Kurzinterview: Wir brauchen jetzt Pragmatismus und Schnelligkeit

Kurzinterview Sopna Sury

Sopna Sury, COO Hydrogen, RWE Generation

Überall, wo die Elektrifizierung mit grünem Strom keine Option darstellt, ist grüner Wasserstoff langfristig die einzig nachhaltige Lösung. Entsprechend riesig ist der Bedarf an grünem Wasserstoff. RWE will mit dem entstehenden Wasserstoffmarkt wachsen – insbesondere über integrierte Kundenlösungen, mit denen wir Industrieunternehmen in unseren Märkten mit grüner Energie versorgen. Dafür haben wir alle Möglichkeiten unter einem Dach – von der Erzeugung von Erneuerbarem Strom und dem Know-how zum Betrieb von Elektrolyse-Anlagen über Gasspeicherkapazitäten bis zur Fähigkeit, den grünen Wasserstoff bedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen.

RWE war 2020 das erste Unternehmen in Deutschland, das einen eigenen Vorstandsbereich für Wasserstoff, mit Ihnen als COO, geschaffen hat. Warum ist Ihr Unternehmen so von grünem Wasserstoff überzeugt?

Weil grüner Wasserstoff für die Energiewende und für das Erreichen der europäischen Klimaziele unverzichtbar ist. Überall, wo die Elektrifizierung mit grünem Strom keine Option darstellt, ist grüner Wasserstoff langfristig die einzig nachhaltige Lösung. Entsprechend riesig ist der Bedarf an grünem Wasserstoff. RWE will mit dem entstehenden Wasserstoffmarkt wachsen – insbesondere über integrierte Kundenlösungen, mit denen wir Industrieunternehmen in unseren Märkten mit grüner Energie versorgen. Dafür haben wir alle Möglichkeiten unter einem Dach – von der Erzeugung von Erneuerbarem Strom und dem Know-how zum Betrieb von Elektrolyse-Anlagen über Gasspeicherkapazitäten bis zur Fähigkeit, den grünen Wasserstoff bedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen. Grüner Wasserstoff ist fester Bestandteil unserer Wachstumsstrategie „Growing Green“, die bis 2030 unter anderem die Schaffung von 2 Gigawatt eigener Elektrolysekapazität vorsieht. Zusammen mit weiteren Partnern treibt RWE weltweit schon heute mehr als 30 Wasserstoff-Projekte voran.

Um Europas Industrie zu dekarbonisieren, braucht es Riesenmengen an grünem Wasserstoff. RWE will Wasserstoff im großen Stil erzeugen. Doch dazu braucht es Elektrolyseanlagen, industrielle Abnehmer, Wasserstoffleitungen und Importe. Was müsste also zuerst angegangen werden?

Die Antwort klingt banal, doch es gilt, alle Stufen zugleich zu errichten. Das wird nur mit Projekten gelingen, die die gesamte Wertschöpfungskette abdecken. Davon gibt es hierzulande bereits eine ganze Reihe. RWE allein ist an vier Projekten beteiligt, die von der Bundesregierung als „Important Project of Common European Interest“ für eine öffentliche Förderung nominiert wurden. Doch vor allem bei den Rahmenbedingungen hakt an vielen Stellen. Elektrolysebetreiber brauchen ausreichend Strom aus Erneuerbaren Energien, um grünen Wasserstoff zu erzeugen. Welcher Strom für die Wasserstofferzeugung genutzt werden kann, steht allerdings noch nicht fest, denn es gibt bislang nur einen Entwurf der Strombezugskriterien. Das sorgt für große Unsicherheit. Zudem haben wir ein klassisches Henne-und-Ei-Problem: Potenzielle Wasserstofferzeuger treffen Investitionsentscheidungen nur, wenn der Absatz geklärt ist. Dagegen investieren potenzielle Abnehmer erst, wenn klar ist, dass ausreichend Wasserstoff zu angemessenen Konditionen verfügbar ist. Und wenn der Elektrolyseur nicht direkt neben dem Werkszaun des Nachfragers errichtet wird, braucht es ein entsprechendes Wasserstoffnetz. Daraus erwächst ein hoher Koordinationsaufwand, denn damit Projekte rechtzeitig umgesetzt werden, müssen alle Genehmigungsverfahren und Förderentscheidungen parallel laufen. Für die Politik gibt es also noch viel zu tun, bevor es losgehen kann. Die Zeit drängt.

Welche Rahmenbedingungen braucht es am dringendsten, damit Wasserstoff-Großprojekte keine Leuchttürme bleiben, sondern dauerhaft wirtschaftlich arbeiten können?

Das Gesamtsystem muss schnell in Gang kommen. Mit dem Osterpaket hat die Bundesregierung dazu erste richtige Schwerpunkte gesetzt. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien wird insgesamt wuchtiger durch höhere Ausbauziele. Er wird schneller durch bessere Planungs- und Genehmigungsverfahren. Und er wird leichter, weil das Flächenangebot für Windparks an Land und auf See ausgeweitet wird. Zudem werden Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz den Netzausbau erleichtern. Doch auf dem Weg zu einem erfolgreichen Wasserstoff-Hochlauf gilt es weitere Hürden abzuräumen: So fehlen zum Beispiel Anreize für die Unternehmen, damit diese in Wasserstofftechnologien investieren. Erste Entwürfe im Klimaschutz-Sofortprogramm weisen mit Investitionshilfen für die Wasserstofferzeugung und Klimaschutzverträgen für die Industrie, sogenannten CCfDs, zumindest in die richtige Richtung. Zugleich erreichen uns aus Brüssel gemischte Signale. So setzt sich die EU Kommission mit REPowerEU und RED III ambitionierte Ziele, nur um sich zugleich mit dem Delegierten Rechtsakt zu Strombezugskriterien für grünen Wasserstoff und dem EU-Gas/Wasserstoffmarktpaket massive Fesseln anzulegen. In Letzterem definiert sie zum Beispiel die sogenannten Grünstromkriterien viel zu eng. Der Fokus auf ungeförderte Neuanlagen für den Strombezug wird den Hochlauf nach 2027 um Jahre verzögern. Das könnte sich für zahlreiche Projekte, die erst Ende der 2020er Jahre umgesetzt werden sollen, als fatal herausstellen. Bei den Fördermitteln sind die Zeichen positiv: Die Bundesregierung hat genau wie die anderen europäischen Administrationen Milliardenförderungen in Aussicht gestellt. Doch der Vergabeprozess verläuft quälend langsam. Die beihilferechtliche Genehmigung auf EU-Ebene ist mit einer Vielzahl von Schritten verbunden, bei denen der Langsamste das Tempo für alle bestimmt. Das muss deutlich schneller gehen. Auch die Genehmigungsverfahren für Elektrolyseanlagen müssen spürbar vereinfacht und beschleunigt werden. Wir haben keine Zeit mehr für Dogmatismen und 150%ige Lösungen. Wir brauchen jetzt Pragmatismus. Wir brauchen Schnelligkeit. Und wir müssen groß denken, umsetzen und fördern!