Windkraft: Alte Anlagen ersetzen

Klimaziele mit effizienteren Windkraftanlagen an bewährten Standorten realisierbar

Der Ausbau der Windkraft kommt in Deutschland nur schleppend voran. Für eine höhere installierte Leistung braucht es neue Flächen. Aber auch der Austausch alter Windkraftanlagen durch technisch leistungsfähigere Anlagen bringt große Fortschritte. Das sogenannte Repowering könnte sogar entscheidend dazu beitragen, die Ausbauziele zu erreichen.

Bis 2035 möchte die Bundesregierung die Energieversorgung hierzulande vollständig auf erneuerbare Energien umstellen. Der schnelle Ausbau der Windenergie ist ein wesentlicher Baustein auf dem Weg zu klimafreundlichem Strom. Bei der Windenergie an Land soll der Ausbau auf bis zu 10.000 Megawatt (MW) Leistung pro Jahr steigen, bis 2030 ist eine Gesamtleistung von 115.000 MW vorgesehen. Zur Einordnung: Zum Ende des ersten Halbjahrs 2022 lag die Gesamtleistung der Windenergieanlagen an Land bei etwa 56.800 MW. Mit seinen mehr als 28.000 Anlagen gehört Deutschland zwar zu den Vorreitern bei der Onshore-Energie in Europa. 2020 lieferten Windkraftanlagen immerhin 23,5 Prozent des in Deutschland insgesamt erzeugten Stroms. Doch das Ausbautempo stockt: Im ersten Halbjahr 2022 gingen hierzulande laut dem Bundesverband WindEnergie (BWE) gerade einmal 238 neue Onshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von zusammen 977 MW ans Netz.

Weniger Anlagen, mehr Stromertrag

Fakt ist nämlich: Neue Flächen für Windkraftprojekte sind trotz der hohen Ausbauziele weiterhin knapp. Abstandsregelungen zur Wohnbebauung, intensive Bürgerbeteiligungen und komplexe Auflagen zum Natur- und Artenschutz ziehen die Planungs- und Genehmigungsverfahren nach wie vor in die Länge. Allein mit neu genehmigten Windparks ist das Ausbauziel beim derzeitigen Tempo deshalb kaum zu erreichen. Einen erheblichen Schub könnte beim Ausbau jedoch eine „Kraftwerkserneuerung“ bewirken: Beim Repowering ersetzen moderne, leistungsfähigere Anlagen alte Windkraftanlagen. Dadurch steigt die Stromerzeugung von Windparks ­– und das mit weniger Windkraftanlagen als zuvor. Eine Faustformel für Repowering-Projekte lautet: Bei einer Halbierung der Anlagenzahl lässt sich eine Verdrei- oder sogar Vervierfachung des Stromertrags erzielen.

Auch die EnBW nutzt die hohen Potenziale, die sich durch Repowering ergeben. Ein erstes Projekt ist die technologische Erneuerung des Windparks auf Flächen im Ortsteil Düsedau der Hansestadt Osterburg in Sachsen-Anhalt. Dabei werden die fünf bestehenden Windenergieanlagen komplett zurückgebaut und durch vier leistungsstärkere Anlagen ersetzt. Jede der vier Anlagen hat eine Nennleistung von bis zu 5,6 MW. Somit kann der Windpark jährlich rein rechnerisch den Strombedarf von etwa 14.500 Vier-Personen-Haushalten mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 4.000 Kilowattstunden (kWh) decken – vorher waren es etwa 2.500 Haushalte.

Das Repowering von Windkraftanlagen lohnt sich insbesondere dann, wenn ihre Förderung ausgelaufen ist und der Weiterbetrieb nicht wirtschaftlich ist. Nach 20 Jahren endet für Anlagenbetreiber die feste EEG-Einspeisevergütung für den erzeugten Strom. Tausende ältere Anlagen fallen jedes Jahr aus der Förderung und sind von der Stilllegung bedroht. Sie lassen sich aber vielfach durch neue, effizientere Windkraftanlagen ersetzen. Immerhin gehe es bis 2025 um rund 16.000 MW Windkraftleistung, hat der Branchenverband BWE ausgerechnet. Eine „nationale Repowering-Strategie“ sei nötig, um ein schnelles und effizientes Repowering zu ermöglichen und das Potenzial effizienterer Anlagen zu nutzen. Inzwischen nimmt das Repowering in Deutschland zumindest leicht Fahrt auf: 2020 lag der Repowering-Anteil an der neu installierten Windenergieleistung 27,6 Prozent, ein Jahr zuvor waren es nur 14 Prozent.

Aus alt mach neu – aber nur mit Genehmigung

Der Austausch von Altanlagen kann als sogenanntes standorterhaltendes Repowering im unmittelbaren Umfeld des vorhandenen Standorts oder in größerer Distanz zu den Altstandorten als sogenanntes standortverlagerndes Repowering erfolgen. Ein großes Hindernis war in den vergangenen Jahren, dass selbst das standorterhaltende Repowering mit Blick auf den Naturschutz, Artenschutz und Lärmschutz nahezu wie ein neues Vorhaben auf der „grünen Wiese“ behandelt wurde. Mit dem neuen „Windenergie-an-Land-Gesetz“ möchte die Bundesregierung Hindernisse beim Ausbau der Windkraft abbauen, Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigen und die Länder in die Pflicht nehmen, die dafür notwendigen Flächen bereitzustellen. Für die Energiewende wäre das ein großer Gewinn.