Mehr Tempo in der Klimaund Energiepolitik – Weichenstellungen für 2030

Mehr Tempo in der Klimaund Energiepolitik – Weichenstellungen für 2030

Artikel aus dem Handelsblatt Journal „ENERGIEWIRTSCHAFT“ vom 31.08.2022

von Stefan Wenzel

Die Unwetterkatastrophen der jüngsten Zeit haben uns deutlich vor Augen geführt: Der Klimawandel ist da, und die daraus resultierenden Schäden sind enorm. Im Kampf gegen die Erderwärmung müssen wir daher unsere Anstrengungen erhöhen, national und global. Die Handlungsoption der befristeten Verstromung von Kohle ist klimapolitisch ein halber Schritt zurück.

Das ist uns bewusst, wenngleich durch das Emission Trading System (ETS) die Emissionen gedeckelt bleiben. Deutschland hat jedoch mit dem Ziel der Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 ein starkes Zeichen gesetzt. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir unsere Energieversorgung umfassend transformieren und dabei  insbesondere den Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich beschleunigen. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine verdeutlicht zudem, dass die Energiewende auch eine Frage von Sicherheit und Unabhängigkeit für unser Land ist. Der Umbau unserer Energieversorgung ist dadurch dringlicher denn je.

Wichtige Schritte zum Ausbauziel 2030

Die Bundesregierung begegnet dieser Aufgabe mit der größten energiepolitischen Novelle seit Jahrzehnten. Im Juli 2022 hat der Deutsche Bundestag ein umfassendes Gesetzespaket verabschiedet. Herzstück dabei ist die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), mit der wir den Anteil der erneuerbaren Energien im Jahr 2030 auf mindestens 80% des Stromverbrauchs erhöhen wollen; aktuell liegt er bei ca. 49%. Allein die Leistung von Windenergie an Land soll dazu auf bis zu10 GW  pro Jahr gesteigert werden, bei Photovoltaik sogar auf bis zu 22 GW jährlich. Im letzten Jahr lag der Ausbau bei ca. 1,6 GW Windenergie an Land und ca. 5 GW bei Photovoltaik. Dies verdeutlicht den Ambitionsgrad unserer Ziele, aber vor allem die Kraftanstrengung, vor der wir stehen!

Weitere Maßnahmen sollen dazu beitragen, das Ausbauziel 2030 zu erreichen, wie u.a. die Bereitstellung neuer Flächen für Photovoltaik, eine Ausweitung der finanziellen Beteiligung von Kommunen und eine Stärkung der Bürgerenergie. Einen wichtigen Beitrag werden auch die neu eingeführten verbindlichen Flächenziele der Bundesländer für den Ausbau der Windenergie an Land leisten. Darüber hinaus haben wir Planungs- und Genehmigungsverfahren verschlankt, um den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze zu beschleunigen. Auch der Bundesbedarfsplan für den Ausbau der Übertragungsnetze wird aktualisiert und durch neue Projekte ergänzt.

Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien kommt der Energieeffizienz eine zentrale Rolle zu. Insbesondere in der aktuellen Krisenzeit merken wir, wie kostbar Energie ist. Bereits in der Eröffnungsbilanz hat Bundesminister Habeck zu Beginn des Jahres festgehalten, dass wir beim Energiesparen mehr Fortschritt benötigen, um unsere Klimaziele einzuhalten. Hierfür bereiten wir u.a. Förderangebote für den Gebäude- und Industriebereich (u.a. BEG, EEW, BEW) und neue gesetzliche Standards (z.B. GEG) vor.

Der Umbau unserer  Energieversorgung ist dringlicher denn je.

Versorgungssicherheit hat Priorität
Zu einer erfolgreichen Energiewende gehört darüber hinaus, dass unsere Versorgungssicherheit stets gewährleistet ist und dass Energie für alle bezahlbar bleibt. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine führt hier zu enormen Herausforderungen, die viele Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen beschäftigt. Wir nehmen diese Sorgen ernst und haben bereits zahlreiche Vorkehrungen getroffen, um auch im Herbst und Winter 2022 eine sichere Versorgung mit Energie sicher zu stellen. Dazu zählt die Möglichkeit, für eine Übergangszeit wieder verstärkt Kohle zur Verstromung zu nutzen. Uns ist klar, dass dies klimapolitisch ein halber Schritt zurück ist, auch wenn die Emissionen durch das Emission Trading System (ETS) gedeckelt sind. Manchmal muss man aber einen halben Schritt zurückgehen, um danach wieder umso schneller voranschreiten zu können. Um die Preissteigerungen im Energiebereich abzufedern, haben wir vielfältige Entlastungsmaßnahmen beschlossen, u.a. die vollständige Abschaffung der EEG-Umlage. 2022 ist ein historisches Jahr für die Klima- und Energiepolitik Deutschlands. Wir haben die Weichen dafür gestellt, dass die Energiewende schneller vorankommt. Wahrscheinlich werden noch weitere Herausforderungen in den kommenden Wochen und Monaten auf uns zukommen. Ich bin jedoch überzeugt, dass wir als Gesellschaft diese Bewährungsprobe gemeinschaftlich meistern und lade Sie herzlich ein, sich aktiv an der Erreichung unseres übergeordneten Klimaziels 2045 zu beteiligen.

Stefan Wenzel, MdB, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

Dieser Artikel ist im aktuellen Handelsblatt Journal „ENERGIEWIRTSCHAFT“ erschienen.

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