Die hochgenaue Messung von Wasserstoff – ein wichtiger Schritt in der Energiewende

Hilko den Hollander

Hilko den Hollander ist Technical Manager Global Industry Division Oil & Gas bei KROHNE

Eine entscheidende Säule der Energiewende ist die Nutzung von Wasserstoff (H2) als Energieträger. Natürlich bedingt die Nutzung auch das präzise Messen – und hier stellt Wasserstoff eine Reihe ganz eigener Anforderungen: bei Wasserstoff werden Durchfluss-Messsysteme entlang der gesamten Energie-Wertschöpfungskette eingesetzt, von der Produktion über die Schiffs-Be/entladung und den Pipelinetransport bis hin zu industriellen Verbrauchern oder der Speicherung in Salzkavernen. Je nach Produktionsverfahren und vorgesehener Anwendung hat Wasserstoff unterschiedliche Eigenschaften, und kann Verunreinigungen wie H2O, O2, CO2, CO oder CH4 enthalten. Aufgrund der Vielzahl an Anforderungen muss jede Messstelle individuell an die Anwendung angepasst werden.

Dass sich dieser Aufwand lohnt, zeigt ein Beispiel der Dow Benelux: in ihrem Bemühen um eine klimaneutrale Industrie ist Dow Benelux ein aktiver Partner in der Smart Delta Resources (SDR) Partnerschaft in Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen im flämisch-niederländischen Schelde-Delta. Ein Projekt dieser Initiative umfasst die Lieferung von H2, der in den Crackeranlagen von Dow produziert wird. Auf diese Weise wird er als Rohstoff für andere Industriestandorte in der Region zur Verfügung gestellt, gemäß dem „Green Deal on Hydrogen“, der 2016 für die Region unterzeichnet wurde.

Als effiziente, sichere und nachhaltige Art des Wasserstofftransports wurde eine bestehende 12 km lange unterirdische Transportleitung für Erdgas wieder in Betrieb genommen. Jährlich können rund 4 Kilotonnen H2 als Teil eines Gasgemisches aus H2 und Methan bereitgestellt werden. Damit lassen sich die Energieverbrauchskosten zunächst um 0,15 Petajoule (PJ) pro Jahr senken, was in etwa dem jährlichen Gasverbrauch von 3.000 Haushalten entspricht, was wiederum zu einer Reduzierung der Kohlenstoffemissionen um 10.000 Tonnen führt, und darüber hinaus Potenzial für weitere Emissionsreduzierungen bietet.

Da die Gasmessung zwischen Abnehmer und Erzeuger abgerechnet wird, war für die Pipeline ein zertifiziertes und eichpflichtiges Durchflussmessgerät erforderlich. Da Wasserstoff eine achtmal geringere Dichte als Erdgas hat, musste das Messgerät entsprechend ausgelegt und mit Dichtungen und Armaturen versehen werden, die diesen Anforderungen entsprechen. Die Pipeline wird mit einem Druck von etwa 30 bar / 435 psi betrieben. Um die Betriebskosten so gering wie möglich zu halten, musste der Druckverlust des Durchflusszählers so gering wie möglich sein. Wichtig war auch, dass das Gerät über Diagnosefunktionen für eine vorausschauende Wartung verfügt.

Als erfahrener Anbieter von Messsystemen für die eichpflichtige Durchflussmessung von Gasen und Gasgemischen mit bis zu 100 % Wasserstoff wurde KROHNE als Lieferant ausgewählt. Die Wahl fiel auf ein Ultraschall-Gasdurchflussmessgerät ALTOSONIC V12, ein 12-Strahl-Messgerät für den eichpflichtigen Verkehr von Erdgas, Wasserstoff oder verschiedenen Gasgemischen. Das Gerät erfüllte die wesentlichen Anforderungen des Kunden in Bezug auf eichpflichtige Zulassungen, medienberührte Werkstoffe, umfangreiche Diagnosefunktionen, Kalibrierung und Druckverlust.

Das Gasdurchflussmessgerät verfügt zudem über erweiterte Diagnosefunktionen, unter anderem über einen vertikalen Diagnosepfad, der Verschmutzungen am Boden des Messrohrs erkennt (Bottom-Fouling-Erkennung). Auf diese Weise kann ein genauer Blick in den Durchflussmesser geworfen werden, so dass der Kunde eine vorbeugende Wartung durchführen kann.

In enger Zusammenarbeit mit einem Kalibrierlabor hat KROHNE auch die Herausforderung der eichpflichtigen Kalibrierverfahren für Wasserstoffanwendungen gelöst. Da es bisher kein kommerzielles Labor für die Kalibrierung von Durchflussmessgeräten mit Wasserstoff gab, wurde im Labor ein ähnlicher Reynolds-Zahlenbereich gewählt, um den Betriebsbedingungen so nahe wie möglich zu kommen. Das H2/CH4-Verhältnis erforderte einen dreimal niedrigeren Druck im Labor im Vergleich zu den Betriebsbedingungen. Das Messgerät wurde bei sechs Durchflussraten kalibriert und ist nach MID MI-002 zertifiziert.

Im Ergebnis profitiert Dow Benelux von einer zuverlässigen und genauen Durchflussmessung gemäß MID MI-002. Transport und Lieferung des Wasserstoff-Methan-Gemisches können eichpflichtig abgerechnet werden, und das eingesetzte Durchflussmessgerät von KROHNE ermöglicht dank seines Diagnosepfads zur Erkennung von Verunreinigungen sowohl eine Selbstüberwachung als auch eine Prozessoptimierung.

Eichpflichtige Wasserstoff-Messung bei Dow Benelux

Ultraschall-Gasdurchflussmessgerät ALTOSONIC V12 von KROHNE in der Messstrecke