
Advertorial
Artikel aus dem Handelsblatt Journal „Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz“ vom 11.05.2023
von Sebastian Philipp
Nach der Rechtsprechung des BGH ist ein Sanierungskonzept nur dann eine taugliche Grundlage die Anfechtungs- und Haftungsrisiken auszuschließen, wenn die darin enthaltenen Maßnahmen objektiv geeignet sind, das Unternehmen „in überschaubarer Zeit durchgreifend zu sanieren“1.
Eine nähere Erläuterung, was „durchgreifend saniert“ bedeutet, enthält die Rechtsprechung nicht, und es ist daher unter anderem auslegungsbedürftig, welche Anforderungen an das Eigenkapital des zu sanierenden Unternehmens sich daraus ergeben. Kernfrage ist dabei, ob ein bestimmtes bilanzielles Eigenkapital in überschaubarer Zeit, d.h. innerhalb des Planungszeitraums, erreicht werden muss
Wirtschaftliches oder bilanzielles Eigenkapital?
Aus wirtschaftlicher Sicht gibt es häufig gute Gründe, dass am Ende des Sanierungszeitraums auch das bilanzielle Eigenkapital so weit wiederhergestellt wird, dass sich eine „gesunde“ Verschuldungsstruktur in der Handelsbilanz ergibt.
Aus rechtlicher Sicht ist das aber nicht zwingend: Unter Berücksichtigung des Gläubigerschutzprinzips, das dem Gesetz und der Rechtsprechung zugrunde liegt, reicht es aus, dass das wirtschaftliche Eigenkapital nachhaltig positiv ist. Dies kann beispielsweise auch durch einen qualifizierten Rangrücktritt im Sinne der Rechtsprechung des BGH2 erreicht werden, ohne dass die handelsrechtliche Passivierung für das qualifiziert nachrangige Fremdkapital entfällt. Entscheidend ist aus rechtlicher (Gläubigerschutz-)Sicht allein, dass das Unternehmen nachhaltig seine externen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit bedienen kann.
Fazit
Zwar ist zu berücksichtigen, dass sich aus einem hohen bilanziellen Verschuldungsgrad ggf. schlechtere Finanzierungskonditionen ergeben können. Soweit diese aber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Unternehmen getragen werden können, ist selbst ein negatives bilanzielles Eigenkapital für sich genommen kein Anlass, dem Unternehmen die Sanierungsfähigkeit abzuerkennen.3
Kernfrage ist, ob ein bestimmtes bilanzielles Eigenkapital in überschaubarer Zeit erreicht werden muss.
Sebastian Philipp, Partner, FTI-Andersch
1 Vgl. BGH, Urteil vom 21.11.2005 – II ZR 277/03.
2 Vgl. BGH, Urteil v. 05.03.2015 – IX ZR 133/14. Wichtig ist, dass die Rangrücktrittserklärung auch eine vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre enthält, da nur dann das nachrangige Fremdkapital dem Unternehmen wie Eigenkapital dauerhaft zur Verfügung steht.
3 Vgl. auch Sax/Andersch/Philipp, ZIP 2017, S. 710.
Dieser Artikel ist im aktuellen Handelsblatt Journal „Energiewirtschaft“ erschienen.
Das vollständige Journal können Sie sich hier kostenlos herunterladen:
Zum Journal