Mobilität und Konnektivität stechen PS und Hubraum

Mobilität und Konnektivität stechen PS und Hubraum

Ralf Schnell, Senior Platform Evangelist – Automotive & Manufacturing, servicenow

Vor wenigen Wochen fand in München die Internationale Automobilausstellung IAA statt – bezeichnender Weise unter dem programmatischen Titel IAA Mobility. Damit wurde deutlich, dass sich in der Automobilindustrie längst nicht mehr alles um Pferdestärken, Karosserien und Ledersitze dreht, sondern zunehmend um die digitale, vernetzte Mobilität der Zukunft.

Wo kommen wir her?

Seit über hundert Jahren haben Autohersteller das Fahrzeug selbst in den Mittelpunkt ihres Geschäftsmodells gestellt – und sie sind gut damit gefahren. Rund um das Produkt wurde außerdem eine Markenaura geschaffen, mit der virtuelle Mehrwerte wie Prestige, Sportlichkeit oder Individualität transportiert wurden und die die Differenzierung von anderen Herstellern erlaubte. Geld machte man vor allem mit dem initialen Autoverkauf, Marge brachten große Motoren und luxuriöse Sonderausstattungen. Bis zur Entwicklung eines Nachfolgemodells und dem Kauf des nächsten Neuwagens gab es für Hersteller keine nennenswerten monetarisierbare Kundeninteraktionen.

Wo geht die Reise hin?

Car-Sharing, Auto im Abonnement, Leasing – rund um das Thema Mobilität etablieren sich immer mehr und immer differenziertere Nutzungsmodelle, die außer dem Fahrzeug zunehmend auch den Nutzer ins Zentrum rücken. Dass jemand ein Auto kauft, um es viele Jahre unverändert zu fahren, wird es zwar weiterhin geben. Doch dies ist eher ein Auslaufmodell. Verdrängt wird es durch vielfältige Abo-Modelle, mit denen Nutzer ihr Fahrzeug durch Software-Updates immer auf dem neuesten Stand halten können. Hinzukommen die Apps und Services, die wir alle auf unseren Smartphones nutzen. Auch diese werden agil weiterentwickelt und müssen immer kompatibel mit dem Software-Stack des Autos sein. Dazu braucht es Mobilitäts-Ökosysteme, die direkte Interaktionen zwischen Autohersteller und Kunde ermöglichen. Darüber hinaus arbeiten Hersteller mit Hochdruck daran, die Entwicklungszyklen für ihre kundenzentrischen Services zu beschleunigen und die Konfiguration des Autos zu vereinfachen.

Wo stehen Autohersteller im Moment?

Das Fahrerlebnis im Auto wandelt sich gerade grundlegend. Heute erwarten Autofahrer ein vernetztes Erlebnis, das ihnen einen einfachen Zugriff auf eine Vielzahl digitaler Plattformen ermöglicht – von Service-Benachrichtigungen und Navigation bis hin zu Verkehrsmeldungen, Wetterberichten und Infotainment. Der Zugriff auf plattformbasierte Dienste ist zu einer Selbstverständlichkeit geworden und wird den Wert eines Fahrzeugs zukünftig maßgeblich mitbestimmen. Früher war die nötige Technologie in den Autos fest verbaut und machte einen erheblichen Teil des Verkaufspreises aus. Doch zunehmend werden die entsprechenden Services auf digitale Plattformen verlagert, auf die man überall zugreifen kann. Auch beim Kundenservice wird es zukünftig immer seltener um Hardwarekomponenten gehen, sondern mehr und mehr um Software und plattformbasierte Produkte. Dies erfordert von Service-Mitarbeitern neue Fähigkeiten und wird zu einer grundlegenden Veränderung des Service selbst führen.

Teslas Feature für autonomes Fahren ist ein gutes Beispiel für einen essenziellen Service, der auf einer digitalen Plattform implementiert wurde. Und was noch wichtiger ist: es gibt ihn selbstverständlich auch als Software-Update für bestehende Autos.

Worauf sollten sich Autohersteller jetzt konzentrieren?

Zunächst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass Mobilität im digitalen Zeitalter nicht nur mit dem Auto selbst zu tun hat und deshalb weit über die Betriebstechnologie hinausreicht. Die beteiligten Systeme und Technologien erstrecken sich ebenso auf die Cloud und alle digitalen Plattformkomponenten innerhalb des Ökosystems eines Autos. Die Automobilindustrie wird sich daher über kurz oder lang an Arbeitsweisen orientieren, die in der Softwareentwicklung mit ihren agilen Prozessen längst Realität sind. Dies ermöglicht sowohl schnelle Innovationszyklen als auch ein hohes Maß an Zuverlässigkeit.

Voraussetzung dafür ist eine Plattform, die alle beteiligten Teams miteinander vernetzt und agiles, kollaboratives Arbeiten fördert. Denn nur so lässt sich die entstehende Komplexität als Teil eines integrierten Systems bewältigen und darüber hinaus die Konfiguration und den Status aller Komponenten eines Fahrzeugs überwachen. Dadurch wird es möglich,

  • den Kundenservice-Prozess sowohl mit dem Auto als auch mit den DevOps-Prozessen vollständig zu integrieren
  • Informationen nahtlos zwischen allen beteiligten Teams weiterzugeben
  • Probleme, die von Onboard-Systemen erkannt werden, sowohl dem Kundenservice als auch den DevOps-Teams zugänglich zu machen

Die Automobilhersteller haben auch hierzulande die Zeichen der Zeit erkannt. Die nötigen Technologien und Plattformen stehen bereit. Der Mobilität der Zukunft steht nichts mehr im Weg.