Mit Value-Based Healthcare zu einer besseren Versorgungsqualität

Wir können in den aktuellen Zeiten der Transformation einen wichtigen Trend in unserem Gesundheitssystem beobachten: Der Trend von Medizin als Institution zu einer Medizin im Behandlungs- und Gesundheitsprozess der Patientinnen und Patienten – Value-Based Healthcare. Dieser Trend reflektiert das zunehmende Bedürfnis der Patientinnen und Patienten, ihre Behandlungsreise besser zu verstehen, um diese souverän mitgestalten und mitbestimmen zu können. Dies ist der Digitalisierung geschuldet, sie bietet allen Beteiligten neue Wege der Informationsbeschaffung und Informationsvermittlung, wodurch sich das Wissensgleichgewicht zwischen Patient und Medizin verändert. Diese Veränderung muss verstanden und in unser Gesundheitssystem integriert werden.

Ein optimales Management der Behandlungsreise ist ein wesentlicher Faktor dafür, die Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern. Das gelingt nur unter Einbeziehung der Patientinnen und Patienten – und drei wesentliche Paradigmenwechsel.

  1. Die Stärkung der subjektiven Patientenperspektive in der Bewertung der medizinischen Ergebnisqualität.
  2. Die Bereitschaft zu einer kontinuierlichen Messung der Ergebnisqualität im gesamten Behandlungsprozess und Schaffung einer Transparenz auf der gesamten Behandlungsreise.
  3. Das Commitment der Leistungserbringer, die eine zentrale und orchestrierende Rolle in der Behandlungsreise der Patientinnen und Patienten spielen, zur Stärkung einer datenbasierten, qualitätsorientierten medizinischen Versorgung. Ein Commitment aber auch für eine Nutzung innovativer Medizinprodukte.

Value-Based Healthcare: Ein international erprobtes Modell

Wir von alley sehen das Value-Based Healthcare Konzept als optimales und in zahlreichen Ländern erprobtes Modell für ein patientenzentriertes und auf Ergebnisqualität orientiertes Management der Behandlungsreise.

Das Value-Based Healthcare Konzept wurde 2006 von dem amerikanischen Ökonomen Michael Porter an der Boston Harvard Business School vorgestellt und im amerikanischen Gesundheitssystem eingeführt.

Das Konzept basiert im Wesentlichen auf vier Säulen:

  1. Der Organisation der Versorgung von Patientinnen und Patienten in sogenannten Integrated Practice Units. Damit ist eine Spezialisierung der Versorgung auf jeweilige Indikationen begleitet von Assozierten Fakultäten gemeint.
  2. Der Messung medizinischer als auch patientenbezogener Ergebnisqualität, sogenannte „Outcomes“. Hierfür hat ein Internationales Konsortium von medizinischen Expertinnen und Experten das „International Consortium of Health Outcome Measurement“ (ICHOM) gegründet und für über 40 Indikationen Daten-Sets zur Messung entwickelt.
  3. Eine auf Qualitätsmessungen basierte integrierte Versorgungssteuerung, zusammen mit Leistungserbringern und Kostenträgern und mit entsprechenden Vergütungsvereinbarungen.
  4. Die Nutzung von Digitalisierung und Intelligenter Datenanalytik für umfassende Qualitätsmessungen und um die Ergebnismessungen möglichst breit zu Verfügung zu stellen, z.B. in Form von indikationsbezogenen Qualitätsregistern.

Das Value-Based Healthcare Konzept von Porter wurde 2019 durch eine EU-Expertengruppe um eine wesentliche Dimension für ein gesamthaftes Verständnis der Patientenreise ergänzt: die Einbeziehung in die Messungen der Ergebnisqualität von sozialen und mentalen Einflussfaktoren auf die Gesundheit der Patientinnen und Patienten. Diese „Social Determinants of Health“ werden bereits in verschiedenen europäischen Ländern berücksichtigt und können wesentlich zur Stärkung einer Patientensouveränität beitragen.

Value-Based Healthcare in Deutschland

Wo stehen wir in Deutschland mit dem Value-Based Healthcare Ansatz? Meines Erachtens noch ganz am Anfang.

Erfreulicherweise ist unser Gesundheitssystem durch die sich beschleunigende Digitalisierung massiv beeinflusst und verändert worden. Wir beobachten eine Dezentralisierung im Gesundheitswesen hinein in die Häuslichkeit. Digitale Gesundheits- und Versorgungsangebote sind heute nicht mehr aus dem Lebensalltag der Nutzerinnen und Nutzer wegzudenken. Sie komplementieren unsere Gesundheitsversorgung genau da, wo starke, unerfüllte Bedürfnisse auftreten.

Andererseits erleben die Patientinnen und Patienten, trotz einer hervorragenden, leitlinienbasierten medizinischen Versorgung durch ihre Ärztinnen und Ärzte, eine Vielzahl von Brüchen und Irritationen auf ihrer Behandlungsreise. Oft müssen sie sich in einem Dschungel widersprüchlicher Informationen orientieren, bei gleichzeitig steigenden analogen und digitalen Angeboten, deren Qualität sie häufig nicht bewerten können.

Wir glauben, dass eine Mitgestaltung und Mitbestimmung der Patientinnen und Patienten durch Nutzung analoger und digitaler Gesundheitsangebote das Arzt-Patienten-Verhältnis in den kommenden Jahren nachhaltig verändern wird. Neben der rein medizinischen Behandlung gewinnt das Bedürfnis eines ganzheitlichen Verständnisses ihrer Situation unter Einbeziehung der persönlichen Vorstellung von Lebensqualität zunehmend an Bedeutung.

Patientinnen und Patienten sind bereit, ihre Gesundheitsdaten digitalen Anbietern zu überlassen, sofern daraus ein Nutzen bzw. Mehrwert für die Patientinnen und Patienten entsteht. Auf Basis eines modernen Datenschutzes entsteht so ein Datenschatz, das individuelle Arzt-Patienten-Verhältnis wird um wesentliche Dimensionen erweitert, Patientinnen und Patienten können souveräner ihren Behandlungsprozess mitgestalten und mitbestimmen, weil sie über einen 360 Grad Blick darüber verfügen.

Value-Based Healthcare: Die nächsten Schritte

Welche Rolle hierbei Krankenversicherungen, die Leistungserbringer und schließlich private, digitale Gesundheitsdienstleister spielen, muss intensiv diskutiert und ausgestaltet werden. Wir glauben, dass eine analytisch-fundierte, qualitätsorientierte Vergütung auf Basis etablierter Kooperationsverträge bzw. Verträgen der Besonderen Versorgung nach § 140a SGB V das Ziel sein muss – erweitert um neue Ansätze der Versorgungsforschung und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auf Basis von Echtzeitdaten und sogenannter Real-World Evidence.

Wir danken Manuel Mandler, CEO & Founder von alley, für diesen Gastbeitrag.

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