Fossil ist von gestern – Die Zukunft gehört der vernetzten Energieautarkie

Fossil ist von gestern

Neuer Antrieb für Stadtwerke, Immobilienwirtschaft und Banken

Artikel aus dem Handelsblatt Journal „ENERGIEWIRTSCHAFT“ vom 31.08.2022

von Prof. Dr. Timo Leukefeld

Heizkeller in Deutschland scheinen wie aus einem sience fiction Film von Gestern. Laut Presse sind sie die „größte Hoffnung in Sachen Energiewende und Klimaschutz“. Allerdings nur, wenn sich darin alles von Grund auf ändert – sonst bleiben sie was sie sind: tonnenweise CO2 emittierende, wartungsintensive Technikhalden: Ein Sinnbild gestrandeter
Anlagevermögen.

Die Lage der Immobilienwirtschaft ist verfahren: Bei den Banken verfällt das Geld. Steter Kaufkraftverlust, auch wegen der eklatanten Energiepreissteigerungen, macht es bei Mietern immer knapper. Explodierende Instandhaltungskosten ebenso wie die Tatsache, dass ein Großteil der neu eingeführten CO2-Steuer beim Vermieter verbleibt, senken dessen Mietrendite. Jede Immobilie, die weiter viel CO2 ausstößt, ist unwirtschaftlich und als Verkaufsobjekt unattraktiv. Investitionen in herkömmlich gebaute Gebäude, entpuppen sich deswegen mittelfristig als gestrandetes Anlagevermögen.

Wir benötigen dringend Konzepte für Energie-wirtschaftliches Wohnen mit lohnenden Investitionsanreizen. Diese gehen eindeutig weg von fossilen Energieträgern. Die Lösung kommt mit der Sonne: hochgradig solar versorgte Gebäude, die die krisensichere Energiequelle konsequent nutzen, um sich selbst mit Wärme, Strom und E-Mobilität zu versorgen – ohne viel Technik. Ein neuer „Low-Tech“-Ansatz bremst für diese von mir und meinem Autarkieteam entwickelten Häusern die Baukosten und macht sie annähernd wartungsfrei. Das ökologische i-Tüpfelchen: Die Gebäude sind in ihrem Betrieb vollständig CO2 frei. Auf diesem Gebäudekonzept basiert unser disruptives Geschäftsmodell, das mit all dem bei Investoren, Energieversorgern und Vermietern für lohnende Rendite sorgen.

Diese enttechnisierten, nahezu energieautarken Gebäude steuern den wesentlichen Störungen entgegen, die derzeit den Immobilienmarkt lähmen und im Wesentlichen für das Stranden von Anlagevermögen verantwortlich sind. Dies sind:

  • explodierende Kosten für fossile Energie,
  • teure, wartungsaufwändige und fehleranfällige Heiztechnik,
  • die CO2-Steuer sowie
  • der Kaufkraftverlust auf Seiten der Mieter.

High „Low-Tech“ statt Kostenfalle Heiztechnik
Um Energie einzusparen und die stetig steigenden Betriebskosten, inzwischen als „2. Miete“ bezeichnet, zu senken, schreiben Gesetze und Richtlinie, wie das Gebäudeenergiegesetzt (GEG), aufwändige Technik vor. Ja, sie locken sogar mit KfW-Fördermitteln für entsprechende Umsetzung im Wohnungsbau. Jedoch ist viel Technik nicht per se schlau: Die für ihre Wartung, Reparatur und Neuanschaffung anfallenden Kosten erreichen schon bald die Höhe einer „3. Miete“. Hielt früher ein Heizkessel etwa 30 bis 40 Jahre, ist deren Lebensdauer heute auf etwa die Hälfte gesunken. Insgesamt übersteigen die Technik-Kosten bei Neubauten die der dadurch eingesparten Energie bei weitem.

Der „Low-Tech“-Ansatz der hochgradig solar versorgten Gebäude steuert dieser Tendenz entgegen: Statt der üblichen Heiztechnologie, die oftmals ganze Räume füllt – nichts! Eine moderne, langlebige Strahlungsheizung auf hocheffizienter Infrarotbasis sorgt in diesen Gebäuden für wohlige Wärme, Warmwasser wird dezentral, elektrisch bereitet. Als „Technik-Minimalist“ benötigt ein solches Gebäude lediglich Stromund Kaltwasserleitungen. Seit Jahrhunderten bewährt, solide und langlebig, bleibt damit die gesamte Heiz- und Warmwassertechnik annähernd wartungsfrei. Das senkt Bau- und Betriebskosten.

CO2-Steuerfreiheit
Zudem sind die enttechnisierten, nahezu energieautarken Gebäude in ihrem Betrieb CO2 frei. Eine effiziente Gebäudehülle sorgt mit entsprechender Speichermasse für geringsten Heizwärmebedarf. Mit einer entsprechend dimensionierten Photovoltaikanlag samt Akku können diese Häuser einen Autarkiegrad von 60 Prozent erreichen. Eine hocheffiziente Infrarotheizung, statt der konventionellen Heizung mit Wärmepumpe, Fußbodenheizung und zentraler Warmwasserbereitung, spart alleine rund 50 Prozent Investitionskosten beim Mehrfamilienhaus, beim Einfamilienhaus rund 75 Prozent. Beziehen diese Gebäude die restliche Energie von Ökostromanbietern, befreit sie dies insgesamt von der seit 2021 verhängten und stetig steigenden CO2 Abgabe, durch die Vermieter herkömmlicher Häuser deutliche Einbußen ihrer Renditen erfahren.

Lukrative Geschäftsmodelle mit hohen Renditen
Mit dem Bau energieautarker Häuser, die sich dank Solarenergie auf diese Weise weitestgehend selbst mit Wärme und Strom versorgen und zudem eine hauseigene Tankstelle fürs Elektroauto betreiben, ergeben sich zukunftsfähige Geschäftsmodelle und gewinnbringende Allianzen mit wirtschaftlichen Vorteilen für alle Beteiligten. Vermietern, Wohnungswirtschaft, Energieversorgungsunternehmen (EVU), Investoren und Banken eröffnen diese Gebäude lukrative Ertragsquellen durch ein neuartiges Vermietungsmodell in Form von „Pauschalmieten mit Energieflatrate“.

Bauen Energieversorger (EVU) selbst die Solarstromanlage und Akku ins Gebäude ein, werden sie vom reinen Energielieferanten zum „contractor“. Als Partner können sie dem Investor, respektive dem Vermieter, über 10 Jahre hinweg zum gleichen Preis ein Energiepaket anbieten, das Wärme, Strom und optional auch E-Mobilität als Flatrate für die Mieter enthält. Der Vermieter seinerseits gibt dieses Paket, mit einem Aufpreis, an seine Mieter weiter und muss sich in Sachen Energieversorgung künftig um nichts mehr kümmern.

Sind die enttechnisierten, energieautarken Gebäude zudem vernetzt, kann das EVU mit dem erwirtschafteten Überschuss-Strom E-Autos und Ladesäulen vor dem Haus betreiben, darüber hinaus die vorhandenen Energiespeicher der Gebäude zur Einlagerung nutzen und so als Anbieter die Nachbargebäude mit überschüssigem Solarstrom versorgen.

All dies wirkt sich außerdem noch positiv auf das gesamte Netz aus: Es kann auf diese Weise stabiler betrieben werden und deutlich größere Mengen Strom rangieren, was insgesamt den Anteil erneuerbarer Energien erhöht. Für Versorgungsunternehmen wirft dieses Dienstleistungsmodell insgesamt zum einen finanziell deutlich mehr ab, als der herkömmliche Verkauf von Kilowattstunden, hinzukommen zum anderen eine engere und langfristigere Kundenbindung sowie ein umweltfreundliches Image: ein Gewinn auf der ganzen Linie.

Vermietern gibt dieses Modell eine größere Flexibilität bei der Kalkulation des Mietpreises. Mit ca. 2-3 Euro höheren Mieteinnahmen pro Quadratmeter liegt die Rendite deutlich über der ortsüblichen Kaltmiete eines Mehrfamilien-Neubaus. Längere Verweildauern in den Wohnungen ersparen stete Mieterwechsel und den damit verbundene Verwaltungsaufwand und eventuelle Rechtsstreitigkeiten.

Junge Familien, die Flatrate-Generation, finden hier als Mieter ebenso langfristige Sicherheit im Zusammenhang mit Betriebs- und den Wohnnebenkosten wie ältere Menschen mit einem begrenzten Rentenbudget.

Auf zu neuen Ufern
Die Flatrate kann neben Energie weitere Versorgungsaspekte abdecken, wie Datenvolumen für Internet, Altenpflege oder gar einen Pizza-Service. An Vieles kann hier noch gedacht werden. Da die Versorger für diese Dienstleistungen mit dem jeweiligen Anbieter große Mengen verhandeln können, erzielen sie Preisvorteile, die sie wiederum zur Hälfte an die Mieter weitergeben. Ausgangspunkt sind die enttechnisierten, energieautarken Gebäude. Ein auf allen Ebenen lukratives, gleichzeitig nachhaltig und soziales Modell, das die Bundesregierung ab 2050 zum Baustandard machen möchte. Ihrer Zeit weit voraus hat mit ihnen die Zukunft des Wohnens bereits begonnen.

Mit dem Bau energieautarker Häuser, die sich dank Solarenergie auf diese Weise weitestgehend selbst mit Wärme und Strom versorgen, ergeben sich zukunftsfähige Geschäftsmodelle und gewinnbringende Allianzen mit wirtschaftlichen Vorteilen für alle Beteiligten.

Prof. Dipl.-Ing. Timo LeukefeldProf. Timo Leukefeld
Experte für energetisches Wohnen

KAMPF UM DACHFLÄCHEN
WENN ARCHITEKTUR DER ENERGIE FOLGT

Hohe solare Deckung und High „Low-Tech“ sind ein wesentlicher Schritt, weg von gestrandetem Anlagevermögen, hin zu leistbarem Wohnen – für alle Beteiligten: Mieter, Vermieter, Versorger, Banken und Investoren. Dieses Konzept ist Ausdruck einer neuen Architektur, nach der Prämisse: form follows energy.

In den vergangenen Jahrzehnten förderte der Staat über die KfW-Mindeststandards ausschließlich die Effizienz von Gebäudehüllen und damit das Einsparen von Heizkosten. Diese stellen jedoch, neben Warmwasser, Strom und Kraftstoff, lediglich ein Viertel der gesamten Energiekosten dieser Haushalte dar. Entsprechende Gebäude sparen lediglich 25 Prozent Energiekosten und die entsprechende Menge CO2 ein.

Eine Architektur, die in ihrer Form der Energie folgt, nutzt sämtliche Gebäudeflächen, Dach wie Fassadenelemente, zur aktiven Erzeugung von Energie. Je mehr Energie ein Gebäude erzeugt, je höher sind die Einsparungen – und zwar sämtlicher Energiekosten: sowohl bei Heizung, Warmwasser, Strom und E-Mobilität als auch bei der CO2 Steuer.

Viele Gründe also, aktiv zu werden und in Dachflächen und damit in aktive Energieerzeugung zu investieren. Das schützt vor gestrandeten Anlagevermögen und trägt wesentlich zu einer sozial-ökonomische Marktwirtschaft bei – die bereits mittelfristig die Immobilienwirtschaft im Fluss erhält.

 

Dieser Artikel ist im aktuellen Handelsblatt Journal „ENERGIEWIRTSCHAFT“ erschienen.

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