Situationsgerechte Mobilität, nachhaltige Lösungen

Lange haben wir Mobilität gleichgesetzt mit dem privaten Auto. Der Führerschein eröffnete uns die Möglichkeit, jederzeit flexibel von A nach B zu kommen. Er bedeutete beinahe grenzenlose Freiheit – ja, Glück. Doch die einfache Gleichung Auto = Freiheit = Glück geht langfristig kaum auf. Innovative Mobilitätslösungen der Siemens Mobility-Familie schaffen Alternativen, die auch in der angesichts von
Corona außergewöhnlichen Situation hilfreich sind.

Freiheit, Glück und Gesundheit sind drei der Dinge, die wir auch unseren Kindern wünschen. In der aktuellen Situation erscheint das Auto manchem besonders attraktiv. Im Pkw fährt man geschützt und die Pandemie verschafft dem Verkehrschaos eine Pause. Aber wie geht es nach der Corona-Krise weiter? Zurück zu Staus, in Stoßzeiten vollen U-Bahnen und zugeparkten Radwegen? Bis zu 131 Stunden verloren Autofahrer*innen in deutschen Großstädten im Jahr 2019 während der Rush Hour in Staus. Das hat der Navigationsgerätehersteller TOMTOM ermittelt. Autos, die im Schnitt mit nur 1,28 Personen besetzt sind, verbrauchen zudem einen erheblichen Teil öffentlicher Flächen, wie der Verkehrsclub Deutschland 2016 ermittelte. 290,1 m2/h verbrauchten sie pro Person pro Tag. Fahrräder verbrauchten 24,8 m2/h, Züge bei 40-prozentiger Auslastung gerade mal 3,1 m2/h.

Hinzu kommt, dass Autos im Jahr 2018 mit durchschnittlich 1,5 Insassen nach Angaben des Umweltbundesamts mehr als doppelt so viel Treibhausgase freisetzten (147 g/Pkm) wie der Nahverkehr mit Straßen-, Stadtund U-Bahnen mit 19-prozentiger Auslastung (58 g/Pkm).
Keine guten Aussichten für die Gesundheit und Umwelt unserer Kinder.

Autos werden in zukunftsfähigen Mobilitätskonzepten weiter eine Rolle spielen. Aber: Sie müssen sich verändern. Und: Wir müssen unseren Gebrauch des Autos verändern. Dazu gehört auch, ihn zu reduzieren. Die Vorteile von Bus, Bahn, Fahrrad und Co. in puncto Flächenverbrauch und Emissionen sind nicht von der Hand zu weisen.

Wie aber können wir unseren Kindern die gleiche Freiheit ermöglichen, die wir mit dem Auto verbinden? Wir müssen Mobilität genauso flexibel, schnell, günstig, bequem und einfach verfügbar machen und dabei umweltfreundlicher. Ein Verkehrsmittel allein kann das kaum bewältigen.

Von der Mobilitäts-App zum Reisebegleiter
Auf dem Weg zum Fußballtraining mag das Rad die ideale Lösung sein. Mit ihm bei Regen zum Bewerbungsgespräch fahren? Alles andere als optimal. Die Bahn bringt Bewerber von Station zu Station, nicht aber von Haustür zu Büroeingang. In der aktuellen Corona-Situation ist die Verbreitung des Virus in einer vollen Bahn eine zusätzliche Herausforderung.

„Für Verkehrsunternehmen sind Mobilitäts-Apps wesentliche Kommunikationsschnittstellen zu ihren Fahrgästen.“

Für angenehmes Reisen ist es immer nötig, unterschiedliche Verkehrsmittel nahtlos zu verknüpfen. Neue Mobilitätsangebote, mit denen Reisende den Weg von der Haustür zur Station und von der Station zum Ziel zurücklegen, schaffen die notwendige Infrastruktur. Hier kommt auch das Auto wieder ins Spiel: Carsharing-Angebote, Taxis, bedarfsgerecht fahrende Shuttlebusse und Mitfahrgelegenheiten ergänzen das Angebot öffentlicher Verkehrsbetreiber.

Softwarelösungen wie die App Rejseplanen der dänischen Reiseauskunft von Rejsekort & Rejseplan verbinden Mobilitätsangebote so, dass Reisende optimal ans Ziel kommen. „Je nach verfügbarem Angebot können sie aus einer Vielzahl an unterschiedlichen Reiseketten wählen. Die App bietet die Möglichkeit, die Ergebnisse nach möglichst zeitnahen, schnellen oder günstigen Optionen zu filtern, so dass alle Fahrgäste die für sie individuell optimale Route finden“, erklärt meine Kollegin Imke Holtz, Projektleiterin für Rejseplanen bei HaCon, einer Tochtergesellschaft von Siemens Mobility. Während Geschäftsleute ganz einfach auf die schnellste Route zugreifen können, sehen Familien oder Studierende auf einen Blick, welche Reiseketten sie am günstigsten ans Ziel bringen – und erhalten auch im Störungsfall adäquate alternative Routenvorschläge.

Information ist der Schlüssel
Für Verkehrsunternehmen sind Mobilitäts-Apps wesentliche Kommunikationsschnittstellen zu ihren Fahrgästen. Sie ermöglichen es, Reisenden die Informationen zur Verfügung zu stellen, die für sie im Allgemeinen, zielgruppengerecht oder auch ganz persönlich relevant sind. In der aktuellen Situation gehören dazu Push-Nachrichten, die über relevante Verhaltensregeln in Bezug auf Masken und Abstandhalten aufklären. Auslastungsinformationen helfen Fahrgästen dabei, überfüllte Fahrzeuge zu meiden.

Eine im Kontext von Corona optimierte Routenplanung ist für Reisende in der aktuellen Situation besonders interessant und schließt Fußwege, Fahrrad und auch das eigene Auto mit (aktuell gesteigerter) besonderer Relevanz ein. Feedbackoptionen schaffen die Grundlage für einen aktiven Austausch zwischen Reisenden und Transportanbietern in dieser für alle besonderen Situation. Mit der Analyse von Daten, die aus Mobilitäts-Apps generiert werden, helfen wir bei der Umsetzung von Social Distancing in Zügen und Bussen. Anhand von Auslastungsprognosen können Betreiber öffentlicher Verkehrsmittel überlastete Linien präzise und schnell bestimmen, Takte erhöhen und so für mehr Platz in Fahrzeugen sorgen.

Mobiles Ticketing – wann, wenn nicht jetzt
Sich durch Tarifzonenpläne zu kämpfen, ist mühsam. Oft bleibt unklar, welcher Tarif der richtige ist. Außerdem möchte niemand viele verschiedene Tickets kaufen, auch wenn mehrere Verkehrsmittel bis zum Ziel genutzt werden. Mit Be-in/Be-out-Systemen mit Best Price-Abrechnung entfallen diese Probleme. Dabei registrieren Mobilitäts-Apps über Sensoren in den Fahrzeugen, welche Verkehrsmittel Reisende nutzen, wann sie eine Reise beginnen und wann diese endet. Anschließend berechnet das System den bestmöglichen Ticketpreis. Je nachdem, wie häufig Nutzer eine Strecke gefahren sind, rechnet die App automatisch ein Einzel-, Tages- oder Wochenticket ab. Auf diese Art und
Weise verläuft der Ticketkauf zudem kontaktlos – eine wesentliche Schutzmaßnahme in der aktuellen Corona- Situation.

„ Für angenehmes und nachhaltiges Reisen ist es immer nötig, unterschiedliche Verkehrsmittel nahtlos zu verknüpfen.“

Eine ähnliche Lösung haben die Stadtwerke Osnabrück, unterstützt von unserer Siemens Mobility Tochter eos.uptrade, gestartet. Mit einem Check-in/Be-out (CiBo)-System mit Best Price-Abrechnung checken Fahrgäste zu Beginn ihrer Reise mit einem „Swipe“ auf ihrem Smartphone ein. Der Rest der Buchung und Bezahlung läuft automatisch ab.

Mobility as a Service ist ein nachhaltiges, zukunftsfähiges Mobilitätskonzept
Auf die beschriebene Art und Weise schaffen wir ein nachhaltiges Mobilitätskonzept, das auch unter dem Namen Mobility as a Service (MaaS) bekannt ist. MaaS ermöglicht es Reisenden, unter Einsatz unterschiedlicher Verkehrsmittel flexibel, schnell, günstig und bequem von A nach B kommen. Unsere zahlreichen internationalen Projekte belegen dies schon heute. Mobility Data Analytics und die Integration von Verkehrsmitteln in das Internet of Things befähigen Verkehrsbetriebe zudem dazu, auch bei unvorhergesehenen Ereignissen zuverlässige Verbindungen anzubieten. Sie schaffen also eine zuverlässige Reisebegleitung und erhöhen damit den Reisekomfort.

Als Komponente von MaaS in Form von Carsharing, bedarfsgerechten Sammeltaxis, Mitfahrgelegenheiten und als Zu- und Abbringer zu und von Bus und Bahn spielt das Auto auch in Zukunft eine wichtige Rolle. Wesentlich für seine Umweltbilanz ist neben der Weiterentwicklung elektrischer Antriebe in Kombination mit dem Ausbau erneuerbarer Energien vor allem die gemeinschaftliche, reduzierte Nutzung. Die Integration autonomer Fahrzeuge in Reiseketten kann Mobilität in Zukunft noch effizienter machen. So sinken pro-Kopf-Verbrauch und -Emissionen, Standzeit, die Anzahl benötigter Fahrzeuge und damit der Verbrauch an Platz im öffentlichen Raum.

Keine Frage: Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen. Nachhaltige Lösungen sollten wir dabei jedoch nicht aus den Augen verlieren.

Simone Köhler, Marketing Lead Intermodal
Solutions, Siemens Mobility GmbH