Durch die Einführung des ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) wurde laut Jens Lieser, Fachanwalt für Insolvenzrecht und Partner
der Kanzlei LIESER Rechtsanwälte, der Wettbewerb für Insolvenzverwalter deutlich verschärft. Gleichzeitig haben sich die Qualität und die Geschwindigkeit der Insolvenzabwicklung deutlich erhöht. Lieser prognostiziert, dass sich der Markt in den nächsten fünf Jahren zunehmend aufteilen wird.
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„Unsere Verantwortung gilt den Menschen und den Unternehmen“
Herr Lieser, wie würden Sie einem Laien Ihre Tätigkeit umschreiben?
Jens Lieser: Wir sind Krisenmanager für Unternehmen, die sich in einer wirtschaftlichen Notsituation befinden. Als Insolvenzverwalter sind wir von der ersten Minute an gefordert. Wir müssen schnell agieren und sofort Maßnahmen ergreifen, um das Ruder herumzureißen. Die ersten Wochen sind entscheidend. Denn hier werden die Weichen für einen Neuanfang gestellt. Das bedeutet: Wir erarbeiten zeitnah individuelle Lösungskonzepte zum Erhalt der Unternehmen und von Arbeitsplätzen.
Hat sich der Markt für Insolvenzverwalter geändert?
Lieser: Ja, – seit Einführung des ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) hat sich der Markt stark verändert. Der Wettbewerb hat sich deutlich verschärft. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Einrichtung des vorläufigen Gläubigerausschusses, der maßgeblichen Einfluss auf die Auswahl des Verwalters hat. Es obliegt nicht mehr allein den Gerichten darüber zu entscheiden, wer zum Verwalter bestellt wird. Entscheidend ist, dass die Sanierungsexpertise eines Verwalters bereits im Vorfeld möglicher Insolvenzen bei den relevanten Zielgruppen bekannt ist. Seit Einführung des ESUG haben sich die Qualität und die Geschwindigkeit der Insolvenzabwicklung deutlich erhöht.
Die Zahl der Insolvenzverfahren sinkt, die Zahl der Mitbewerber steigt stark an. Immer mehr Mitbewerber müssen sich einen kleiner gewordenen Kuchen teilen. Wie sieht Ihre Antwort auf die Herausforderungen der Branche aus?
Lieser: Qualität, Effizienz, Verlässlichkeit und Kompetenz in der Betreuung der übertragenen Mandate sind zentrale Eckpfeiler, um am Markt erfolgreich zu sein. Hinzu kommt, dass wir über die notwendige Manpower mit juristischem und unternehmerischem Know-how verfügen sowie auf ein Netzwerk aus Fachleuten zugreifen können, um schnell und zielgerichtet agieren zu können.
Sie haben die Kanzlei LIESER in den letzten Jahren konsequent von ihrem Hauptsitz in Rheinland-Pfalz ausgebaut, während andere Mitbewerber sich überregional positionieren. Warum?
Lieser: Wir verstehen uns als führende Verwalterkanzlei in Rheinland-Pfalz und sind inzwischen auch in Hessen, im Norden von Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen bis hin nach Köln vertreten. Das bedeutet, auch die Kanzlei LIESER wächst. Unser Wachstum findet mit Augenmaß statt. Nicht die Größe unserer Kanzlei steht im Vordergrund, sondern die Umsetzung unserer Ziele bei der Fortführung von erhaltenswerten Strukturen und der Sicherung von Arbeitsplätzen. Unsere Verantwortung gilt den Menschen und den Unternehmen, für die wir tätig werden und dieser Verantwortung werden wir auch gerecht. Im Übrigen sind wir ein gut aufgestelltes Team, das flexibel und damit auch in der Lage ist, erfolgreich überregional zu agieren.
Welche Chancen sehen Sie durch das neue ESUG?
Lieser: Die Sanierungsinstrumente und -möglichkeiten für insolvente Unternehmen sind durch das ESUG deutlich verbessert worden. Neben der übertragenden Sanierung eines Unternehmens durch den Verkauf an einen neuen Investor besteht auch die Möglichkeit, in Eigenverwaltungs- oder Schutzschirmverfahren die Sanierung durch Vorlage eines Insolvenzplans zu gestalten. Betroffene Unternehmer haben damit die Chance, ihr Unternehmen in Eigenregie unter der Aufsicht eines Sachwalters zu sanieren. Der Weg durch die Insolvenz wird für Unternehmer damit plan- und beherrschbarer. Insofern sind die Anreize für eine frühzeitige Antragstellung größer. Dies erhöht auch deutlich die Chancen für eine nachhaltige Sanierung.
ESUG hat die Verteilung der Verfahren auf den Kopf gestellt. Berater übernehmen das Routing mehr und mehr. Werden nun große Kanzleien angelsächsischer Prägung den deutschen Markt ‚erobern’ und damit hiesigen Insolvenzverwaltern die attraktiven Verfahren wegschnappen?
Lieser: Wie heißt es so schön: Konkurrenz belebt das Geschäft. Es werden sich diejenigen Verwalterkanzleien durchsetzen, die sich durch Expertise und Qualität einen Namen gemacht haben und im Markt bekannt sind.
Wie wird die Branche der Insolvenzverwalter in fünf Jahren aussehen?
Lieser: Der Markt wird sich zunehmend aufteilen: Es wird Verwalterkanzleien geben, die mittlere und große Unternehmensinsolvenzen im Sinne des ESUG bearbeiten. Daneben wird es die Gruppe der Insolvenzverwalter geben, die vor allem in kleineren Verfahren durch die Gerichte bestellt werden.
Jens Lieser ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und Partner der Kanzlei LIESER Rechtsanwälte