
von Christian Summa, Geschäftsführer bei von Rundstedt
Für erfolgreiche Restrukturierungen braucht es künftig eine neue Vorgehensweise, um (auch radikale) Transformation von zu ermöglichen: Ein neues Kraftdreieck aus Restrukturierungsberatern, Arbeitsrechtlern und Experten für Workforce Transformation muss den linearen Workflow ablösen, bei dem die drei Experten-Gruppen aktuell nacheinander einzeln definierte Projektabschnitte übernehmen.
Wie Restrukturierungen klassischerweise ablaufen
Die meisten Restrukturierungsprojekte laufen auch heute noch einem linearen Workflow. Nach einer Situationsanalyse, die nicht selten bereits von externen Controlling-Experten unterstützt wird, holt das Management einen Restrukturierungsberater an Bord. Je nach Unternehmensgröße und Fokus der Restrukturierung handelt es sich dabei um ein Team von Spezialisten für strategische Neuausrichtung und operative Sanierung. Hier stehen die betriebswirtschaftlichen Themen im Vordergrund, die man in den fünf Stichwörtern Strategie, Markt, Geschäftsmodell, Finanzierung und Strukturen zusammenfassen kann.
Im zweiten Schritt kommt der Arbeitsrechtler ins Spiel, da in den meisten Restrukturierungen eine leistungswirtschaftliche Optimierung bzw. Sanierung eine wichtige Rolle spielt. Damit verändern sich auch Arbeitsabläufe und nicht selten Arbeitsplätze. Eine arbeitsrechtliche Beratung gewährleistet die notwendige Rechtssicherheit bei Einzel- und Gruppenmaßnahmen (z. B. Änderungskündigungen oder Personalabbau), die sich erst im fortgeschrittenen Verlauf der betriebswirtschaftlichen Beratung konkretisieren. Hierzu gehören auch die anspruchsvollen und zeitaufwendigen Verhandlungen zum Interessensausgleich und Sozialplan.
Der Partner für die Umsetzung des sozialverträglichen Personalabbaus, sei es in Form einer Transfergesellschaft oder eines Gruppen-Outplacement, wird also erst in einer sehr späten Phase der Restrukturierung hinzugezogen. Sein Knowhow und seine Projekterfahrungen können zu diesem Zeitpunkt nur zu einem geringen Maße genutzt werden.
Warum die bisherige Praxis an ihre Grenzen gelangt
In Zeiten von Massenarbeitslosigkeit und gut gefüllten Bewerber-Pipelines mag diese lineare Vorgehensweise passabel funktioniert haben, wenngleich schon damals die Chance für optimierte Freiwilligenprogramme zum bestmöglichen beruflichen Neustart der ausscheidenden Mitarbeiter vertan wurde. Der viel zitierte Zangengriff von Demographie, Digitalisierung und Dekarbonisierung wird nun auch das Restrukturierungsgeschäft maßgeblich umformen. Die klassische Restrukturierung mit kurzfristigem Fokus wird in vielen Fällen von einer mittelfristig angelegten Transformation eingerahmt werden. Allein das erhöht schon die Komplexität des Projekts, so dass es eines vernetzten Ansatzes mit einer größeren Anzahl von spezialisierten Beratern bedarf. Es mag paradox klingen, aber gerade weil neue Technologien die Geschäftsmodelle von Unternehmen radikal verändern, braucht es
den analytischen Blick auf die Skills und Potentiale der heutigen Beschäftigten. In der traditionellen Restrukturierung hat man Arbeitnehmende ausschließlich im Kontext ihres derzeitigen Arbeitsplatzes gesehen, die sie nicht selten über viele Jahre ausgefüllt haben. Entfiel der Arbeitsplatz aufgrund betriebswirtschaftlicher Analysen, bedeutete das in der Regel für die Mitarbeitenden den Verlust des Beschäftigungsverhältnisses. In Zeiten von chronischen Personalengpässen werden Unternehmen und Berater grundlegend neue Konzepte entwickeln müssen. Dazu gehört auch eine völlig neue Art der Zusammenarbeit.
Warum Vernetzung und Zusammenarbeit für Berater essentiell werden
Ein neues Kraft-Dreieck von Restrukturierungsberater, Arbeitsrechtler und Workforce-Transformation-Experten erlaubt deutlich größere Projekt-Erfolge und ermöglicht erst radikale Transformationen von Unternehmen. [Abb.]
Entscheidend sind hier die Eckpunkte des Dreiecks, die sich in der Vernetzung und Zusammenarbeit der drei Experten-Gruppen zu echten Nahtstellen entwickeln. Das wird zweifellos auch die Berater-Profile in den nächsten Jahren verändern. Neben den Hard Skills, die sich gerade durch die Digitalisierung 2.0 neu organisieren, werden Soft Skills wie Kommunikation, kritisches Denken und Empathie deutlich wichtiger. Im Vergleich zum linearen Klassikansatz verlangt das Kraftdreieck von allen Projektbeteiligten, Management und interne Stakeholder sowie Berater, mehr Anstrengung und vor allem ein neues Denken. Jede der drei Experten-Gruppen wird sich auch vermehrt Orientierungswissen zu den Partner-Beratungsfeldern aneignen, um für den Projektkunden das optimale Ergebnis erarbeiten zu können. Zugleich wird man die Partner neu entdecken müssen, zum Beispiel den Experten für Workforce Transformation, der sich vom traditionellen Bild des Dienstleisters für eine Transfergesellschaft sehr unterscheidet.
Dieses Kraftdreieck zu entfalten und im Beratungsbusiness zu leben, braucht Zeit und kostet Mühe. Kundenunternehmen werden von seiner Umsetzung genauso profitieren wie externe Spezialisten.