Wärmemarkt: Energiesparen ohne CO2-Effekt 

Kohlendioxid Reduktion im Wärmemarkt

Wärmemarkt verursacht 30 Prozent der CO2-Emissionen

Dr. Gerhard König, Sprecher der Geschäftsführung, WINGAS GmbH

Der Wärmemarkt ist das Stiefkind der Energiewende. Während sich Politik, Medien und breite Öffentlichkeit vor allem auf den Strommarkt konzentrieren, ist dieser Bereich in der Diskussion weitestgehend vernachlässigt worden. Dabei ist der Wärmemarkt für den Erfolg der Energiewende von entscheidender Bedeutung – insgesamt 30 Prozent der CO2-Emissionen Deutschlands entstehen hier.

Millionen Heizungsanlagen sind veraltet

Verantwortlich für die hohen Emissionen sind insbesondere veraltete Heizungen. Denn der deutsche Wohnungsmarkt zählt insgesamt rund 18 Millionen Bestandsbauten, von denen zwei Drittel noch vor der Wärmeschutzordnung von 1977 gebaut wurden. Ein einfacher, schneller und vor allem günstiger Weg, die entstehenden Emissionen zu senken, wäre der Austausch der veralteten Heizungskessel durch moderne Erdgasheizungen. Alleine durch diese Maßnahme könnte nach neuesten Berechnungen unseres Branchenverbandes Zukunft Erdgas eine CO2-Einsparung von bis zu 40 Prozent erreicht werden.

Die meisten Haus- und Wohnungsbesitzer entscheiden sich längst für Erdgas: Vier von fünf neu installierten Heizungen sind Erdgasheizungen. Doch dieser kostengünstige Ansatz in Sachen Klimaschutz wird durch gesetzliche Regelungen erschwert: Um Einsparziele nun auch im Wärmemarkt zu gewährleisten, bedient sich die deutsche Energie- und Klimapolitik der Energieeinsparverordnung (EnEV). Diese legt die Standards für den Energieverbrauch für Neubauten fest. So dürfen die Geräte – nach der nun in Kraft tretenden EnEV 2014 – ab kommendem Jahr nur noch 75 Prozent der bisher erlaubten Primärenergie verbrauchen. Ein Schritt, der grundsätzlich zu begrüßen ist, wenn man ihn richtig angeht.

Energiewende heißt auch Wäremewende

Im Rahmen dieser Verordnung ist der Primärenergiefaktor, der das Verhältnis von Primärenergie zu Endenergie beschreibt, das zentrale Steuerungselement für die Wahl des Energieträgers und damit auch der Heizungstechnologie. Dabei gilt: je niedriger der Primärenergiefaktor der einzelnen Technologie, desto positiver wird diese bewertet. Mit der EnEV 2014 wird jedoch der Primärenergiefaktor für Stromgeräte in Erwartung des zukünftig steigenden Anteils der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung ab Januar 2016 willkürlich von bisher 2,4 auf 1,8 abgesenkt – was bedeutet, dass strombasierte Heizungen dadurch deutlich besser gestellt werden als bislang.

Was dieser Ansatz vollkommen übersieht: Der Anteil erneuerbaren Stroms steht nur bedingt mit den CO2-Gesamtemissionen der Stromerzeugung in Zusammenhang. Obwohl die erneuerbaren Energien massiv ausgebaut wurden, haben sich die CO2-Emissionen aufgrund der gestiegenen Kohleverstromung kaum reduziert. Der willkürlich festgelegte Primärenergiefaktor suggeriert jedoch genau das Gegenteil. Die einseitige Absenkung des Primärenergiefaktors für Stromgeräte führt damit nicht nur zu einer Fehlallokation, sondern gegenwärtig vielmehr zu einer Energieeinsparung ohne Effekt auf die CO2-Emissonen.

Insgesamt führt dies zu einer unberechtigten Benachteiligung von klassischen Energieträgern: Ab 2016 werden beispielsweise günstige Standard-Heizlösungen auf Erdgasbasis für den Neubau, wie Brennwertkessel in Kombination mit Solarthermie, gegenüber elektrisch betriebenen Wärmepumpen zurückgesetzt, die automatisch einen besseren Primärenergiefaktor zugeordnet bekommen und damit die um 25 Prozent höheren Anforderungen erfüllen.

Der Wärmemarkt braucht einen vernünftigen regulatorischen Rahmen

Dabei müssten sich die gesetzlichen Vorgaben vielmehr an der tatsächlichen Senkung der CO2-Emisionen orientieren – ohne jedoch die Wirtschaftlichkeit aus den Augen zu verlieren. Rechnungen für den Heizwärmemarkt zeigen, dass die CO2-Vermeidungskosten, die Kombination beider Aspekte, bei modernen Erdgastechnologien im Vergleich zu Wärmepumpen oder auch Pelletheizungen besonders niedrig sind.

Wie alle wissen, hat sich Deutschland mit der 40-prozentigen Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen bis 2020 ein ambitioniertes Klimaziel gesetzt. Um das Potenzial des Wärmemarktes in der CO2-Vermeidung zu heben, muss die Energiewende auch zur Wärmewende werden – und zwar mit einem regulatorischen Rahmen, der auch tatsächlich zu einer kosteneffizienten Senkung der Treibhausgas-Emissionen führt.

Dr. Gerhard König Im Rahmen der 23. Handelsblatt Jahrestagung Energiewirtschaft 2016 wird Dr. Gerhard König, gemeinsam mit drei weiteren Energieexperten, an der Diskussionsrunde „Executive Circle – Strategische Agenda 2016/2017 ff.“ teilnehmen. Die Diskussionsrunde findet am 20.01.2016, dem zweiten Konferenztag, statt. Weitere aktuelle Artikel zur Energiewirtschaft finden Sie auch in unserem aktuellen Newsletter.

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