Ein neues Verständnis für die Allein- und Zusammenarbeit in Unternehmen

Dr. Hanna Genau-Hagebölling

Fachbeitrag von Dr. Hanna Genau-Hagebölling, Consultant bei combine Consulting

Unsere in den vergangenen Jahren mit Organisationen aus unterschiedlichsten Branchen gesammelten Erfahrungen beweisen: Allein mit starren, rein quantitativ ausgerichteten Lösungsansätzen – wie etwa bei einem festgelegten Verhältnis von Homeoffice- und Bürotagen – können Menschen den Herausforderungen der neuen, hybriden Arbeitswelt nicht gerecht werden. Vielmehr ist eine grundlegende Vision für die Gestaltung der Zusammen- und Alleinarbeit erforderlich, die die Bedürfnisse und Perspektiven des Einzelnen, der Teams und der Organisation im Ganzen berücksichtigt. Und die Menschen dafür begeistert, ins Büro zu kommen.+

Wir stecken mitten in einem spannenden Prozess, in dem sich unsere Arbeitswelt ständig weiter verändert

Jetzt geht es darum, diese Veränderungen mitzugestalten, um Organisationen und ihre Mitglieder einerseits für die Zukunft zu wappnen und ihnen andererseits schon jetzt die bestmögliche (Zusammenarbeits-)Erfahrung zu bieten – ob virtuell, hybrid oder vor Ort. Dabei spielen die verschiedenen Tätigkeitsstrukturen sowie Fragen der Nachhaltigkeit, des Mindsets oder der Virtual Readiness eine wichtige Rolle für Produktivität und Zufriedenheit.

Wir haben in unseren Projekten aber auch die Erfahrung gemacht, dass es essentiell ist, die latenten Funktionen von Arbeit, wie Zeitstruktur, Sozialkontakt, Status oder Kollektivziele ebenfalls miteinzubeziehen. So komplex die Zusammenhänge auch sind: Allen Überlegungen liegt die generelle Unterscheidung zwischen Allein- und Zusammenarbeit zugrunde.

Knackpunkt im neuen, hybriden Raum stellt vor allem die Zusammenarbeit dar

Jede Form der Zusammenarbeit, vom Jour Fixe über Kunden-Meetings oder ein vertrauliches Vier-Augen-Gespräch bis hin zur Konferenz, muss hinterfragt werden: Warum findet das Treffen statt? Wer sind die Teilnehmenden und in welchem Verhältnis stehen sie zueinander? Und was bedeutet es konkret, ob die Zusammenarbeit hybrid oder in Präsenz umgesetzt wird?

Je ehrlicher und konkreter diese und weitere Fragen beantwortet werden, desto klarer ergeben sich praktische Empfehlungen, mit denen die Zusammenarbeit in Organisationen eine neue Qualität gewinnt. Neben den verschiedenen Perspektiven ist die individuelle Unternehmenskultur dabei stets richtungsweisend für den eingeschlagenen Weg.

Es ist ein Trugschluss, zu glauben, dass ich alles, was ich allein machen kann, genauso gut zu Hause machen kann

Natürlich kann ich zuhause prinzipiell flexibler agieren und muss weniger mit anderen Personen kooperieren. Trotzdem können sich auch bei der Alleinarbeit Fragen ergeben: Sind Rücksprachen erforderlich, bestehen Unklarheiten? In diesen Fällen ergibt sich aus der Alleinarbeit heraus der Bedarf nach Interaktion und nach Abstimmung. Außerdem kann auch der Zugriff auf haptische Unterlagen und Aufzeichnungen relevant sein.

Ein zukunftsfähiges Bürokonzept greift diese Aspekte auf und nutzt sie, um sich sowohl für die tätigkeitsbasierte Zusammenarbeit als auch für die tätigkeitsbasierte Alleinarbeit als optimaler Ort anzubieten. Dazu kommt ein weiterer, übergeordneter Faktor: der Gemeinschaftsaspekt. Er ist von entscheidender Bedeutung, wenn es um langfristig erfolgreiche Bürokonzepte geht und ein zentraler Antrieb für die Entscheidung, ins Büro zu kommen. Denn kulturstiftende Orte der Zusammenkunft bieten den Raum für Gemeinschaftserlebnisse, die sich unmöglich virtuell ersetzen lassen.

Bei aller Theorie ist es zentral, die konkrete Ausgestaltung der Allein- und Zusammenarbeit organisationsspezifisch und individualisiert abzustimmen

Es ist keine große Schwierigkeit, Regeln und Empfehlungen auf Papier zu bekommen. Sie aber mit Leben zu füllen, für jedes Unternehmen die Ist-Situation zu analysieren und diese individuell mit dem Soll abzugleichen, das ist der Knackpunkt. Dies kann nur aus der Offenheit und Sensibilität gegenüber allen Beteiligten, vielen Gesprächen und dem tiefen Verständnis für Struktur, System und Kultur einer Organisation heraus gelingen.