Digitale Transformation in der Automobilindustrie – die neue Rolle der Hersteller

carhacking

Die digitale Transformation fordert Unternehmen aller Branchen. Zum einen beinhaltet sie disruptive Veränderungen der Märkte durch neue Geschäftsmodelle, beispielsweise durch neue Marktteilnehmer wie Uber im Taxigeschäft, zum anderen weist sie der Software als Produkt für jedes Unternehmen eine wachsende Bedeutung zu. Zwar gibt es Studien, laut denen die Automobilbranche bezüglich der Digitalisierung weiter fortgeschritten ist als andere Branchen, dennoch zeigen die Aktivitäten von branchenfremden Unternehmen wie Google oder Apple, dass auch die Automobilbranche vor großen Veränderungen und der Notwendigkeit einer Transformation steht. Studien belegen außerdem, dass der emotionale Bezug zum Auto stetig abnimmt, insbesondere bei den Vertretern der Generation Y, den sogenannten Digital Natives. Für diese ist das Auto immer öfter nur ein Mittel, um von A nach B zu kommen.

Die neuen Möglichkeiten

Bisher haben sich die Automobilhersteller vor allem als Fertiger von Produkten, den Fahrzeugen, positioniert und Software primär als Mittel zum Zweck betrachtet. In Zukunft wird die Software jedoch zu einem zentralen wettbewerbsdifferenzierenden Produkt, denn sie ist die Basis für die Erschließung neuer Geschäftsmodelle. Chancen und Risiken dieser Entwicklung zeigen sich insbesondere am Beispiel ‚Connected Car‘, also der Interaktion zwischen dem Fahrzeug, den mobilen Geräten der Nutzer und der Cloud. Hier entstehen neue Funktionen, die zu einem ganz neuen Kundenerlebnis führen, wie z.B. intelligente Fahrerassistenz- beziehungsweise Komfortsysteme, wie die Last-Mile-Navigation, die die letzten zu Fuß zurückzulegenden Meter zum Ziel automatisch vom Fahrzeug an eine Smartphone App überträgt, oder die automatische Einparkfunktion via Smartwatch-Fernsteuerung. Die Vision des teilweise oder vollständig autonomen Fahrens ist also in greifbare Nähe gerückt.

Des Weiteren liefert die Software natürlich jede Menge Daten, die man kommerziell nutzen kann – man denke an die Telematiktarife bei Kfz-Versicherungen. Allerdings muss dabei berücksichtigt werden, dass es Datenschutzvorgaben gibt und einige der so gesammelten Daten Eigentum des Kunden sind. Erkennen sie einen Nutzen für sich, können Kunden aber bereit sein, einer Nutzung zuzustimmen.

Bei diesen Neuentwicklungen kann und sollte der Fahrzeughersteller eine entscheidende Rolle spielen. Seine Position ist aber bedroht durch Lösungen anderer Anbieter, die Daten über eigene Apps oder Zusatzgeräte sammeln.

Wie können die Automobilhersteller diesen Risiken begegnen?

Die Beherrschung der zugrundeliegenden modernen IT-Technologien ist wesentliche Grundlage, aber noch nicht ausreichend. Von zentraler Bedeutung ist die Geschwindigkeit in der Umsetzung (time-to-market). Ein weiterer Erfolgsfaktor wird sein, die bisherige emotionale Bindung des Kunden an das Produkt auf die digitalen Produkte zu übertragen. Das heißt die digitale Transformation muss zwingend die Customer Experience einbeziehen.

Die Automobilhersteller müssen dazu nicht nur ihre technologischen Fähigkeiten an dieser Entwicklung ausrichten, sondern auch ihre Organisation und ihre Prozesse anpassen, um mit den Veränderungen mitzuhalten und sie möglicherweise sogar vorweg zu nehmen. Bei der operativen Umsetzung der digitalen Produkte und Services kann ein von msg entwickeltes Vorgehensmodell sinnvoll unterstützen. Der „Digital Transformation Cycle“ hilft, Produkte und Services in die digitale Welt zu übertragen und digitale Visionen umzusetzen, die den Kunden in den Fokus rücken. Er unterteilt die digitale Transformation in sechs Disziplinen, die jeweils ein defi niertes Vorgehen und eine verantwortliche Rolle beinhalten, spezielle Fähigkeiten benötigen und ein spezifisches Ergebnis erzeugen. In unterschiedlichen Anwendungsfällen und Projekten wurde das Vorgehen bereits erfolgreich ein- und umgesetzt.

Im Kern geht es für die Automobilindustrie also darum, die Kundenbedürfnisse und -wünsche zu kennen und zu antizipieren, daran ihre Geschäftsmodelle auszurichten und die passenden Technologien verfügbar zu haben. Dabei dient die Technologie als Enabler und die Customer Experience steht im Fokus. Denn nur dann kann den Wünschen der Kunden auch tatsächlich Rechnung getragen werden.

„Die Software wird zu einem wettbewerbsdifferenzierenden Produkt, denn sie wird die Basis für die Erschließung neuer Geschäftsmodelle sein.“

Über die Autoren

Rieder_PruchaMichael Rieder 

Marco Prucha ist Principal Business Consultant bei der MSG Systems AG und Automotive-Experte.

Diesen und viele weitere Artikel zur Zukunft der Automobilindustrie finden Sie auch in der aktuellen Ausgabe des Handelsblatt Journals.

packshot-cc-300x300automobilWeitere Themen:

  • Automatisiertes/Autonomes Fahren
  • Car Wars
  • Connectivity
  • New Work & New Retail
Kostenloser Download!