Stadtwerke: Der steinige Weg vom Energieanbieter zum Dienstleister

Dr. Susanna Zapreva, Vorstandsvorsitzende, enercity – Stadtwerke Hannover AG

#hbenergie-Experteninterview mit Dr. Susanna Zapreva (enercity)

Die Stadtwerke-Branche steht unter einem enormen Veränderungsdruck. Wie kommunale Energieversorger den Spagat zwischen Transformation und Aufrechterhaltung des Kerngeschäfts meistern können, lesen Sie im #hbenergie-Experteninterview mit der Vorstandsvorsitzenden der Stadtwerke Hannover AG (enercity), Dr. Susanna Zapreva.

Frau Dr. Zapreva, wie sehen Sie die momentanen politischen Rahmenbedingungen für Stadtwerke?

Zur Erreichung der Klimaschutzziele der Bundesregierung muss die CO2-Reduktionsrate fast verdreifacht werden. Unsere Branche steht unter enormem Veränderungsdruck. Nach dem Ausstieg aus der Atomenergie ist der Ausstieg aus der Kohlekraft in aller Munde. Nach der Stromwende sind die Wärmewende und die Mobilitätswende vorprogrammiert. Der Kostendruck auf die Netze wird immer stärker. Die Regulierung greift in allen Bereichen des aktuellen Geschäftes der Stadtwerke ein. Diese Rahmenbedingungen bieten aber auch Chancen. Es sind jedoch neue Denkmuster erforderlich, um die Herausforderungen der Zukunft zu lösen.

Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit Stadtwerke nach wie vor erfolgreich operieren können?

Stadtwerke als regionale Versorgungs- und Infrastrukturanbieter operieren derzeit in einem sehr dynamischen Umfeld, der sich daraus ergibt, dass sich die Rahmenbedingungen sehr schnell ändern. Das führt dazu, dass die strategischen Stoßrichtungen sehr oft einer Überprüfung und Adaption unterliegen. Und es sind nicht nur die rechtlich regulatorischen Rahmenbedingungen, sondern auch die wirtschaftlichen und ökologischen. Hier ist mehr Stabilität erforderlich, damit die betroffenen Menschen diesen Weg auch gehen können.
Darüber hinaus brauchen wir mehr Transparenz im Marktgeschehen, die zwangsläufig zu mehr Effizienz führt. Möglichkeiten der Sektorkopplung, Möglichkeiten dezentraler Lösungen und vielen Mehr müssen regulatorisch stärker auf Stadtwerke ausgerichtet sind, damit die Energiewende ein Erfolg ist.
Darüber hinaus ist vor allem Investitionssicherheit erforderlich. Die regulatorischen Rahmenbedingungen sind oft in diesen Bereichen nicht optimal.

Welche Punkte sollten auf der strategischen Agenda des Managements eines Stadtwerkes stehen?

Das muss Jeder für sich entscheiden. Die Geschäftsfelder und die Möglichkeiten in der Energiebranche entwickeln sich mit einem enormen Tempo und sind vielfältig. Der Wettbewerb um Kunden ist deutlich härter geworden und die Bedeutung von digitalen Geschäftsmodellen nimmt zu. Nicht jeder kann alle Themen besetzen. Welche die vielversprechenden Zukunftsgeschäftsfelder sind und welche Efferenzen im Kerngeschäft möglich sind, muss Jeder individuell entscheiden. Die Hauptthemenschwerpunkte sind aber die Digitalisierung, die Wärme- und die Mobilitätswende und das Thema Prozessexzellenz. Hierbei muss es aber gelingen alle diese Themen aus Kundenperspektive zu betrachten. Denn in allem was wir tun muss der Kunde an erster Stelle stehen.

Welche großen Herausforderungen sehen Sie in den nächsten 5 Jahren auf die Stadtwerke zukommen?

Unsere Branche ist einem starken Transformationsprozess ausgesetzt, der neue Strategien, andere Kulturen und neue Strukturen bedarf. Das Management solcher Transformationen ist meiner Ansicht nach die größte Herausforderung, der wir uns stellen müssen.
Fähigkeiten wie das Managen von Unsicherheit, das Entfalten von Innovationskraft oder der kulturelle Wandeln weg von Sicherheit, hin zu Fehlertoleranz und Flexibilität sind uns als Branche nicht angeboren, daran müssen wir hart und vor allem schnell arbeiten. Denn der Weg von Energieanbieter hin zu Dienstleister ist ein Langer und Steiniger.
Dennoch bin ich davon überzeugt, dass die Chancen überwiegen und wir den Weg erfolgreich bestreiten werden.


Zur Person:

Dr. Susanna Zapreva ist Vorstandsvorsitzende der Stadtwerke Hannover AG (enercity). Von 2009 bis zu ihrem Wechsel zur enercity-Stadtwerke Hannover AG im März 2016 war Dr. Zapreva Geschäftsführerin der Wien Energie GmbH und hatte einige Aufsichtsrats- und Beiratsfunktionen inne.

Das Interview mit Dr. Susanna Zapreva finden Sie, neben vielen weiteren aktuellen Top-Themen der Energiebranche auch in unserem interaktiven Magazin „Schnittstelle Energie“.

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