Brennstoffemissionshandel: Carbon Leakage-Verordnung beschlossen

Brennstoffemissionshandel: Carbon Leakage-Verordnung beschlossen

Die Bundesregierung hat als wichtigen Baustein im Zuge der Einführung des nationalen Brennstoffemissionshandels die sogenannte Carbon Leakage-Verordnung beschlossen. Die Verordnung hat das Ziel, bestimmte vom nationalen Brennstoffemissionshandel betroffene Unternehmen finanziell zu entlasten, um deren Abwanderung ins Ausland zu verhindern. Dies soll einerseits dem Erhalt der inländischen Wirtschaft dienen, andererseits aber auch verhindern, dass CO2-Emissionen durch die Verlagerung von Produktionsstätten lediglich geographisch verschoben werden.

Nicht zuletzt jedem Fahrer von Kraftwagen mit Otto- oder Dieselmotor wird aufgefallen sein, dass sich Brennstoffe aus fossilen Energieträgern seit dem 1. Januar 2021 verteuert haben. Hintergrund ist der seit Beginn des Jahres eingeführte Brennstoffemissionshandel, dem grundsätzlich alle Inverkehrbringer von Brennstoffen wie Benzin, Diesel, Heizöl, Flüssig- und Erdgas unterliegen. Da die Lieferanten die Kosten des nationalen Emissionshandels üblicherweise direkt an ihre Kunden weiterreichen, verteuert sich der Energiebezug aber nicht nur für den Kraftfahrer an der Tankstelle. Der durch diese Verteuerung beabsichtigte Anreiz zur Verringerung der Nutzung fossiler Brennstoffe betrifft vielmehr insbesondere energieintensive Unternehmen, welche die Brennstoffe für industrielle Prozesse nutzen, soweit die Emissionen dieser Prozesse nicht ohnehin bereits vom EU-Emissionshandel erfasst sind.

Diese Belastung wird sich in den kommenden Jahren noch weiter verstärken. Denn während der Zertifikatspreis pro ausgestoßener Tonne CO2 in diesem Jahr bei 25 Euro gestartet ist, steigt er bis zum Jahr 2025 schrittweise auf 55 Euro an, bevor ab 2026 ein Auktionsverfahren zur Preisermittlung stattfinden wird.

In Konsequenz dieser Preissteigerungen können sich negative Effekte in Form des Carbon Leakage einstellen. Angesichts der mit dem nationalen Brennstoffemissionshandel einhergehenden Mehrbelastungen könnten betroffene Unternehmen sich nämlich veranlasst sehen, ihre Produktionsstätten – und somit ihre Treibhausgasemissionen – ins Ausland zu verlagern, wo es keine vergleichbare Kostenbelastung gibt. Diesem Effekt soll die Carbon Leakage-Verordnung entgegenwirken, indem Unternehmen aus Branchen mit erhöhtem Abwanderungsrisiko die Möglichkeit eröffnet wird, unter bestimmten Voraussetzungen Kompensationszahlungen zu erlangen.

Bei der Festlegung der anspruchsberechtigten Sektoren hat sich die Bundesregierung stark an den Vorgaben des europäischen Emissionshandels orientiert. Erfasst sind unter anderem Unternehmen aus der verarbeitenden Industrie und der Chemiebranche, etwa im Bereich der Herstellung von bestimmten anorganischen Grundstoffen, Chemikalien oder Farbstoffen. Auf Antrag durch Unternehmenszusammenschlüsse oder Interessenverbände können zudem weitere Sektoren nachträglich in die Liste der Anspruchsberechtigten aufgenommen werden. Dies trägt einem viel diskutierten Kritikpunkt Rechnung, wonach die Liste der berechtigten Wirtschaftszeige deutlich zu kurz sei und nicht alle betroffenen Unternehmen erfasse. Es bleibt abzuwarten, wie umfangreich diese Liste in der Praxis tatsächlich ergänzt werden wird.

Hat ein Unternehmen einen Anspruch auf Kompensationszahlungen, werden diese allerdings nicht vorbehaltslos gewährt. Denn im Gegenzug müssen die Unternehmen Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen tätigen. Hierzu schreibt die Verordnung die Einrichtung eines zertifizierten Energiemanagementsystems vor, welches Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz und deren wirtschaftliche Durchführbarkeit identifizieren soll. Die erhaltenen Zahlungen müssen sodann anteilig in die Umsetzung dieser Maßnahmen reinvestiert werden. Alternativ sind auch Investitionen in Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Produktionsprozesse möglich.

Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Gesamtgrößenordnung der Zahlungen für das Jahr 2021 bei etwa 274 Mio. Euro und für 2022 bei etwa 329 Mio. Euro liegen wird.

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Autoren:

Dr. Stefan Schröder, Partner, Hogan Lovells International LLP, Düsseldorf
Finn Poll-Wolbeck, Associate, Hogan Lovells International LLP, Düsseldorf