Die Energiebranche auf dem Weg ins digitale Zeitalter

Digitalisierung Energiebranche

Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung, Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)

Wenn aktuell über die Zukunft der Energiebranche gesprochen wird, fallen sehr zuverlässig die Schlagwörter Digitalisierung, Big Data und Smart Business. Die Verlagerung und Konzentration von Wissen und Arbeit ins Netz sowie deren Vernetzung und Abruf durch Sensoren und selbststeuernde Geräte sind die gesellschaftliche und industrielle Revolution des 21. Jahrhunderts.
Dem umwälzenden Sog dieses Megatrends kann sich aufgrund der neu entstehenden Marktchancen für smarte Wettbewerber sowie der großen Kundennachfrage niemand entziehen. Diese Entwicklung führt zu ungeahnten Möglichkeiten. Zugleich birgt sie komplexe Fragen und Risiken für die Sicherheit von Unternehmen und Gesellschaft. Dies tangiert im Übrigen auch die Wasserwirtschaft.

Die Energiewirtschaft gehört zu den Branchen, die aufgrund mehrerer aktueller Entwicklungen im Zentrum der Digitalisierung steht. Die zunehmende Dezentralität und Volatilität, die Marktintegration der Erneuerbaren Energien, technologische Weiterentwicklungen wie digitale Netzsteuerungskomponenten und Elektromobilität oder neue Markt- und Geschäftsmodelle wie Energiedienstleistungen fördern und fordern intelligente IT-Lösungen.
Nahezu sämtliche Geschäftsprozesse und Kundenprodukte der Energiewirtschaft sind ohne IT-Unterstützung nicht mehr vorstellbar. Die Unternehmen der Energiewirtschaft arbeiten daher kontinuierlich an neuen Dienstleistungen und Produkten.
Über die Vernetzung innerhalb der Branche und die Integration der Erneuerbaren Energien hinaus entwickeln sich Netzwerke zu unterschiedlichsten neuen Marktteilnehmern und vielen Dienstleistern. Daraus resultierten umfangreiche neue unternehmensübergreifende Prozesse, Abhängigkeiten, Verantwortungen und letztendlich auch neue Datenkommunikationswege.

Digitalisierungsstrategien können so dazu beitragen:

  • die Vernetzung zwischen den Marktteilnehmern auf eine effiziente und zukunftssichere Technologiebasis zu stellen,
  • neue Technologien wie Big Data adäquat in den Unternehmen zu nutzen sowie
  • neue Interaktionen, neue Anwendungen und damit auch neue Geschäftsfelder zu entwickeln.

Um eigene Digitalisierungsprojekte umzusetzen, bedarf es geeigneter politischer und rechtlicher Weichenstellungen und Rahmenbedingungen. Um hierfür notwendige Vorschläge zu adressieren, vertritt der BDEW die Brancheninteressen im Strategiekreis der Plattform Industrie 4.0. Diese Plattform ist eine hochrangig besetzte branchenübergreifende Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Ziel der Plattform ist es, den technischen Wandel zu fördern und seine gesellschaftlichen Folgen zu begleiten. Die Bundesregierung möchte politische und Unternehmensaktivitäten bündeln, um die Wettbewerbsposition Deutschlands im Industrie-Sektor auch in Zeiten der Digitalisierung zu sichern. Der BDEW wirkt mit, um die Vorteile der Digitalisierung insbesondere für die Branchen nutzbar zu machen. Dazu soll die Plattform in den Bereichen Referenzarchitektur, Standardisierung und Normung, Forschung und Innovation, Sicherheit vernetzter Systeme, rechtliche Rahmenbedingungen, Arbeit und Aus-/Weiterbildung konkrete Regelungs- und Entwicklungsvorschläge erarbeiten.

Mit Blick auf den Einfluss auf Geschäftsmodelle, Kundenbeziehungen und IT-Strukturen hat der BDEW zudem ein erstes Strategiepapier zur Digitalisierung der Energiewirtschaft veröffentlicht. Im Rahmen eines wertschöpfungsstufenübergreifenden Projektes wird der BDEW dieses Zukunftsthema darüber hinaus auf Verbandsebene weiter fokussieren.

Die digitale Transformation ist für die Unternehmen der Energiewirtschaft eine entscheidende Grundlage für den Geschäftserfolg. Das zeigt auch eine Studie des Massachusetts Institute of Technology: Danach erzielen Unternehmen mit einem hohen Digitalisierungsgrad neun Prozent mehr Umsatz und sind bis zu 26 Prozent profitabler. Klar ist aber auch: Ein Masterplan für die Digitalisierung der Energiebranche existiert nicht. Jedes Unternehmen muss seine eigene Strategie finden, um individuelle, erfolgsversprechende Geschäftsmodelle und Angebote zu entwickeln. Dazu müssen die Unternehmen die eigene Produktpalette regelmäßig hinterfragen und mit den aktuellen Entwicklungen abgleichen.

Für die Energieversorger bedeutet das zum Beispiel – noch stärker als bisher – ein umfassendes Datenmanagement zu etablieren. Dabei ist schon jetzt absehbar, dass veränderte Ansprüche an das flexible Organisieren von Energiemengen neue Akteure hervorbringen werden. Vor allem der IT-Bereich muss dann eine stärkere Rolle einnehmen. Es wird außerdem wichtig sein, dass Innovationen und neue Technologien gefördert werden.

Fazit: Die Digitalisierung in der Energiewirtschaft schreitet bereits heute über alle Wertschöpfungsstufen hinweg voran. Unsere Branche ist dabei zudem der Wirtschaftszweig, der Kompetenz in den Bereichen Industrie 4.0, Vernetzung der Dinge und Transformation der Energiesysteme von fossilen hin zu erneuerbaren Energien hat. Dies sind die drei großen Zukunftshemen, die derzeit international diskutiert werden. Damit ist das Engagement der Energiewirtschaft mitentscheidend, um die Digitalisierung insgesamt voranzutreiben.

Hildegard Müller Seien Sie dabei, wenn Hildegard Müller am 20. Januar 2015, bei der 23. Handelsblatt Jahrestagung Energiewirtschaft 2016, gemeinsam mit drei weiteren Energieexpteren, über die Marktintegration Erneuerbarer Energien diskutiert.

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