Schneller mehr vom Richtigen tun

Schneller mehr vom Richtigen tun

von Stefan Kapferer

Mit dem Paris-Abkommen, dem europäischen Green Deal und dem deutschen Klimaschutzgesetz sind zentrale Ziele formuliert, über die es einen breiten gesellschaftlichen Konsens gibt. Heute geht es nicht mehr um das „ob“, sondern nur noch um das „wie“ bei der Umsetzung dieser Ziele – also darum, mit welchen Instrumenten wir die Ziele schnellstmöglich erreichen. Solche Maßnahmen müssen dreierlei können: Effektiv sein im Sinne einer zielgerichteten Wirksamkeit, effizient im Kosten- Nutzen-Verhältnis und akzeptiert in der Bevölkerung – zumindest in weiten Teilen. Für diesen gesamtgesellschaftlichen Kraftakt gilt: Alles tun, was beschleunigt, und alles vermeiden, was verzögert.

Oder anders gesagt: Schneller mehr vom Richtigen tun! 50Hertz leistet einen konkreten Beitrag hierzu: Wir haben uns mit unserer klima- und  industriepolitischen Initiative „Von 60 auf 100 bis 2032 – Neue Energie für eine starke Wirtschaft“ ein ambitioniertes „Beschleunigungsziel“ gesetzt. Wir wollen im Dialog mit Unternehmen, Gewerkschaften und Politik alles uns Mögliche tun, damit der Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch über das Jahr gerechnet in unserem Netzgebiet – den ostdeutschen Flächenländern, Berlin und Hamburg – schon im Jahr 2032 die 100 Prozent erreicht.

Emissionsfreier Strom als Standortfaktor Was treibt uns als reguliertes Unternehmen an, eine solche Initiative zu starten? Um es kurz zu machen: Die Bedürfnisse der Industrie. Viele Unternehmen, ob aus Digitalwirtschaft oder aus klassischen energieintensiven Industrien, haben Klimaschutz längst in ihren strategischen Ausrichtungen verankert und wollen „grün“ wachsen. Zudem fordern bei der  Investitionsfinanzierung immer mehr Kapitalgeber eine Orientierung an Nachhaltigkeitszielen ein, zu denen ganz oben der Klimaschutz gehört. Zu beobachten ist eine klar zunehmende Industrienachfrage nach emissionsfreiem Strom. In der Folge werden Regionen einen Standortvorteil haben, die Unternehmen einen rein aus erneuerbarer Erzeugung stammenden Strombezug anbieten können und dafür die Infrastruktur bereitstellen, die auch für Systemsicherheit sorgt.

Zusätzlich sehen wir in unserem Netzgebiet hohe und wachsende Erneuerbaren-Anteile, steigende Bevölkerungszahlen vor allem in den Metropolregionen und eine positive wirtschaftlich-industrielle Entwicklung. Dies, gepaart mit der zunehmenden Elektrifizierung bei Wärme und Mobilität und dem künftigen Strombedarf für Wasserstoff, beschreibt eine Entwicklung, die wir als Übertragungsnetzbetreiber im Rahmen unserer strategischen Initiative in Branchen-Roundtables mit den Partnern diskutieren wollen. Diese Roundtables werden in wenigen Wochen starten und dienen dem Zweck des gegenseitigen Austauschs zu diesen Trends sowie zu möglichen Handlungsbedarfen.

Erneuerbaren- und Netzausbau beschleunigen
Um 100 Prozent Erneuerbare bis 2032 zu erreichen, müssen natürlich auf übergeordneter Ebene die Weichen richtig gestellt werden. Mit Kohleausstieg und CO2-Bepreisung bei Wärme und Verkehr hat die Politik Maßnahmen mit struktureller Wirkungstiefe beschlossen – auch wenn die Meinungen über Fristen und Preise auseinandergehen. Künftig wird sich der Fokus, neben der notwendigen Reform des Abgaben- und Umlagensystems beim Strompreis, verstärkt auf die Dekarbonisierung industrieller Prozesse bzw. auf die Sektorenkoppelung richten müssen. Hierfür sind zwei Dinge unverzichtbar: Der konsequente Ausbau der Erneuerbaren und der sie transportierenden Stromnetze.

Mit Erneuerbaren Energien konnte 2020 deutschlandweit schon rund 50 Prozent des Stromverbrauchs gedeckt werden. Klimaziele, Kohle- und Kernenergieausstieg, aber auch die Sektorenkoppelung machen den  Ausbau zehn Jahre nach Fukushima noch dringlicher. Neben der Ausweisung neuer Flächen für Solar- und Windparks an Land sowie dem Repowering liegt ein enormes Potential im Bereich der Meere. Hier muss rasch gehandelt werden, um die Flächenbereitstellung für Offshore-Projekte in Nord- und Ostsee zu erweitern und zu beschleunigen sowie ein Nebeneinander diverser Nutzungen – wie Fischereiwirtschaft oder Naturschutz – zu ermöglichen. Ohne Infrastrukturausbau, in Deutschland und Europa, wird das nicht gehen. Genehmigungsverfahren müssen weiter beschleunigt werden, zum Beispiel über straffere Verfahren, mehr Personal in den Behörden oder mehr Digitalisierung bei der Projektbearbeitung bzw. der Bürgerbeteiligung. Hier hat sich manche digitale Lösung, wegen der Corona-Krise „aus der Not geboren“, als sehr verfahrensbeschleunigend herausgestellt – weil das Richtige schnell getan wurde.

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Der konsequente Ausbau der Erneuerbaren und der sie transportierenden Stromnetze sind für die Dekarbonisierung unverzichtbar.

 

Stefan KapfererStefan Kapferer
Vorsitzender der Geschäftsführung
50Hertz

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