Mobilität „Made in Germany“

Andreas Scheuer

von Andreas Scheuer

Zur Arbeit eines Verkehrsministers gehört es, sich regelmäßig mit Vertretern der Automobilindustrie zu treffen. Jeder weiß, dass diese Treffen zuletzt oft äußerst schwierig waren. Gerade weil in der Vergangenheit schwerwiegende Fehler gemacht wurden, sind meine Erwartungen an die Entscheidungsträger in den Konzernen jetzt umso höher. Es geht um Hunderttausende Arbeitsplätze und unseren Ruf als Leitindustrie in der Welt.

Ich kann die Enttäuschung der Millionen von Dieselfahrern sehr gut verstehen. Deshalb erwarte ich, dass die Führungsspitzen der Automobilkonzerne alles unternehmen, um das verlorengegangene Vertrauen zurückzugewinnen und den Ruf von „Made in Germany“ nicht länger zu gefährden. Die Mannschaften dazu haben sie. Das weiß ich aus zahlreichen Begegnungen mit Mitarbeitern der Branche.

Ich treffe Arbeiter, die höchst engagiert und präzisiert Autos bauen, bevor diese anschließend in die ganze Welt verkauft werden. Ich rede mit Technikern, Ingenieuren und Entwicklern, die eine Expertise und Leidenschaft besitzen, dass andere Länder voller Neid auf uns blicken. Völlig zu Recht gelten wir deshalb weltweit als das Mobilitätsland Nummer Eins. Und das muss so bleiben.

Ich will, dass wir auch in zehn, zwanzig, dreißig Jahren noch das Land der Ingenieure und Visionäre sind. Das werden wir aber nur erreichen, wenn wir das Auto nicht länger für den einzigen relevanten Verkehrsträger halten. Dieses Denken ist jedoch noch sehr verbreitet. Mobilität bedeutet für viele: Auto. Gerne automatisiert oder autonom, aber doch eben nur: Auto. Ich wünsche mir deutlich mehr Mut von den Herstellern. Mehr Mut, zu überraschen. Mehr Mut, verrückt zu sein. Und mehr Mut, Mobilität ganzheitlich zu denken.

Welche Zukunft hat das Auto? Ich bin überzeugt: eine großartige. Die Menschen werden sich auch in 20 oder 30 Jahren noch ins Auto setzen. Nur nicht mehr unbedingt ins eigene.

Jeder dürfte inzwischen bemerkt haben, dass es auf unseren Straßen voll wird und in unseren Städten eng. Der Lieferverkehr nimmt zu, weil wir zunehmend Waren im Internet bestellen. Der Pendlerverkehr steigt, weil sich immer weniger Menschen eine Wohnung in der Stadt leisten können. Die Zeit, die man mit der Suche nach einem Parkplatz verbringt, wird immer länger. Diese Probleme werden wir nur lösen, wenn es uns gelingt, unsere Straßen zu entlasten. Was wir brauchen, ist: mehr Mobilität, aber weniger Verkehr. Und dank der Digitalisierung wird uns das auch gelingen.

Das heißt: Wir müssen die Verkehrsträger vernetzen, damit die Strecken kürzer werden, die man im Auto zurücklegt. Wir brauchen Car Sharing und On-Demand-Dienste, um die Momente zu reduzieren, in denen man nur auf das eigene Auto angewiesen ist. Wir müssen die Zahl der Autos auf den Straßen senken, die mit nur einer Person besetzt sind. Und deshalb fördert mein Haus mehrere Pilotprojekte, bei denen ähnliche Fahrtwünsche verschiedener Nutzer abgeglichen, gebündelt und gemeinsame Teilstrecken ermittelt werden. Für die Fahrgäste darf das allenfalls mit einem geringen Umweg für die Aufnahme und das Absetzen anderer Fahrgäste verbunden sein. Im Vergleich zu einem alleinfahrenden Pendler bringt schon ein zweiter Fahrgast eine Entlastung von 40 Prozent im Hinblick auf das Verkehrsvolumen, die Emissionen und die Kosten. Bei vier Fahrgästen sind es schon 65 Prozent und bei sechs Fahrgästen 75 Prozent.

Mein Haus fördert den Umstieg auf alternative Antriebsarten, den Aufbau von E-Ladesäulen und überhaupt jede Menge kreative Ideen, mit denen wir unsere Mobilität intelligent, effizient und sauber organisieren können. Ich erwarte von der Automobilindustrie, dass sie da nicht nur mitzieht, sondern sich an die Spitze der Bewegung setzt. Denn Deutschland kann Mobilität. Und dafür werden wir weltweit geschätzt.

Welche Zukunft hat das Auto? Ich bin überzeugt: eine großartige. Die Menschen werden sich auch in 20 oder 30 Jahren noch ins Auto setzen. Nur nicht mehr unbedingt ins eigene. Das Auto wird immer ein wichtiger Bestandteil unserer Mobilität bleiben, aber eben nur einer von mehreren. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass Mobilität „Made in Germany“ auch in Zukunft die ganze Welt begeistert.

Andreas ScheuerAndreas Scheuer
Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur

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