässig auf Knopfdruck digital gebucht und bezahlt werden können. Dies entspricht einem modernen und ganzheitlichen Echtzeit-Service-Gedanken, den die Menschen bereits aus anderen Lebensbereichen kennen und gewohnt sind, wie z.B. mit Streaming-Angeboten.

Je einfacher hier der Zugang erfolgt und die Verfügbarkeiten sichergestellt werden, desto eher sorgen wir dafür, dass die Menschen alternative Fortbewegungsmöglichkeiten ernsthaft in Erwägung ziehen und das eigene Fahrzeug öfter stehen lassen. Ein gemeinsam genutztes Fahrzeug wird im Durchschnitt bis zu sechsmal häufiger genutzt als ein privates Auto. In einer reinen Shared-Mobility-Stadt würden bereits zehn Prozent der Fahrzeuge auf den Straßen ausreichen, um die Beförderung für alle sicherzustellen. Das muss das Ziel sein.

Wie könnte die urbane Mobilität in naher Zukunft aussehen?

Allgemeingültige Aussagen, die die Zukunft betreffen, sind natürlich immer schwierig. Gleichzeitig wissen wir, dass 2050 sehr wahrscheinlich etwa zwei Drittel der Menschen in größeren Städten leben werden. Datengetriebene Mobilitätsplattformen werden bis dahin einen entscheidenden Beitrag dafür leisten, den urbanen Verkehr nachhaltig zu verändern. Um Engpässe in Städten zu umfahren oder Leerfahrten zu vermeiden, werden Daten künftig beispielsweise noch stärker und intelligenter eingesetzt werden müssen. Gleichzeitig wird eine emissionsfreie innerstädtische Mobilität zur Notwendigkeit, um die Luftqualität deutlich zu verbessern und die Lärmbelästigung für städtische Bewohnerinnen und Bewohner nachhaltig zu reduzieren.

Die Shared Economy im Allgemeinen und Mobilitätsplattformen im Speziellen sind hierfür effiziente Hebel: Wenn wir mit deutlich weniger Fahrzeugen auf den städtischen Wegen weiterhin unkompliziert von A nach B kommen, dadurch aber signifikant die Lebensqualität in den Metropolen steigern und das städtische Leben insgesamt nachhaltiger machen können, dann ist das für mich ein klarer Fall: In den Smart Cities der Zukunft wird Mobilität geteilt, vernetzt, nahtlos, autonom und nachhaltig sein.