Wann braucht die Bank ein Sanierungskonzept?

von Julian Opp und Maximilian Pape

Ist die Einholung von Sanierungskonzepten in Sanierungssituationen heutzutage State of the Art, gibt es doch eine Reihe ungeklärter Fragen, die die Sanierungspraxis beschäftigen. Die erste Frage ist, wann eigentlich eine „Sanierungsfinanzierung“ und wann ein bloßes haftungsunschädliches „Stillhalten“ vorliegt? Einige Oberlandesgerichte und Teile der Literatur gehen davon aus, dass ein Sanierungskredit nur bei der echten Gewährung neuer Kredite (fresh money) vorliegt. Andere Stimmen vertreten dagegen die Auffassung, dass eine „Gläubigergefährdung“ auch durch andere Maßnahmen der Bank verursacht werden kann, durch die der „wirtschaftliche Todeskampf“ des Unternehmens verlängert wird, etwa eine Prolongation oder der Verzicht auf Kündigungsrechte (Waiver), mithin jede Maßnahme, durch die dem Kreditnehmer durch eine aktive, über die bloße Vertragserfüllung hinaus gehende Entscheidung der Bank ein neues Kapital nutzungsrecht eingeräumt wird.

„ Die Praxis muss also einzelfallbezogen entscheiden, wann eine Sanierungsbedürftigkeit im Rechtssinne anzunehmen ist.“

Die zweite Frage ist die nach dem haftungsrelevanten Zeitraum, oder anders gewendet, nach dem Krisenstadium des Kreditnehmers, das ein Sanierungskonzept erforderlich macht. Hat der BGH in älteren Entscheidungen stets von einem „Stadium der Insolvenzreife“ gesprochen, hat das Gericht in einem Urteil vom 12.04.2016 (XI ZR 305/14) ausdrücklich offen gelassen, ob damit das Vorliegen eines Insolvenzeröffnungsgrundes gemeint ist. Die besseren Argumente – ein Sanierungskonzept ist etwa realistischerweise nicht innerhalb der 3-Wochen-Frist zu erstellen – sprechen dafür, die Pflicht zur Sanierungsprüfung an ein früheres Krisenstadium anzuknüpfen. Die bankaufsichtsrechtlichen Leitfäden (MaRisk, Interpretationsleitfaden zur MaRisk des Sparkassen und Giroverbandes, etc.) lassen den Instituten weitgehenden Ermessensspielraum für die Definition eines „Sanierungsfalls“; genannt werden etwa Kriterien wie das Fehlen aktueller und aussagekräftiger Informationen nach § 18 KWG, Sanierungsverhandlungen mit anderen Gläubigern oder das Vorliegen (mehrerer) Anzeichen, die auf eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse hindeuten. Die Praxis muss also einzelfallbezogen entscheiden, wann eine Sanierungsbedürftigkeit im Rechtssinne anzunehmen ist.

 

Julian Opp,
Rechtsanwalt,
Achsnick Pape Opp
Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

 

 

 

 

 

Maximilian Pape,
Rechtsanwalt,
Achsnick Pape Opp
Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

 

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