Mangelt es der Energiebranche an Risikokultur?
#HBEnext-Expertentalk mit Malte Kalkoffen

Mangelt es der Energiebranche an Risikokultur? #HBEnext-Expertentalk mit Malte Kalkoffen

Als Gründer und Geschäftsführer des innovativen Hamburger Startups endios GmbH weiß Malte Kalkoffen, dass der Erfolg eines Unternehmens oder Produktes nicht selten von einem digitalen Mindset und der Bereitschaft zum Risiko abhängt.

#HBEnext-Expertentalk mit Malte Kalkoffen

Herr Kalkoffen, welche drei Attribute muss ein guter Vorstand mitbringen und welche Eigenschaften sind eher Stolperfallen auf der Karriereleiter?

Gute Frage, ich war ja noch nie Vorstand. Aber ich versuche mich einmal so zu nähern: Was würde ich mir von einem Vorstand wünschen? Dazu muss man wahrscheinlich etwas ausholen und sich überlegen, in welchem Kontext und vor welchen Herausforderungen das Unternehmen und die Mitarbeiter stehen, die er führt. Digitalisierung ist aus meiner Sicht im Wesentlichen ein Kulturwandel von einer Prozessorientierung hin zu realen Produkten. Das bedeutet vor allem mit Unsicherheit umgehen zu können. Unsicherheit ist Risiko bei der Entwicklung von Produkten, aber auch Unsicherheit bei den Mitarbeitern über die Zukunft. Der Vorstand muss das Leben und den Umgang mit Unsicherheit bzw. Risiko vorleben. Er muss es tolerieren, ja sogar fördern, dass ‚gute’ Fehler gemacht werden. Dazu ein Beispiel aus der Energiebranche, wie unterschiedlich der Umgang mit Risiko gelebt wird: Bei der Exploration eines Ölfeldes werden viele Bohrungen durchgeführt. Manche produzieren allerdings nichts. Ist das nachteilhaft für den verantwortlichen Ingenieur? Gehen wir in der Strom-/ Gaswirtschaft mit unseren Produktmanagern vergleichbar um?

Was zeichnet Ihrer Ansicht nach ein „digitales Mindset“ aus?

Ein „digitales Mindset“ bedeutet für mich, zwei Eigenschaften mitzubringen: immer vom Kunden aus zu denken und schnell zu sein. Wir bauen keine Kraftwerke mehr die, einmal gebaut, 30 Jahre am Netz sind. Idealerweise können wir alle zwei Wochen ein neues Feature bereitstellen. Das heißt aber im Rückschluss auch, dass wir alle zwei Wochen alte Zöpfe abschneiden müssen. Genau damit tut sich die Branche besonders schwer. Beispielsweise werden pro Tag nur noch rund 6 Minuten mit Printmedien verbracht, trotzdem wandert der Großteil der Marketingbudgets vieler Stadtwerke noch da hin.

Kann die Energiebranche von Quereinstiegen und Branchenfremden profitieren und wenn ja wie?

Ich glaube, jedes Unternehmen profitiert von Austausch und neuen Impulsen. Die Frage ist nur, an welchen Stellen sie besonders wichtig und notwendig sind, um zukünftig wettbewerbsfähig zu sein. Ich glaube, die entscheidendere Frage ist, was die Branche tun kann, um für Branchenfremde attraktiv zu sein? Für Schlüsselstellen und -qualifikationen herrscht ein regelrechter Krieg um Talente. Wer sich dessen nicht bewusst wird, bekommt genau die „Talente“, die andere nicht wollten. Klassische „Adverse Selection“ eben. Ich würde nur ungern im Wettbewerb stehen mit Talenten zweiter Klasse.

Wird Digital Natives in den Energieunternehmen genügend Gehör geschenkt?

Zuhören würde ich nicht als Problem der Branche bezeichnen. Auf den diversen Kongressen hört man ja seit einiger Zeit viel über Digitalisierung. Die Frage ist eher, wie umsetzungsstark die Branche ist. Und das wiederum hat mit der Risikokultur und der Bereitschaft, Risiko einzugehen, zu tun. Das ist aus meiner Sicht noch nicht stark ausgeprägt. Wobei man hier bedenken muss, dass alle bereit sein müssen, Risiken zu tragen: sowohl das Management als auch der Aufsichtsrat bzw. die Eigentümer.

Welche aktuelle Entwicklung stimmt Sie im Hinblick auf die Zukunft der Energiebranche besonders positiv?

Langsam scheint es angekommen zu sein, dass die schönen alten Zeiten vorbei sind und wir uns auf eine härtere, wettbewerbsintensive Zukunft vorbereiten müssen. Das ist zumindest ein guter erster Schritt.


Über:

Malte Kalkoffen ist Gründer & Geschäftsführer der endios GmbH. Das innovative Hamburger Startup-Unternehmen entwickelt Apps für kommunale Energieversorger, Städte und Gemeinden. Am 25. Januar 2017 spricht Malte Kalkoffen im Rahmen des Future Leader Program über Do’s & Dont’s in der Zusammenarbeit zwischen Startups und Energieversorgern.

Das Future Leader Program richtet sich an Führungskräfte und Vorstände von morgen.