Mit CCS die deutsche Industrie dekarbonisieren

Margarethe Kleczar

Von Margarethe Kleczar, VP Carbon Management and Hydrogen bei Wintershall Dea

Wintershall Dea engagiert sich verstärkt in der langfristigen und sicheren unterirdischen Speicherung von CO2 (Carbon Capture and Storage, CCS) in der Nordsee – zum Beispiel in Dänemark und Norwegen.

Warum tun wir das? Ganz einfach: Ein Teil der Treibhausgasemissionen lässt sich durch Vermeidungsmaßnahmen nicht weiter reduzieren, etwa in Industrien wie Stahl, Chemie und Zement. Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen und gleichzeitig Unternehmen und Arbeitsplätze in diesen Branchen in Deutschland und Europa halten wollen, müssen wir möglichst frühzeitig deren CO2-Emissionen auffangen und unter dem Meeresboden speichern. Genau das ermöglicht CCS – und leistet damit einen Beitrag zum Erhalt des Industriestandorts Deutschland und Europa. Auch die Politik hat erkannt, dass CCS essentiell für das Erreichen der Klimaziele ist. So befürwortet neben Europa inzwischen auch das Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium dessen Einsatz, um Deutschland bis 2045 treibhausgasneutral zu machen.

Hinzu kommt: CCS ist notwendig, um den Hochlauf des Wasserstoffmarkts voranzutreiben. Denn Wasserstoff aus Erneuerbaren wird zunächst nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Bis 2030 wird der H2-Bedarf laut Prognosen auf 90 bis 110 TWh ansteigen. Der von der Bundesregierung favorisierte Wasserstoff aus Erneuerbaren wird 2030 aber nur auf rund 28 TWh pro Jahr kommen. Hier könnte  Erdgas einspringen, um  große Mengen Wasserstoff zu produzieren. Das dabei anfallende CO2 müsste aufgefangen und gespeichert werden.

Für Wintershall Dea ist das CCS-Engagement eine logische Erweiterung unseres Tätigkeitsfeldes. Denn wir verfügen über geologisches Wissen sowie Offshore-Lagerstätten für die Einlagerung von CO2 – und wir wollen in Europa länderübergreifende CCS-Wertschöpfungsketten aufbauen, um unseren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

In Deutschland bestehen derzeit noch rechtliche Hürden, etwa um das Kohlendioxid zu Lagerstätten außerhalb Deutschlands zu transportieren. Deutschland müsste beispielsweise das London-Protokoll ratifizieren und bilaterale Abkommen mit CO2-Empfängerländern abschließen. Dänemark und Belgien haben im Oktober ein solches Abkommen geschlossen, das den Transport von CO2 über Landesgrenzen hinweg ermöglicht. Diesem Beispiel könnte auch Deutschland folgen, um als Industriestandort wettbewerbsfähig zu bleiben.

In Norwegen wie auch in Dänemark ist Offshore-CCS politisch und gesellschaftlich akzeptiert. In beiden Ländern sind bereits Projekte – auch mit Beteiligung von Wintershall Dea – gestartet.

CO2-Einlagerung in dänischer Nordsee

In Dänemark sind wir Partner des Projekts Greensand, wo schon Anfang 2023 unter wissenschaftlicher Begleitung eine erste CO2-Einlagerung unter dem Meeresboden erfolgen soll. Bis zu 8 Millionen Tonnen CO2 aus der Industrie könnten ab 2025 jährlich nahe des Ölfelds Siri in der dänischen Nordsee umweltverträglich gespeichert werden – das entspricht einem Viertel der dänischen CO2- Emissionen.

Zudem wollen wir uns am Projekt Greenport Scandinavia beteiligen: Dieser Zusammenschluss von Unternehmen plant nahe Hirtshals an der dänischen Nordseeküste einen CO2-Hub aufbauen. Dort sollen pro Jahr rund 1,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid aus dänischen Biogasanlagen zwischengespeichert und anschließend in Richtung Greensand gebracht werden.

CO2-Pipeline nach Norwegen

Neben Dänemark verfolgen wir auch CCS-Aktivitäten in Norwegen, denn dort befinden sich zahlreiche für die Einlagerung von Kohlendioxid geeignete Lagerstätten – zum Beispiel die Struktur Luna, für die Wintershall Dea erst kürzlich eine CO2-Speicherlizenz erhalten hat.

Um die Entwicklung einer umfassenden Wertschöpfungskette für die Abscheidung, den Transport und die untermeerische Speicherung von CO2 voranzutreiben, haben sich Wintershall Dea und Equinor im Projekt „NOR-GE“ zusammengeschlossen. Die Projektpartner wollen Deutschland, den größten CO2-Emittenten in Europa, mit Norwegen, das über das höchste CO2-Speicherpotenzial in Europa verfügt, verbinden. In einer späteren Phase ist geplant mit einer rund 900 Kilometer langen Pipeline den geplanten CO2-Hub in Wilhelmshaven mit den Speicherstätten in Norwegen verbinden. Sie soll eine Transportkapazität von jährlich 20 bis 40 Millionen Tonnen CO2 besitzen, was etwa zwanzig Prozent der gesamten deutschen Industrieemissionen pro Jahr entspricht. Ein wichtiger Beitrag zur Dekarbonisierung der hiesigen Industrie.