So lassen sich Wunsch und Wirklichkeit zusammenbringen

Sopna Sury

Dr. Sopna Sury, COO Hydrogen, RWE Generation SE

Es ist nicht genug, zu wollen, man muss auch tun. Für wenige Bereiche passt dieses Sprichwort derzeit besser, als für die Wasserstoffwirtschaft. Der Wille zum Start ins H2-Zeitalter ist überall zu spüren. Unser Team arbeitet intensiv daran, Wunsch und Wirklichkeit in der Energiewelt zusammenzubringen. Das gilt für den massiven Ausbau der Erneuerbare Energien, wo RWE weltweit inzwischen eine führende Rolle innehat.

Das gilt aber gerade auch für grünen Wasserstoff, der Schwerlastverkehr und Industrieprozesse dekarbonisieren kann, die sich nicht elektrifizieren lassen – oder sich als klimafreundlicher Brennstoff für wasserstofffähige Gaskraftwerke anbietet. Als Unternehmen leisten wir hierbei echte Pionierarbeit in aktuell mehr als 30 Projekten rund um grünen Wasserstoff. Damit sind wir in guter Gesellschaft. Denn in ganz Europa entwickeln Unternehmen Visionen für das grüne Molekül.

Was also fehlt, damit es mit der Transformation der Energieversorgung wirklich losgehen kann? Unternehmerisches Handeln braucht immer auch einen politischen Rahmen, der den Weg für neue Technologien ebnet. Hier hat sich zuletzt einiges bewegt – wenn auch nicht optimal, aber doch zumindest in die richtige Richtung. In wenigen Wochen steckt die EU mit dem Delegierten Rechtsakt zur RED II den gesetzlichen Rahmen für künftige Wasserstoffprojekte ab. Damit wird geklärt, welche Voraussetzungen Strom erfüllen muss, um damit grünen Wasserstoff erzeugen zu können. Das schafft eine bessere Ausgangslage. Doch bevor die Wasserstoffwirtschaft richtig Geschwindigkeit aufnehmen kann, muss noch einiges passieren. Gerade auf nationaler Ebene.

Die Fortschreibung der nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) ist dafür ein wichtiger Ausgangspunkt. Die diskutierte Verdopplung des Ausbauziels für Elektrolysekapazitäten bis 2030 auf 10 Gigawatt war überfällig – und sehr wichtig, auch wenn höhere Ziele allein noch keinen Mehrwert liefern. Umso wichtiger ist es jetzt zu klären, wie die Förderlücke für grünen Wasserstoff gefüllt werden soll. Auch Ausschreibungen für Elektrolysekapazitäten fehlen noch.

Der Bedarf nach bezahlbarem, grünem Wasserstoff ist jedenfalls riesig. So groß, dass die Erzeugung an Land nicht annähernd reichen wird. Darum sollte auch Wasserstofferzeugung auf See direkt mitgeplant werden. Erste Grundlagen sind gelegt: Das Windenergie-auf-See-Gesetz peilt Ausschreibung von drei Gigawatt Elektrolysekapazität bis 2030 an. Das ist gut. Doch kommen die meisten Auktionen zu spät für eine Umsetzung der Projekte bis 2030. Es wäre also hilfreich, das Ausschreibungsvolumen jetzt und in den nächsten Jahren auf die Erzeugung an Land zu fokussieren und deutlich zu erhöhen. Zugleich braucht es für die späteren Jahre Ausschreibungen, die die Erzeugung auf See ermöglichen. Gerade das dicht besiedelte Deutschland ist darauf angewiesen, alle Potenziale für den Ausbau der Erneuerbaren ausschöpfen. Die hohen verfügbaren Mengen an Offshore-Strom bieten dabei gewaltige Chancen – für grünen Strom und grünen Wasserstoff.

Beim Ausschreibungsdesign spricht vieles für Projektgrößen von mindestens 100 Megawatt. Denn zweifellos produzieren größere Elektrolyse-Parks Wasserstoff zu günstigeren Konditionen als kleinere Anlagen und tragen zudem schneller zum Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft bei.

Doch nicht nur bei der Erzeugung, auch beim Transport ist noch viel zu tun, damit die Wasserstoffwirtschaft hochfahren kann. Das wäre allerdings ein eigenes Kapitel, über das ich gerne beim nächsten Mal schreibe. Zum Beispiel, welch enorm große Sogwirkung Anbindungsgarantien ans Wasserstoffnetz entfalten könnten. Ich bin überzeugt: Sobald Unternehmen darauf vertrauen können, dass grüne Elektronen ankommen und grüne Moleküle abtransportiert werden können, kommt Tempo ins System.

Genau das braucht es, damit aus Wunsch Wirklichkeit wird. Damit Deutschland nach der Kernenergie idealerweise 2030 auch aus der Kohle aussteigen kann. Und damit unser Land ein attraktiver Industriestandort wird, an dem klimaneutral produziert werden kann. Pragmatismus bei den Rahmenbedingungen und Genehmigungsverfahren sind dafür unverzichtbar. Anders ausgedrückt: Auch der Wasserstoff braucht das neue „Deutschland-Tempo“.

Wir in der Energiewirtschaft werden leidenschaftlich weiter dafür werben. Und wir werden kräftig in die neuen Technologien investieren, sobald die regulatorischen Knoten gelöst sind. Ich freu‘ mich darauf.