Daimler-Chef Dieter Zetsche: „Wir gehen all-in.“

Dr. Dieter Zetsche, Vorsitzender des Vorstands der Daimler AG und Leiter Mercedes-Benz Cars im Gespräch mit Handelsblatt-Herausgeber Gabor Steingart.

Als Gastgeber begrüßte Daimler-Chef Dieter Zetsche die Teilnehmer am Vorabend des Handelsblatt Auto-Gipfels 2017 im Stuttgarter Mercedes-Museum.

Und dort, am Schnittpunkt von Geschichte und Gegenwart, ließ er gleich mit einem mutigen Bekenntnis zur automobilen Zukunft aufhorchen: „In Sachen Elektromobilität wird die deutsche Automobilindustrie unterschätzt – sowohl im Hinblick darauf, was sie unternimmt, als auch wo sie heute bereits angekommen ist. Klar ist, dass wir all-in gehen“, so Zetsche. Daimler zum Beispiel wird für das gesamte Fahrzeugprogramm die Elektrifizierung vollziehen und in neue Mobilitätsformen investieren. Die Mittel für diese Transformation müsse jedoch zunächst mit den klassischen Antriebsvarianten erwirtschaftet werden. Die Kunst ist es demnach, beide Welten zusammenzubringen.

Ohnehin sei es unausweichlich, mehrgleisig zu planen und zu entwickeln. Denn selbst in sehr Elektroauto-freundlichen Szenarien stellen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor noch über sehr lange Zeit die Mehrheit. „Wenn wir beim CO2 weiterkommen wollen, müssen wir dort weiterentwickeln und die Potenziale ausschöpfen“, so Zetsche.

Die deutsche Automobilindustrie sei heute erfolgreicher als je zuvor in der Geschichte, unterstrich der Daimler-Chef. „Um uns herum verändert sich die Welt heute jedoch schneller als in den letzten 130 Jahren zusammen.“ Auf dem Erfolg auszuruhen, wäre daher das völlig falsche Rezept. „Es ist ganz entscheidend, dass wir schneller werden, dass wir uns weiterentwickeln – technologisch, strukturell, kulturell.“ Ein Schlüssel hierzu ist mehr Verantwortung für die Beschäftigten: „Wer konkrete Vorgaben macht, erhält bestenfalls das erwartete Ergebnis. Doch wer Freiräume gibt, erhält Ergebnisse, die er sich in seinen kühnsten Träumen nicht vorgestellt hat“, lautet seine Erfahrung.
Ähnliches wünscht er sich für das Verhältnis der Politik zur Automobilindustrie. Der Gesetzgeber sollte Primärziele definieren und Rahmenbedingungen wie die CO2-Korridore festlegen – nicht jedoch Lösungswege vorschreiben und sich einseitig auf batterieelektrische Antriebe versteifen. Nach überstandenem Bundestags-Wahlkampf kehrt aber auch in solchen Fragen wieder mehr Besonnenheit ein, glaubt Zetsche. „Die Politik ist sich sehr wohl bewusst, welchen Beitrag zur Volkswirtschaft die deutsche Automobilindustrie leistet. Wir haben ein gemeinsames Interesse daran, die unglaubliche Stärke, die sich diese Industrie im weltweiten Wettbewerb aufgebaut hat, nicht unnötig zu gefährden.“


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