Den Worten müssen Taten folgen

Den Worten müssen Taten folgen

Klaus Stratmann, Stev. Leiter Hauptstadtbüro, Handelsblatt, im Interview zum Energie-Gipfel 2022.

Der Handelsblatt Energie-Gipfel des Jahres 2022 widerspiegelte in der Diskussion jene Themen, die momentan Energiewirtschaft, Industrie und Verbraucher bewegen: EU-Taxonomie, Investitions- und Versorgungssicherheit, steigende Energiepreise, Grüne Gase, Wärmewende, E-Mobilität und die energiepolitischen Ziele der neuen Bundesregierung. THEMEN!magazin befragte kurz nach Abschluss des Gipfels Klaus Stratmann, Chefkorrespondent für Klima und Energie von Handelsblatt und einer der Moderatoren, zu seinen ersten Eindrücken.

Herr Stratmann, wie reflektieren Sie kurz nach Abschluss den Energie-Gipfel 2022?
Der Gipfel zeigte sich erneut als die Plattform der Branche zur Diskussion aktueller Themen. Beispielgebend nenne ich hier Dr. Markus Krebber, CEO der RWE AG mit seiner Wortmeldung: „Vom Wollen ins Machen kommen“. Die Branche ist bereit, die ambitionierten Ziele der neuen Bundesregierung umzusetzen. Aber wie bekommt man Blockaden beim Ausbau der erneuerbaren Energien gelöst, wie gelingt der Netzausbau und wird Gas die Brückentechnologie? Und wie kann die Transformation gelingen ohne Versorgungssicherheit
und Wirtschaftlichkeit zu gefährden?

Klar ist: Wirtschaftliches Wachstum und Klimaschutz müssen Hand in Hand gehen und ein Umbau der Energiewirtschaft ist zwingend erforderlich. Es braucht Flexibilität, Integration neuer Technologien, Ausbau erneuerbarer Energien, Versorgungssicherheit und digitale Kompetenz. Doch wo setzt man Akzente und wie schnell? Welche Technologie setzt sich im Wettbewerb durch – auch international? Welche Energiequellen machen das Rennen und ist Wasserstoff der Energieträger der Zukunft? Wie erreichen wir in Deutschland das Ziel der Klimaneutralität 2045? Fragen, auf die Politik in den kommenden Monaten Antworten geben muss.

Wie wurde das Thema Netze diskutiert?
Das deutsche Stromnetz steht vor seiner größten Herausforderung.Mit dem Ausstieg aus Atom- und Kohleverstromungund immer mehr volatilen Erneuerbaren steigen die Herausforderungen für die Netzbetreiber. Dr. Leonhard Birnbaum, CEO des E.ON Konzerns, warnte vor Engpässen in den deutschen Stromnetzen. Von den 12.000 geplanten Kilometern Stromleitungen sind gerade mal rd. 1800 Kilometer gebaut. Zwingend notwendig sei eine Änderung am Planungsrecht sowie eine Beschleunigung der Verfahren. Und ohne Digitalisierung der Netze wird eine Steuerung der bald vier Millionen Einspeiser nicht beherrschbar sein. Dabei sollte eines nicht übersehen werden, die Energiewende wird in den Verteilnetzen entschieden.

Auf dem Gipfel gab es auch einen Hilferuf der Industrie?
Die derzeit rekordverdächtigen Strom- und Gaspreise belasten die Industrie insgesamt, auch viele mittelständische Unternehmen. Der Anstieg des Preises für eine Megawattstunde (MWh) Strom am Terminmarkt im Januar 2019 von 48 Euro auf 325 Euro pro MWh Ende Dezember ist nicht zu kompensieren. Ein dauerhaft hohes Preisniveau für Energie geht zu Lasten unserer Volkswirtschaft und kann die Wettbewerbsfähigkeit gefährden, so der Appell von Industrieunternehmen an die neue Bundesregierung. Denn das Preisniveau in Deutschland ist für viele Branchen seit Jahren ein gravierender Wettbewerbsnachteil.

In der öffentlichen Diskussion nehmen Entwicklungen im Wärmesektor nur einen begrenzten Raum ein. Wenigen ist bekannt, dass der Wärmesektor für über 50 Prozent vom Endenergiebedarf steht. Eine ernüchternde Bilanz – und ein klarer Hinweis auf die Notwendigkeit einer beschleunigten Wärmewende.

Wir danken für das Gespräch.

aus Themenmagazin 1/22