Interviewreihe: 3 Fragen an… Ilona Ludewig, Gründerin, 4hundred

Im Rahmen des Handelsblatt Energie-Gipfels 2021 sprachen wir mit den Referenten, Machern und Vordenkern aus der Energiewirtschaft vorab über die Digitalisierung, den Stand der klimaneutralen Energieversorgung und die Auswirkungen der Corona Pandemie auf den Sektor.

Was sind die größten Hindernisse bei der Digitalisierung der Energiewirtschaft bzw. für Ihr Unternehmen und welche Technologien können heute schon gewinnbringend eingesetzt werden?

Deutschland hat bei der Innovation so viel aufzuholen. Als Nation der Macher von Dingen, die man anfassen kann (vor allem Autos), hinken wir einfach hinterher bei den Dingen, die man nicht anfassen kann (Service, Software). So richtig vorwärts mit der Innovation geht’s erst dann, wenn es andere so gut vormachen, dass der eigene Umsatz ernsthaft gefährdet ist:

Dass sich in der deutschen Automobilindustrie etwas tut in Richtung e-mobility, ist einem amerikanischen Start-up zu verdanken; dass man in Deutschland nun auch dafür bezahlt wird, Strom zu verbrauchen, weil aktuell zu viel davon im Netz ist, verdanken wir den Schweden.

Seien wir doch mal ehrlich: Energieversorgung ist letztlich doch einfach eine Frage des gekonnten Umgangs mit Daten: Wer beliefert welchen Zähler mit wieviel Energie zu welchem Preis zu welcher Zeit. Und wer das am genauesten machen kann (dank Tech), dabei seinen eigenen Laden am schlanksten hält (dank Geschäftsmodell) und wirklich guten Kundenservice bietet (dank ehrlicher Menschlichkeit), gewinnt loyale Kunden und hat langfristig die Oberhand.

In allen 3 genannten Bereichen top zu sein ist nicht leicht, wenn man ein traditionelles Geschäftsmodell hat, das auf Personal zählt anstatt auf digitale Power. Junge Unternehmen haben da einfach einen Vorteil – sie können ohne Altlasten in den Markt einsteigen und alle Prozesse von Anfang an schlank und digital halten. 

Neueinsteiger in den Markt zeigen: wenn man den richtigen tech stack hat, kann man Kunden das bieten, was bisher den grossen Energieunternehmen vorbehalten war: direkt etwas von den Vorteilen der schwankenden Preise zu haben. Diese Vorteile direkt ins Geschäftsmodell einzubauen und Verbraucher am Gewinn teilhaben zu lassen. Das hat man bisher in Deutschland leider viel zu wenig gesehen. 

Um langfristig im modernen Energiemarkt erfolgreich zu sein, braucht es meiner Meinung nach 2 Dinge: Leute mit dem richtigen Mindset (teilweise müssen wir die aber erst noch ausbilden!) und den Willen und die Möglichkeit der Unternehmen, ihre eigenen technischen Voraussetzungen ständig kritisch zu hinterfragen und zu optimieren. Die technologische Entwicklung schreitet in Riesenschritten voran und bietet so immer mehr Möglichkeiten für immer bessere Effizienz, man muss es nur wollen.

Was ist noch zu tun auf dem Weg zur klimafreundlichen Energieversorgung?

Deutschland war ein Vorreiter beim Thema „grün“, hinkt aber inzwischen ganz schön hinterher in puncto Ambition. Strom ist in Deutschland richtig teuer: bis zu dreimal so teuer wie in anderen europäischen Märkten. Wie ich immer wieder sage, glaube ich, dass wir als Verbraucher direkt zur Energiewende beitragen, je mehr Strom wir verbrauchen. Das hört sich vielleicht erst einmal verrückt an, aber: wenn wir alle beim Heizen von Gas auf Strom umstellen und elektrisch fahren und kochen, verbrauchen wir weniger fossile Brennstoffe. 

Damit die Menschen das aber wirklich im grossen Stil machen, muss Strom aber auch wirklich attraktiv sein. Ganz einfach geht das, wenn man Strom zum günstigsten Kraftstoff macht. Hier kann meiner Meinung nach noch sehr viel getan werden.

Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf den Energiesektor bzw. auf Ihr Unternehmen aus?

Energieunternehmen sind in der glücklichen Lage, die Menschen weiterhin und jetzt ja sogar noch mehr direkt in ihrem Leben zu unterstützen. 

Wir liefern unsere Ware ja direkt ins Hause und da die meisten nun von zu Hause arbeiten, bedeutet das, nicht nur das private, sondern auch das berufliche Leben zu powern. Energieversorger haben so mehr das Ohr des Verbrauchers; dieser ist ja nun selbst gefragt, die beste Versorgung nicht nur für sein Zuhause, sondern auch das Arbeitsumfeld auszuwählen.

Bis auf die rein praktische Hürde des Aufwands der Umsetzung der MwSt-Änderung (das war aufwändig), haben wir durch die Pandemie keine Nachteile gespürt. 

 

Vielen Dank für das Interview an Ilona Ludewig.