Interviewreihe: 3 Fragen an… Anja-Isabel Dotzenrath, CEO der RWE Renewables

Im Rahmen des Handelsblatt Energie-Gipfels 2021 sprachen wir mit Anja-Isabel Dotzenrath, CEO der RWE Renewables, über den weltweiten Wettbewerb um Erneuerbare Energien, die Rolle des deutschen Marktes und die Bedeutung von technologischer Innovation für das Geschäft.

Wie beurteilen Sie den weltweiten Wettbewerb um Erneuerbare Energien und künftige Wachstumspotenziale für RWE?

Klimaneutralität ist das große Ziel. Um das zu erreichen, müssen die Erneuerbaren Energien weiter massiv ausgebaut werden und das weltweit. Dabei geht es nicht nur darum, die heutige Stromversorgung sukzessive CO2-frei zu machen. Viele Bereiche unseres Lebens wie Mobilität und Wärme werden elektrisch, so dass die Stromnachfrage deutlich steigen wird. Zusätzlich kommt grüner Wasserstoff als weiterer Wachstumsimpuls für Erneuerbare Energien hinzu. Er ist ein Schlüssel für die erfolgreiche Dekarbonisierung der Industrie. Der Markt ist also attraktiv und das Potenzial riesig. Da ist noch viel Platz für Wettbewerb. Dabei ist Größe entscheidend für den Erfolg. Im Zeitraum von 2019 bis 2022 investieren wir bei RWE zusammen mit Partnern brutto 8 bis 9 Milliarden Euro in den globalen Ausbau unseres Portfolios an Windkraft- und Solaranlagen sowie Batteriespeichern; netto sind das fünf Milliarden Euro. Unsere Fokusregionen sind Europa, Nordamerika und der asiatisch-pazifische Raum.

Sie investieren weltweit. Welche Rolle spielt für Sie der deutsche Markt?

Der Klimawandel ist global, der Markt für Erneuerbare Energien ist es auch. Natürlich fühlen wir uns unserem Heimatmarkt Deutschland in besonderer Weise verbunden. Bis 2022 werden wir dort etwa 1 Mrd. Euro netto in Erneuerbare Energien investieren. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, gerne auch perspektivisch mehr. Ein Blick auf Deutschland und Europa und das net-zero Ziel in 2050 zeigt: Unsere Gesellschaft strebt nichts weniger an, als einen weitreichenden Umbau unseres Energiesystems. Ein Flickenteppich aus unterschiedlichen Regulierungssystemen schwächt Europa als Investitionsstandort. Deutschland kann hier Schrittmacher einer europäischen Perspektive werden und damit auch den eigenen Standort stärken. Dazu gehören verpflichtende Ausbauziele für Erneuerbare Energien für 2030, 2040 und 2050, um die Planbarkeit der enormen Infrastrukturinvestionen zu verbessern, die Verkürzung von Genehmigungsverfahren und ein wettbewerbliches Ausschreibungsdesign. Das ermöglicht diesen Umbau zu geringstmöglichen Kosten für die Allgemeinheit bei gleichzeitiger hoher Realisierungswahrscheinlichkeit. Zur Wahrheit gehört auch, dass nationale Strategien nicht ausreichen. Die Europäische Kommission sieht den Ausbau von Offshore-Wind auf 300 Gigawatt bis 2050 vor. Offshore-Wind wird damit voraussichtlich bis etwa 2040 die Stromquelle Nummer eins in Europa sein. Um das volle Potential zu nutzen, muss man die Energiewende deshalb als europäisches Projekt verstehen, insbesondere beim Ausbau von Offshore Wind in Regionen wie der Ostsee und bei grenzüberschreitenden Projekten.

Welche Bedeutung haben technologische Innovationen für Ihr Geschäft?

Sie sind ein entscheidendes Kriterium, um unseren Platz in der Spitzengruppe der Anbieter Erneuerbarer Energien behaupten zu können. Ein Beispiel sind schwimmende Windkraftanlagen auf dem Meer, die bei großen Wassertiefen eingesetzt werden, dem so genannten Floating Offshore. Wir erforschen derzeit in drei Pilotprojekten in Nord- und Südeuropa und den USA deren Möglichkeiten. Auch andere Zukunftstrends greifen wir auf, weil wir das Energiesystem als Ganzes denken, zum Beispiel Batteriespeicher zur flexiblen Integration Erneuerbarer Energien. Unser jüngstes Vorhaben ist das Projekt Hickory Park in den USA, wo wir eine 196-Megawatt-Solaranlage in Verbindung mit einer 40 Megawatt- / 80-Megawattstunden-Batterie im Bau haben. Und natürlicher grüner Wasserstoff: Im Projekt AquaVentus treiben wir die Produktion von H2 mit Strom aus Offshore-Windkraftanlagen in der Nordsee voran.

 

Vielen Dank für das Interview an Anja-Isabel Dotzenrath