Für eine nachhaltige Restrukturierung wird es immer wichtiger, das Geschäftsmodell und die operativen Prozesse des krisenbehafteten Unternehmens neu zu ordnen. Nur so lässt sich das Vertrauen aller Stakeholder in den langfristigen Erfolg des sanierten Unternehmens sicherstellen. Damit steigt die Wichtigkeit von unternehmerischer Führung in einer Krisensituation. Aber was bedeutet das in der Praxis?
Dieser Beitrag ist Teil der aktuellen Ausgabe des Handelsblatt Journals „Restrukturierung – Sanierung -Insolvenz“, das Sie ab sofort kostenlos downloaden können. Hier berichten 18 Autoren zu den Themen:
- Führung in der Krise
- Business Transformation
- Best Practice
- Restrukturierung von Banken
- Politische Umwälzungen als Geschäftsrisiko
Die Schwerpunktthemen einer Restrukturierung sind vielfältiger geworden. Die kurzfristige Kostensenkung und Liquiditätsverbesserung reichen nicht mehr aus, um die Finanzierer vom Erfolg des Sanierungskonzeptes zu überzeugen. Eine aktuelle Studie von Oliver Wyman [1] zeigt, dass für 86 Prozent der befragten Kapitalgeber eine schlüssige Strategie und ein belastbares Geschäftsmodell zu den wichtigsten Faktoren in einem Sanierungskonzept gehören. In der gleichen Studie geben 89 Prozent der Kapitalgeber an, dass sie die Aussichten eines Unternehmens vor allem anhand der Fähigkeiten des Managements beurteilen. Die Gründe für diese Entwicklung liegen an dem immer komplexer werdenden Marktumfeld und an den zunehmend heterogenen Strukturen von Eigen- und Fremdkapitalgebern. Somit steht das Management stärker im Fokus des Prozesses und eine effektive unternehmerische Führung wird wichtiger für eine nachhaltig erfolgreiche Restrukturierung.
Diese Einsicht ist nicht neu. So überrascht es, dass in einer anderen Studie [2] die proaktive Kommunikation im Krisenfall, die Information über die eigene Strategie und die Transparenz im Unternehmen als wesentliche Verbesserungsbedarfe beim Krisenmanagement ausgemacht wurden. Offenbar kann das Management die gestiegenen Anforderungen der Kapitalgeber also noch nicht vollständig abdecken.
Eine weitere Beobachtung ist, dass sich Unternehmen und ihre Kapitalgeber scheinbar einig über die Erfolgsfaktoren des Krisenmanagements sind, im Detail aber unterschiedliche Vorstellungen haben. Ein Beispiel ist die Kommunikation. Beide Seiten halten diese für wichtig, bezüglich der konkreten Inhalte gibt es abweichende Meinungen.
Krisenbewältigung in vier Phasen
Grund genug, sich mit der unternehmerischen Führung in einer Krise genauer zu beschäftigen. Zu diesem Zweck teilt Oliver Wyman die Krisenbewältigung in vier wesentliche Phasen ein, die jeweils eigene Anforderungen an das Management stellen:
1. Krisenerkennung: In dieser Phase geht es um die Nutzung geeigneter Indikatoren für eine drohende Krise. Die Betrachtung der GuV und der Bilanz reicht dafür aber nicht aus. Parallel dazu braucht ein Unternehmen zum Beispiel einen rollierenden Forecast, eine regelmäßige Analyse des Marktumfelds und die Planung in Szenarien.
2. Maßnahmendefinition: Viel zu oft greifen Programme zur Krisenbewältigung zu kurz. Die Maßnahmen adressieren in diesen Fällen lediglich die Symptome der Krise, wie zum Beispiel einen zu hohen Personalstand oder überflüssige Vorräte. Ein unpassendes Geschäftsmodell, zu komplexe Strukturen oder ineffiziente Prozesse, die oft Ursachen der Krise sind, müssen aber ebenfalls adressiert werden.
3. Aufsetzen der Projektorganisation: Hier empfiehlt sich ein programmatischer Ansatz unter der Führung der Geschäftsführung beziehungsweise des Vorstands mit einer entsprechend hohen Priorität der Maßnahmenumsetzung. Ein „Klein- Klein“ oder die Umsetzung in der Linienorganisation führen selten zum Erfolg.
4. Sicherung der Nachhaltigkeit: Die Unternehmensleitung sollte sich ihrer Vorbildrolle für den Wandel bewusst sein und eine aktive Rolle in der Kommunikation einnehmen. Wird dies versäumt, droht ein „Rückfall“ in alte Verhaltensmuster, die in der Regel ursächlich für die Krise waren.
Krisenmanagment funktioniert nur im Team
Über alle vier Phasen der Krisenbewältigung hinweg ist es entscheidend, dass im Managementteam eine hohe Einigkeit über die Ziele und Inhalte der Restrukturierung besteht. Versucht ein Einzelner, die Krise zur Durchsetzung seiner persönlichen Agenda zu nutzen, ist der gesamte Prozess zum Scheitern verurteilt. Daher hat es sich bewährt, in Krisensituationen einen erfahrenen und unabhängigen Restrukturierungsmanager (CRO) einzusetzen.
Erfolgreiche Restrukturierung erfordert also einen spezifischen Führungsansatz. In einer Krise geht es nämlich darum, sehr schnell an den richtigen Stellen tätig zu werden und das Maßnahmenprogramm dann mit aller Konsequenz umzusetzen – ohne dabei die Unterstützung der Stakeholder und die Motivation von wichtigen Mitarbeitern zu verlieren und damit die Nachhaltigkeit des Erfolges zu gefährden.
[1] Oliver Wyman Studie „Umbau statt Abbau – Erfolgsfaktoren für nachhaltige Krisenbewältigung“ (2013)
[2] Oliver Wyman Studie „Teil der Lösung oder Teil des Problems – Die Rolle der Bank in einer Unternehmenskrise“ (2014)
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