Interviewreihe: 3 Fragen an… Dr. Jörg Bergmann, Sprecher der Geschäftsführung, OGE

Im Rahmen des Handelsblatt Energie-Gipfels 2021 sprachen wir mit den Referenten, Machern und Vordenkern aus der Energiewirtschaft vorab über die Digitalisierung, den Stand der klimaneutralen Energieversorgung und die Auswirkungen der Corona Pandemie auf den Sektor.

Was sind die größten Hindernisse bei der Digitalisierung der Energiewirtschaft bzw. für Ihr Unternehmen und welche Technologien können heute schon gewinnbringend eingesetzt werden?

Eine wesentliche Herausforderung bei der Digitalisierung liegt in der Weiterentwicklung der Unternehmenskultur und des individuellen Mindsets. Unternehmen der Energiewirtschaft, so auch wir, sind der Versorgungssicherheit verpflichtet und tendieren dazu, auf bekannten Pfaden zu bleiben und wenig Experimente zu wagen. Im operativen Betrieb von Pipelines ist das auch durchaus eine wichtige Tugend, für die Ausrichtung auf zukünftige Anforderungen aber eher hinderlich.

Mit der 2018 verabschiedeten neuen Strategie, die auch auf Innovation und Digitalisierung abzielt, haben wir bei OGE eine Kulturinitiative gestartet, die aktuell insbesondere die Dimensionen ‚Lernen‘ und ‚Fehlerkultur‘ betont.

Durch ein sogenanntes „Digital Expert Program“ haben wir in allen Fachbereichen digitales Know-how aufgebaut. Die Digital Experts erfassen und lösen agil in Product Teams Probleme in ihren Bereichen über digitale MVP’s (minimal viable products). Im Erfolgsfall wird der Use Case über ein Umsetzungsprojekt skaliert.

Ganz konkret setzen wir gewinnbringend Robotic Process Automation zur Optimierung von kaufmännischen Prozessen, Virtual Reality für Abstimmungen im Design Review bei Bauvorhaben, Augmented Reality für Remote Support, Künstliche Intelligenz für Überwachung von Sensoren (z.B. Korrosionsschutz) und selbstlernende Analytics für automatische, digitale Erkennung eines Baggerkontakts bei unseren Leitungen ein.

Was ist noch zu tun auf dem Weg zur klimafreundlichen Energieversorgung?

Für eine klimafreundliche Energieversorgung ist Wasserstoff neben erneuerbarem Strom als Dekarbonisierungsoption der Volkswirtschaft die tragende Säule. Wichtig dafür ist, dass wir jetzt den Markthochlauf schaffen. Dann kann Wasserstoff in den 2030er Jahren großskalig und wettbewerbsfähig innerhalb und außerhalb Europas ohne Subventionen erzeugt werden. Damit Deutschland Leitanbieter für (grüne) Wasserstofftechnologien wird, braucht es v.a. drei Dinge: Es gilt erstens, die gesamte Wertschöpfungskette inklusive der Transportinfrastruktur als verbindendes Element zwischen Erzeugung und Anwendung zu betrachten. Zweitens brauchen wir in Anbetracht der Vorlaufzeiten schnelle politische Entscheidungen noch in dieser Legislaturperiode statt langwieriger Grundsatzdebatten – auch zur Regulierung öffentlich zugänglicher Wasserstoffnetze. Drittens muss sich Politik klar zum marktwirtschaftlichen Zielmodell für Wasserstoff – mit liquiden, internationalen Handelsmärkten, Wahlmöglichkeiten für Kunden, Versorgungssicherheit (auch über Importe) und öffentlich-zugänglichen Wasserstoffnetzen bekennen. Klar ist: Ohne Wasserstoff-Wirtschaft keine erfolgreiche Energiewende und keine Erreichung verbindlicher Klimaschutzziele!

Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf den Energiesektor bzw. auf Ihr Unternehmen aus?

Gesundheit und Versorgungssicherheit haben für OGE immer höchste Priorität – so auch im Verlauf der Corona-Pandemie. Wir haben zu Beginn präventive Maßnahmen zum Schutz von Mitarbeitern und zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs implementiert und im Zeitablauf verfeinert, bewerten regelmäßig die Maßnahmen in Abhängigkeit der Pandemieentwicklung und passen sie gegebenenfalls an. Als Betreiberin einer systemrelevanten Infrastruktur verfügt OGE über etablierte und funktionierende Systeme zum Krisen- und Notfallmanagement, die auch in dieser Sondersituation eine Versorgung mit Erdgas in Kooperation mit den anderen Netzbetreibern zuverlässig sicherstellen. OGE arbeitet kontinuierlich daran, unser bewährtes Krisen- und Notfallmanagement über die COVID-19-Pandemie hinaus kontinuierlich auf höchstem Niveau weiterzuentwickeln.

 

Vielen Dank für das Interview an Dr. Jörg Bergmann