Der Erfolg der Energiewende hängt an den Netzen, Flexibilität auf Verbrauchsseite – und der Finanzierung

kapferer

Stefan Kapferer, CEO, 50 Hertz

Im März diesen Jahres haben die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW den Entwurf für einen Netzentwicklungsplan 2037/2045 (NEP) vorgelegt. Dies ist kein gewöhnlicher NEP. Denn erstmals werden die notwendigen Infrastrukturen auf Seiten der Übertragungsnetze und darüber hinaus auch auf Seiten der Verbraucher abgebildet, damit Deutschland bis 2045 klimaneutral werden kann. Der Entwurf befindet sich derzeit zur Prüfung und Bestätigung bei der Bundesnetzagentur (BNetzA).

Dieser NEP ist mehr als eine Auflistung von notwendigen Freileitungen, Erd- und Seekabeln und Umspannwerken, um Strom über weite Strecken transportieren zu können. Der NEP skizziert ein Netz, in dem Strom im Zusammenspiel mit Speichertechnologien, mit Wasserstoff sowie mit flexiblen Verbrauchern und Erzeugern sektorenübergreifend das Rückgrat der gesamten Energieversorgung bildet.

Welche gigantische Transformationsleistung bis spätestens 2045, idealerweise bereits bis 2037 erforderlich ist, das verdeutlichen einigen Zahlen aus den Szenarien, die wir errechnet haben:

  • Auf der Höchstspannungsebene neue Leitungsprojekte im AC und DC-Bereich mit einer Gesamtlänge von über 14.000 Kilometern.
  • Weitere 20 Offshore-Netzanbindungssysteme mit Gleichstromtechnik, um das zukünftig hohe Offshore-Windaufkommen zu Netzverknüpfungspunkten mit Konverteranlagen im Landesinneren transportieren zu können.
  • Zusätzlicher Investitionsbedarf über die bisher genehmigten oder bereits begonnenen Projekte hinaus in Höhe von knapp 130 Mrd. Euro.
  • Eine Vervielfachung der Zahl der Wärmepumpen in Gebäuden von derzeit 1,2 Mio. auf bis zu 16 Mio.
  • Eine Vervielfachung der Zahl der Elektrofahrzeuge von derzeit 1,2 Mio. auf bis zu 37 Mio. E-Autos.
  • Eine Leistungssteigerung bei den Power-to-Heat-Anlagen, als Elektrodenkessel oder Großwärmepumpe im Einsatz, von 0,8 GW auf mindestens 15 GW.
  • Ein Hochlauf der Kapazitäten von Elektrolyseuren von derzeit unter einem GW auf 50 GW in einem Szenario mit hohem Elektrifizierungsgrad bzw. auf 80 GW in einem Szenario mit hohem Wasserstoffanteil.
  • Die Ausnutzung von Flexibilitäten auf Verbrauchsseite in einer Größenordnung von rund 150 GW in Form von PV- und Großbatteriespeichern.

Es ist eine Herkulesaufgabe, diese Herausforderungen in ihrer Komplexität in den kommenden Jahren und Jahrzehnten technisch zu meistern – und vor allem zu finanzieren.

Ich freue mich darauf, beim Handelsblatt Energiegipfel am Eröffnungstag um 11.40 Uhr über diese Fragen zu diskutieren u.a. mit Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur (BNetzA), und Philippe Piron, CEO Grid Solutions & Power Conversion bei der neuen Energiesparte des amerikanischen Mischkonzern Generel Electric, GE Vernova.