Intrapreneurship: Auf die Innensicht der Verwaltungstransformation kommt es an

Intrapreneurship: Auf die Innensicht der Verwaltungstransformation kommt es an

Von Markus Schlosser, Leiter Public Sector bei Sopra Steria

Bund, Länder und Kommunen setzen verstärkt auf neue Ansätze für ihre Transformation in eine digitale Verwaltung. Zu den neuen Instrumenten der Modernisierung aus den eigenen Reihen gehört auch das Intrapreneurship – ein Format, das auf das kreative Potenzial aller Mitarbeitenden setzt, um die Verwaltungstransformation von innen heraus zu beschleunigen.

Innovationsmanagement sowie geeignete Intrapreneurship-Formate spielen in der öffentlichen Verwaltung schon seit einigen Jahren eine zentrale Rolle. Spätestens seit das Bundesministerium des Innern 2010 die Rahmenrichtlinie zum Ideenmanagement in der Bundesverwaltung auf den Weg brachte, hat sich in den Verwaltungen ein Umdenken hin zu kontinuierlichen Verbesserungsprogrammen etabliert. Das Ziel ist es, Arbeitsprozesse und Verfahren, aber auch Arbeitsmaterialien und Einrichtungen zu verbessern und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden auf ein positiveres Niveau zu heben.

Bislang wurde dafür auf interne „Agendasetter“ zurückgegriffen. Sie wurden mit ihren Ideen und Gestaltungsvorschlägen allerdings selten in direkte Umsetzungsprozesse einbezogen – zum Nachteil der Organisation. Denn wo sonst die überorganisationalen Potenziale der Mitarbeitenden genutzt wurden, verblieben sie in vielen Verwaltungen lediglich in einer bestimmten Abteilung oder einem Fachbereich – mit langen Projektzyklen und ausbleibenden Projektabschlüssen als Folge.

Großflächig angelegte Vorhaben können zukünftig aber sowohl in Unternehmen als auch in der öffentlichen Verwaltung nur dann gelingen, wenn Veränderungen und Innovationen von innen heraus angetrieben werden. Durch ein zukunftsgeleitetes Intrapreneurship zum Beispiel. Mitarbeitende in Behörden ergreifen dabei selbst die Initiative, um innovative Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln. Aktiv und selbstmotiviert. Und ohne sich von bürokratischen Hindernissen abschrecken zu lassen.

Die Fachwelt spricht hier von einem kulturellen Wandel, der nötig ist, um zum Beispiel das Einhalten von Emissionszielen oder den Aufbau eines digitalen Föderalismus zu gewährleisten. Voraussetzung ist, Mitarbeitenden den Raum zu geben, ihre Ideen selbstbestimmt einbringen zu können. Zumindest dort, wo es möglich und nötig ist. Denn Intrapreneur-Denkweisen eignen sich besonders gut, mithilfe neuer Technologien arbeitsfähig zu sein.

Best Practices gibt es hier inzwischen viele, den Cyber Innovation Hub zum Beispiel. Diese Abteilung des IT-Systemhauses der Bundeswehr gilt als Vorreiterin bei der Einführung von Intrapreneurship für die deutschen Streitkräfte. Mit Challenge-Formaten, einer Art „Höhle der Löwen“, entwickeln Bundeswehrsoldaten gemeinsam mit Partnern Innovationen von Bürokratie-Abbau-Programmen bis hin zum digitalen Werkzeugmanagement für den Eurofighter. Bei Letzterem geht es um eine Art 3D-Druck-Plattform, um Ersatzteile vor Ort selbst herzustellen.

Intrapreneure können hierbei als Schnittstelle fungieren – als Scout und kultureller Übersetzer für eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Behörden, GovTech-Start-ups und weiteren externen Kooperationspartnern. Um Ideen von außerhalb in die Organisation zu integrieren und interdisziplinäre Teams aufzubauen. Um eine längst vorhandene und oft vernachlässigte Ressource zu aktivieren: die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Behördenleiterinnen und -leiter sollten daher zukünftig vermehrt intraunternehmerische Fähigkeiten bei ihren eigenen Mitarbeitenden fordern und fördern – ohne die Gesamtorganisation einem kompletten Kulturwandel zu unterziehen. Denn: Nicht alles muss wie ein Start-up funktionieren. Lernräume der Zusammenarbeit können daher ein guter Anfang sein, um siloübergreifende Formate und Strukturen zu schaffen und so Mitarbeitende zu ermutigen, Neues zu probieren, ohne ihr Tagesgeschäft aus den Augen zu verlieren. Denn nur wenn sie ihr Metier verstehen, können sie es in Zukunft auch effektiv verändern.

Informationen zum Autor

Markus Schlosser ist Leiter des Geschäftsbereichs Public Sector bei Sopra Steria. Er verfügt über mehr als 30 Jahre Beratungserfahrung im Bereich von Ministerien, Behörden und vielen weiteren Einrichtungen der öffentlichen Hand.