Key Takeaways & Learnings | Frag den Wirtschaftsweisen

Die steigende Inflation ist zu einem ökonomischen Aufregethema dieser Tage geworden. Der Krieg in der Ukraine und seine wirtschaftlichen Auswirkungen, etwa über steigende Energiepreise, dürften die Teuerung weiter anheizen. Prof. Dr. Dr. h.c. Bert Rürup hat in der Veranstaltung branchenübergreifend Impulse und Ideen aus allen Circles an einem Tisch versammelt und das deutsche Wirtschaftsmodell in Frage gestellt.

Inflation vs. Teuerung:
Wir erleben seit Monaten eine Phase rasant steigender Preise. Obgleich in der öffentlichen Diskussion nur von Inflation gesprochen wird, ist hier eine aus der Mode gekommene Unterscheidung zwischen Inflation und Teuerung angebracht. Was wir gerade erleben, ist eine angebotsseitige Teuerung, die nicht zuletzt auf den starken Anstieg der Energiepreise, auf Chipmangel oder zusammengebrochene Lieferketten zurückzuführen ist.

Grenzen der Geldpolitik:
Der momentan erlebten angebotsseitigen Teuerung lässt sich nicht mit einer monetären Straffung, namentlich höheren Leitzinsen der Zentralbanken, begegnen. Bei der Beurteilung der Politik der EZB, deren Aufgabe es ist, Geldniveaustabilität zu gewährleisten, ist zudem ein weiterer Zielkonflikt zu berücksichtigen.

Greenflation vs. Geldniveaustabilität:
Das Erreichen der Klimaziele in Deutschland erfordert Preissteigerungen im Energiemarkt. Damit ist ein Zielkonflikt mit dem Streben nach Preisniveaustabilität vorprogrammiert.

Das Problem des deutschen Wirtschaftsmodells:
Das „Geschäftsmodell D“ besteht im Kern aus dem Export hochwertiger Industrieprodukte – Autos, Maschinen, Fertigungsanlagen. Dieses Geschäftsmodell ist auf den freien Multilateralismus angewiesen. Diese Außenhandels- philosophie hat ihre Blütezeit hinter sich.

Die Welthandelsdynamik lässt nach:
So dynamisch, wie sich der Welthandel seit den 1990er-Jahren als Folge des Zusammenbruchs der UdSSR und dem wirtschaftlichen Take-off Chinas entwickelte, ist dieser internationale Güteraustausch heute nicht mehr – und wird es auch in den kommenden Jahren nicht wieder sein. Bis Anfang des vergangenen Jahrzehnts wuchs der Welthandel etwa doppelt so stark wie die Weltproduktion. Seitdem hat diese Dynamik – nicht zuletzt als Folge des Konfliktes zwischen den beiden größten Ökonomien der Welt, den USA und China – merklich nachgelassen.

Deutschland steht von einer der am besten prognostizierten Krisen seiner Geschichte:
Deutschland steht vor einem Ende dieser Legislaturperiode einsetzenden massiven demografischen Umbruch: Die Babyboomer scheiden aus dem Arbeitsmarkt aus, und die nachrückenden, schwächer besetzten Kohorten können – trotz Zuwanderung – diese Lücken nicht füllen. Die Folge wird ein deutlicher Rückgang des derzeit bei etwa 1,4 Prozent liegenden Trendwachstums sein. Europa sollte sich deshalb nicht länger auf Deutschland als wirtschaftliche Lokomotive verlassen.

Neue Allianzen:
Russland hat sich durch seinen Angriffskrieg zu einem Paria auf der Weltbühne gemacht – zumindest aus westlicher Sicht. Durch einen Schulterschluss mit China entsteht eine Allianz zwischen dem rohstoffreichen Russland als Juniorpartner und China, das über kurz oder lang zum globalen Technologieführer werden dürfte.

Die Wiederentdeckung der europäischen Einigkeit:
Noch vor wenigen Jahren schien es sehr schlecht bestellt um die EU, tiefe ideologische Gräben ließen eine langfristig starke Gemeinschaft immer unwahrscheinlicher erscheinen. Durch den russischen Angriff auf die Ukraine steht die EU aber fest zusammen – und schickt sich damit an, neben den USA und der Allianz China/Russland ein dritter starker Spieler auf der Weltbühne zu werden.

Die Kosten des Zusammenrückens der Länder in der EU:
Mit dem Modernisierungsfonds hat sich die Idee der gemeinschaftlichen Verschuldung der EU etabliert – und wird sich kaum wieder stoppen lassen. Und man kann nur hoffen, dass es bald auch eine:n europäische:n Finanzminister:in und ein mit echten Kompetenzen ausgestattetes Europäisches Parlament geben wird.

Die grafisch aufbereiteten Key Takeaways & Learnings stehen Ihnen natürlich zum Download zur Verfügung.

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