
Ein Interview mit Inka Winter, CEO, ESG Screen17
Müsste für eine stärkere Verbreitung der „Green-Finance-Aktivitäten“ nicht der Anreiz und der Vorteil aus „Green-Bonds“ oder auch aus „Green-Konsortialfinanzierungen“ zukünftig deutlicher ausfallen? Bisher gibt es als Anreiz lediglich wenige Basispunkte Zinsvorteil bei Erfüllung der ESG-Goals.
Inka Winter:
Es wäre absolut wünschenswert, dass nachhaltige Finanzierungen und Finanzierungsinstrumente unterstützt werden: Einige Anregungen dazu liefert der Zwischenbericht des Sustainable Finance Beirats, hier werden auch Ideen aufgeworfen, wie z.B. die Anreize für nachhaltige Unternehmensfinanzierungen an der etablierten Fördermittelkreditpolitik zu orientieren.
Im derzeitigen Umfeld, gerade im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19 Pandemie, ergeben sich sehr gute Möglichkeiten durch innovative nachhaltige Finanzierungslösungen die notwendigen Veränderungen der Wirtschaft voranzutreiben. Gerade deswegen wäre eine differenzierte Sicht auf die Incentivierung von entsprechenden „Green-Finance Aktivitäten“ notwendig. Gleichwohl ist es unumgänglich, dass auch in traditionelle Finanzierungen dedizierte KPIs zu Umwelt, Sozialen und Governance Faktoren weiter integriert werden, um die Entwicklung hin zu einer nachhaltigeren Finanz- und Realwirtschaft voranzutreiben.
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Viele Maße/Methoden zur Quantifizierung von Nachhaltigkeitsrisken richten sich nach Kapitalmarkt-Daten; wie können kleine Institute vorgehen, deren Kunden hauptsächlich keine gelisteten Unternehmen mit ausgiebiger Kapitalmarkt-Historie sind?
Inka Winter:
Das ist in der Tat eine Herausforderung und derzeit wird auf unterschiedlichen Ebenen an Lösungsvorschlägen gearbeitet. So hat der Sustainable Finance Beirat der Bundesregierung dazu einen Vorschlag erarbeitet, der vorsieht, dass auch KMUs (kleinere und mittlere Unternehmen) in einem ersten Schritt entsprechende Reportingvorschriften erfüllen sollen. Somit wäre der erste Schritt hin zu mehr Transparenz und einer Aufnahme in die finanzielle Berichterstattung geleistet. Weitergehend wäre es dann eine Möglichkeit über z.B. branchenspezifische modellbasierte Berechnungen Analysen und Auswertungen Annahmen zu treffen. Dies stellt kleine Institute sicherlich vor Herausforderungen gerade mit Blick auf Kapazitäten und entsprechendes Nachhaltigkeits-Know-how. Ein möglicher Lösungsansatz könnte hier die Kooperation mit entsprechenden Datenanbietern sein, um sich externes Know-how einzukaufen. Das BaFin Merkblatt erlaubt ausdrücklich diesen Ansatz der Nutzung externer Kompetenzen für diese Zwecke.
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Die Erzielung eines angemessenen Gewinns wird als wesentliche Voraussetzung für ein wertebasiertes Bankgeschäft – Triple-Bottom-Line – anerkannt, ist jedoch kein eigenständiges Ziel. Banken setzen aktiv Finanzmittel ein, um Gutes zu tun. Wie sehen Sie das?
Inka Winter:
Banken haben als wichtiger Player der Gesellschaft und Wirtschaft sicherlich, neben Ihrem eigentlichen Kerngeschäft, auch eine gewisse Verpflichtung im Rahmen von Corporate Social Responsibility Gutes zu tun. Daher ist es wichtig, dass auch hier ein Beitrag zu entsprechenden Projekten oder zur Unterstützung bestimmter Einrichtungen getätigt wird. Finanzinstitute haben aufgrund ihrer unternehmerischen Möglichkeiten (Zugriff auf technische Ressourcen, globale Zugänge und Netzwerke) sehr gute Möglichkeiten, gezielt Umwelt- oder soziale Projekte zu fördern.
CSR ist ein wichtiger Bestandteil in allen Unternehmen und somit auch bei Finanzinstituten, es ist ein wichtiger Beitrag für die Gesellschaft, allerdings ist es separat von der Zielsetzung des „sustainable finance“ zu sehen.
CSR ist kein Ersatz für die Integration von Nachhaltigkeit in das Kerngeschäft. Die Notwendigkeit Nachhaltigkeitskriterien und -informationen in die traditionellen Risiko- und Entscheidungsprozesse zu integrieren ist unabdingbar. Wie in dem Webinar erörtert, sind Nachhaltigkeitskriterien finanziell relevant und müssen, wo wesentlich, entsprechend in Prozesse inkludiert werden, ebenso ist es wichtig, dass die ökonomischen Ziele der Finanzindustrie ökologische und soziale Komponenten beinhalten und beachten sollten. Diese Prozesse sind jedoch sehr tiefgreifend und bedürfen einer konsequenten und langfristigen Umsetzung.