Neuer Schub für H2-Importe

Autor: Gabriël Clemens, Geschäftsführer E.ON Hydrogen GmbH

Auch als Reaktion auf den Angriff Russlands auf die Ukraine und den damit einhergehenden Fragen von bezahlbarer, sicherer und umweltfreundlicher Energie wird Wasserstoff als weitere Säule der Energiewende und als unverzichtbar zur Erreichung der Klimaziele angesehen. Er ermöglicht, erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie zu speichern, zu transportieren und zu nutzen.

Die größten Herausforderungen für den Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft stellen derzeit noch die hohen Kosten und die begrenzte Verfügbarkeit von Wasserstoff dar.

Zur Förderung der Produktion und Nutzung von grünem Wasserstoff wurde die Stiftung H2Global  ins Leben gerufen, deren eigens gegründete Tochter Hintco (Hydrogen Intermediary Company) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bislang mit 900 Millionen Euro ausgestattet wurde. Dieses Budget verteilt sich auf drei verschiedene Wasserstoff-Derivate und einen Lieferzeitraum von 10 Jahren, was ein jährliches Umsatzvolumen von 30 Millionen Euro pro Produkt ermöglicht. Die Wasserstoffderivate sind Ammoniak, Methanol und E-Kerosin, die außerhalb der Europäischen Union (EU) und der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) produziert werden und den Anforderungen der Renewable Energy Directive II für grüne Kraftstoffe entsprechen müssen. Da die Preise für Wasserstoff auf der Angebots- und Nachfrageseite derzeit weit auseinander liegen, dient der H2Global-Mechanismus dazu, die Differenz zwischen dem niedrigsten Angebots- und dem höchsten Nachfragepreis durch Subventionen auszugleichen. Sowohl für den Einkauf der Produkte als auch für den Verkauf wird der Preis durch wettbewerbsbasierte Ausschreibungsverfahren ermittelt.

Wettbewerbsverfahren garantiert effiziente Mittelverwendung

Mit dem/den günstigsten Anbieter(n) werden langfristige (10-jährige) Wasserstoff-Abnahmeverträge vereinbart. Zu einem späteren Zeitpunkt werden kurzfristigere (einjährige) Verkaufsverträge mit Abnehmern abgeschlossen. Die Einnahmen aus den Kaufverträgen fließen nach Abschluss der Lieferungen schrittweise an den Fördergeber (BMWK) zurück, so dass nur ein Teil des ursprünglich bereitgestellten Fördervolumens zur Überbrückung der Preisdifferenz zwischen Angebot und Nachfrage verwendet werden kann.

H2Global stellt so einen bedeutenden Finanzierungsmechanismus zur Förderung der Produktion und des Handels mit Wasserstoff bzw. seinen Derivaten und zur Etablierung erster Lieferketten bereit. Die Initiative ist genau richtig für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft. Der Mechanismus hat allerdings Grenzen – sowohl was das Fördervolumen als auch was die konzeptionelle Umsetzung angeht. Die Menge an Wasserstoff bzw. seinen Derivaten, die importiert werden kann, ist aufgrund des festgelegten Fördervolumens und der spezifischen Ausgestaltung des Mechanismus begrenzt. Darüber hinaus bietet der derzeitige Mechanismus zwar eine hohe finanzielle Sicherheit auf der Herstellerseite, während Abnehmer auf Basis einjähriger Verträge keine langfristige Planungssicherheit bezüglich Verfügbarkeit und Preis des zu importierenden Produkts haben. Dies ist für manche Unternehmen kein Problem, jedoch schwierig für Unternehmen, die ihre Produktion umstellen wollen.

Mehr Flexibilität auf Basis des bestehenden Mechanismus

Die Attraktivität des Fördermechanismus könnte noch weiter gesteigert und verfügbare Fördermittel effizienter genutzt werden. Neben einer Aufstockung der Mittel und einer Ausweitung auf europäische Länder wäre eine Harmonisierung und Koordinierung von Fördertöpfen wünschenswert, um größere Mengen fördern zu können. Zudem besteht der Bedarf, die Planungssicherheit auch für die Abnehmerseite zu erhöhen. Die Einführung von längerfristigen Verträgen auf der Abnehmerseite mit ähnlichen Konditionen wie auf der Lieferantenseite oder Differenzverträge mit dieser Laufzeit können hierfür beispielweise geeignete Instrumente darstellen. Außerdem sind die Vertragsstrukturen unter dem derzeitigen Mechanismus relativ streng – mit einer strikten Entkopplung von Produzent und Käufer. Gerade in der Hochlaufphase sehen wir allerdings, dass auch flexiblere Konditionen gewünscht sind, welche durch bilaterale Verträge (mit fester spezifischer Förderung über festgelegte Vertragslaufzeit) in Ergänzung zum bestehenden H2Global-Mechanismus abgebildet werden könnten. Hierbei könnten einzelne Vertragsbestandteile (Nebenbedingungen) individuell vereinbart werden, die Projekte mit dem jeweils niedrigsten spezifischen Förderbedarf würden weiterhin den Zuschlag erhalten, bis das maximale Fördervolumen der jeweiligen Auktionsrunde ausgeschöpft ist. Der aktuelle H2Global-Mechanismus könnte dabei als Benchmark bzw. „Leitindex“ dienen, in dem er etwa die maximale spezifische Fördersumme begrenzt.

H2Global hervorragende Basis

Insgesamt ist der H2Global-Mechanismus ein sehr gutes und effizientes Instrument zur Förderung des Wasserstoffhochlaufs. Er hat das Potenzial, den Markt für grünen Wasserstoff und dessen Derivate anzukurbeln und den Herausforderungen von Lieferanten und Abnehmern zu begegnen – auch auf EU-Ebene. Auf dieser Grundlage ist es aber sinnvoll, den Mechanismus weiterzuentwickeln und Konditionen vor allem auf der Abnehmerseite zu verbessern.

Dieser Artikel basiert auf eine Studie des BET Aachen im Auftrag von E.ON Hydrogen.