SKANDAL MIT ANSAGE

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Martin Murphy, Handelsblatt-Chefreporter

Was klingt wie ein packender Wirtschaftskrimi, ist tatsächlich Realität. Der sogenannte Volkswagen-Abgasskandal schlägt bereits seit 2015 international hohe Wellen. Handelsblatt-Chefreporter Martin Murphy und seine Kollegen sind im Rahmen ihrer Recherche tief eingetaucht in die Ereignisse rund um illegale Abschaltvorrichtungen.

Die Journalisten sichteten abertausende Akten, sprachen mit Beteiligten und Betroffenen. In seinem Vortrag beleuchtete Murphy die Hintergründe dieser Affäre, die – anders als vergleichbare Skandale wie etwa von Thyssenkrupp oder den Cum-Ex-Geschäften der Deutschen Bank – auch Jahre nach ihrer Offenlegung noch die Schlagzeilen beherrschen. „Das sind zwar Seite-1-Themen, doch diese verschwinden nach einer gewissen Zeit wieder. Aber der Diesel bleibt einfach ein Thema“, skizzierte Murphy. Dabei weise die VW-Abgasaffäre einige Besonderheiten auf: Es gebe eine hohe Anzahl von Beschuldigten und viele Kunden, die das Unternehmen auf Schadensersatz verklagen. „Der finanzielle Schaden beläuft sich auf über 25 Milliarden Euro. Und ein Ende ist noch nicht absehbar“, betonte der Reporter.

Dabei sei der Begriff „Defeat device“ nicht neu: Murphy erinnerte daran, dass bereits 1974 in US-Medien Berichte erschienen waren, die Abgasmanipulationen aufdeckten. Der Unterschied: Damals hielt sich das Thema nur kurzzeitig im Fokus der Öffentlichkeit. Anders bei Volkswagen: Die Medien beschäftigten sich dauerhaft und intensiv mit dem Abgasskandal. Dafür gebe es mehrere Gründe, betonte Murphy: „Zum einen ist VW ein Innovator, ein Vorzeigeunternehmen. Tricksereien im technischen Bereich hätte niemand erwartet. Das war eine Riesenüberraschung. Der andere Punkt: Es war unvorstellbar, dass die internen Kontrollen so schlecht waren, dass so etwas möglich wurde.“ In jedem Unternehmen gebe es einen kleinen Anteil von Mitarbeitern, die versuchten, „Abkürzungen“ zu nehmen. Dies sei die Grundlage für Bestechungsskandale oder Kartelle – und auch die VW-Affäre fuße auf diesem Phänomen. Das Problem: Hier hätten die Kontrollmechanismen versagt. In den Unterlagen fänden sich viele Hinweise auf mögliche Manipulationen. „Und es ist nichts passiert. Im Gegenteil: Es gibt einen sehr hohen Drang der Vertuschung“, erläuterte Murphy.

Während viele Unternehmen inzwischen eine ,Speak-up-Kultur‘ pflegten, die es ermöglicht, dass Mitarbeiter solche Vorgänge intern melden können, habe dies bei VW offensichtlich nicht funktioniert. „Trotz der Compliance- Regeln, die es gab. Die wurden halt nicht gelebt.“ Dabei habe es auch für Außenstehende einige Symptome gegeben. Murphy erinnerte sich an den Auftritt des langjährigen VW-Chefs Martin Winterkorn, der auf einer Messe im Nichtraucherbereich eine Zigarre rauchte. Dies spiegele eine gewisse Haltung wider: „Regeln sind nicht so wichtig. Das Signal an die Mitarbeiter ist fatal.“

Viel gravierender als die negativen Schlagzeilen sei der finanzielle Schaden – dieses Geld fehle dem VW-Konzern für Investitionen. Murphy erinnert an Thyssenkrupp: Der Konzern hatte ebenfalls mit Kartellvorwürfen, Bestechungsfällen und einigen Fehlinvestitionen zu kämpfen. Für diese Verfehlungen musste das Unternehmen Strafen zahlen. Die Berechnungen zeigten, dass der finanzielle Verlust dazu führte, dass das Unternehmen zusätzlich rund 6.000 Arbeitsplätze abbauen musste.

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