Energiekrise – Ein guter Zeitpunkt für mehr Prozesseffizienz

Lars Ernst

Ein Betrag von: Lars Ernst, Managing Director Banking & Digital Solutions Aareal Bank AG

Explodierende Energiepreise stellen die Energie- und Wohnungswirtschaft vor eine Reihe von Herausforderungen. Neben politischen Lösungsansätzen ist Eigeninitiative gefragt und der Blick fürs Detail. Ein Gastbeitrag von Lars Ernst, Managing Director Banking & Digital Solutions Aareal Bank AG.

Der Krieg in der Ukraine hat die Energiewelt vor völlig neue Herausforderungen gestellt. Die Folgen dieser Entwicklungen spüren nicht nur Unternehmen, sondern auch Privatpersonen in Form von deutlich höheren Energiekosten.

Betroffen sind neben Energiewirtschaft und Verbrauchern auch Wohnungsunternehmen mit ihren Wohnungsbeständen. Sie sind eng mit der Energiewirtschaft verbunden, haben oft sogar individuelle Energielieferverträge für die eigenen Bestände abgeschlossen und leiden damit ebenfalls unmittelbar unter den Auswirkungen der aktuellen Situation. Angesichts der extremen Preissteigerungen bei Strom, Wärme und Gas haben sich diese Unternehmen auf mögliche Ausfälle bei den Mieten und den Nebenkostenvorauszahlungen vorbereitet. Bereits im Sommer haben sie damit begonnen, die Nebenkostenvorauszahlungen ihrer Mieter zu erhöhen und somit notwendige Vorsorgeliquidität aufgebaut, um sich für die neue Realität zu wappnen.

Das allein jedoch genügt nicht: Gerade in den  Wintermonaten, wenn der Energieverbrauch steigt, sind neben den bereits von der Politik beschlossenen Maßnahmen weitere praktikable Lösungsansätze dringend erforderlich, und zwar von und für alle Akteurinnen und Akteure. Sie stehen nun vor der großen Herausforderung, die Marktauswirkungen betriebswirtschaftlich zu managen und gleichzeitig die verschiedenen Unterstützungsmaßnahmen, wie beispielsweise die Gaspreisbremse, zu integrieren. Das bindet zum Teil erhebliche Kapazitäten.

Ideen, um der angespannten Lage zu begegnen, gibt es reichlich. Für Wohnungs- und Energiewirtschaft können Lösungsansätze interessant sein, die Prozesse zielgenau optimieren. Sie entlasten zwar nicht unmittelbar, können aber dazu beitragen, hohen Verwaltungsaufwände spürbar zu reduzieren. Insofern kann jede auch noch so kleine Idee in dieser Situation für Entlastung sorgen. Gut beraten ist, wer in dieser Konstellation alle Denktabus ablegt. Ich möchte dies im Folgenden an drei Beispielen skizzieren:

 

  • Mit digitalem Zählerdatenmanagement Einsparanreize setzen
    Ein Ablesen der Verbräuche in kürzeren Intervallen ist unerlässlich, um die gewünschten Einsparanreize bei Strom und Gas in einem veränderten Verbraucherverhalten sichtbar zu machen. Händisch ausgeführt bindet dieser Prozess allerdings erhebliche Ressourcen und ist obendrein fehleranfällig. App-basierte digitale Lösungen zur Zählerstanderfassung schaffen schnell und einfach Abhilfe: Mit ihnen können die Zählerdaten von Strom, Gas oder Fernwärme in kürzeren Abständen mit wenig Aufwand erhoben und fehlerfrei übermittelt werden.
  • Optimierungspotenzial im Zahlungsverkehr heben
    Es lohnt sich, bereits die allgemeinen Prozesse zu analysieren, und zwar gerade dort, wo sich Wohnungs- und Energiewirtschaft tagtäglich wegen der Abrechnung und Zahlung von Energie austauschen. Ein effizienter und weitgehend automatisiert ablaufender Zahlungsverkehr reduziert den Aufwand auf beiden Seiten. Dabei erstellen Energieunternehmen Rechnungen elektronisch und verschicken sie an das Wohnungsunternehmen, die sie dann automatisch verbucht.
  • Auch das Forderungsmanagement birgt Potenzial
    Bleiben Zahlungen der Kundschaft in Folge der aktuellen Situation aus, müssen Energie- und Wohnungswirtschaft im Forderungsmanagement aktiv werden und weitere Schritte einleiten, etwa Mahnschreiben versenden und Ratenzahlung anbieten. Das kostet Zeit, die für andere Aufgaben fehlt. Dabei birgt das Forderungsmanagement großes Optimierungspotenzial, das sich mit einem intelligenten Mahnwesen und einer interaktiven Rechnungstellung heben lässt und dazu beiträgt, Sperrprozesse und Zahlungsausfälle zu vermeiden.

Diese drei Beispiele zeigen: Wohnungs- und Energiewirtschaft sollten die aktuelle Situation zum Anlass nehmen, ihre Zusammenarbeit auf Prozessebene zu verbessern und voranzutreiben. Damit schaffen sie die Basis, um in Zukunft resilient zu agieren. Optimierte und Branchengrenzen überschreitende Prozesse sind eine grundlegende und zentrale Voraussetzung dafür.