„Mit Vertrauen und Pragmatismus die Krise bewältigen“

„Mit Vertrauen und Pragmatismus die Krise bewältigen“

Ein Gespräch mit Thomas Kleine-Möllhoff, Country Digital Lead bei Pfizer Deutschland, darüber wie sein Unternehmen in der Pandemie Unternehmensabläufe neu gedacht hat, was ein strategischer Gamechanger bei der Digitalisierung des Konzerns war und warum Erfolg viele Väter hat.

Die letzten zwei Jahre Pandemie waren für viele Unternehmen sehr intensiv und voller Veränderungen. Wie hat Pfizer diese Phase der Umstellung bewältigt?

Entscheidend war aus meiner Sicht die starke Kultur im Unternehmen, welche geprägt ist von Vertrauen, Offenheit und Mut. Diese war und ist das Fundament und hat uns schlussendlich auch geholfen, die Zeit gemeinsam durchzustehen und selbstverständlich auch einen aktiven Beitrag zur Pandemiebekämpfung zu leisten. Natürlich hat aber auch der extreme Druck zu Beginn 2020 Kräfte freigesetzt und Dinge befördert, von denen man nie gedacht hätte, dass sie möglich sind. Das hat mich nicht nur positiv überrascht, sondern auch inspiriert und motiviert.

Und was hat sich konkret verändert?

Intern haben wir Arbeitsläufe komplett neu gedacht und eine neue Arbeitskultur, neue Formen der Zusammenarbeit vorangetrieben. Konkret hieß das für uns: Wir wollten und konnten wesentlich kürzere Dienstwege durchsetzen und schlanke Entscheidungsprozesse gestalten. Nicht jeder muss an Entscheidungen beteiligt sein. Das erfordert viel Vertrauen und einen gewissen Pragmatismus.

Wir haben die Art und Weise, wie wir arbeiten, hinterfragt und haben uns selbst quasi gechallenged. Für uns als Pharmaunternehmen hat das im Rahmen der Pandemie natürlich im Kerngeschäft eine riesige Rolle gespielt: So musste zum Beispiel der Prozess der Impfstoffentwicklung, der normalerweise bis zu 12 Jahre dauert, wesentlich beschleunigt werden, da dieser lange Zeitraum, als Anfang 2020 das Virus sich zu einem globalen Problem entwickelte, keine Alternative war. Dazu war es nötig, radikal neu zu denken, wobei auch alle Partner, die im Prozess eingebunden waren – von Biontech über die Zulieferer bis hin zu den Behörden – bei so etwas an einem Strang ziehen müssen. Wie man so schön sagt: Erfolg hat viele Väter.

Wie wurden die Mitarbeiter in den Kulturwandel eingebunden?

Change Management wurde von Anfang an sehr stark mitgedacht und umgesetzt. Man kann nicht verlangen, dass jeder der weltweit 80.000 Mitarbeiter jeden Schritt im Rahmen eines Kulturwandels versteht und zu hundert Prozent dahintersteht. Jeder soll aber die Möglichkeit haben, mitzumachen und sich auf die Reise der Veränderung zu begeben. Dafür wurden etwa „Championship-Netzwerke“ gegründet und Ambassadeure gekürt. Gleichzeitig haben wir versucht, unsere Werte so simpel wir möglich zu definieren, damit jeder genau das passende für sich mitnehmen kann. Es sind insgesamt vier an der Zahl: Excellence, Courage, Equity und Joy.

Welche Rolle spielt bei Pfizer die IT?

Aus der IT-Sicht betrachtet war unser großer Vorteil, dass wir uns bereits ein gutes Jahr vorm Ausbruch der Pandemie, Anfang 2019, auf unsere Digital-Transformation-Journey begeben haben. Der CEO hat seinerzeit beispielsweise einen neuen Chief Digital &Technology Officer eingestellt, der direkt im Executive Leadership Team sitzt – und nicht mehr so wie vorher dem Finanzressort zugeordnet war. Dieser direkte „Seat at the Table“ hat der Digitalisierung intern bei uns einen sehr großen Hebel verliehen sowie Entscheidungen und Prozesse in dem Bereich beschleunigt

Das kann zum Beispiel der Einsatz von IT-Tools in der Forschung & Entwicklung sein oder die Nutzung von Big Data und Analytics in der Produktion. Digitalisierung ist in unseren 5 Kern-Wachstumsstrategien, den sogenannten „Bold Moves“, verankert. Sie lautet „win the digital race in pharma“.

Wie wird der Fortschritt bei Digitalisierung und Innovation gemessen?

Innovation selbst können wir natürlich über die Produktsicht messen, sprich, wie viel neue Patente und Produkte wir haben. Den Fortschritt und Einfluss von Digitalisierung zu messen ist schwieriger, da Digitalisierung für jeden was anderes bedeutet. Aber auch vermeintliche Kleinigkeiten wie eine vollständige elektronische Abwicklung von Verträgen, haben ihren Impact. Messbar kann man sowas beispielsweise über Kundenzufriedenheits- oder Mitarbeiterzufriedenheitswerte machen. Auch ganz praktische Dinge wie, sehen wir durch den Einsatz einer bestimmten Technologie im Wertschöpfungsprozess eine Verkürzung bzw. Verbesserung von Durchlaufzeiten oder einen höheren Output im Vergleich zu vorher?

Wie werden Mitarbeiter in Innovationen involviert?

Wir versuchen neue Ideen und Verbesserungsvorschläge zu fördern, zum Beispiel durch diverse Awards oder durch interne, cross-funktionale Netzwerke. Besonders bei Themen, bei denen wir in Mitarbeiterumfragen chronisch schlecht abschneiden, bitten wir Kollegen um Unterstützung und praktische Ideen, die sich schnell und pragmatisch umsetzen lassen. Umso besser noch, wenn diese Vorschläge dann auch skalierbar und messbar sind.

Vielen Dank fürs Gespräch