Lieferketten unter Druck – Auswirkungen auf Verträge

Sylvia Ebersberger

Advertorial

Artikel aus dem Handelsblatt Journal „Die Zukunft der Automobilindustrie“ vom 05.12.2022

von Sylvia Ebersberger

Lieferketten in der Automobilindustrie sind aktuell stark belastet durch geopolitische und pandemiebedingte Engpässe, deutlich gestiegene Kosten für Energie und Rohstoffe sowie inflationsbedingte Preissteigerungen. Die Tatsache, dass abgerufene Volumen der OEMs stärker denn je schwanken, da auch diese mit den Verwerfungen in der gesamten Branche zu kämpfen haben, verschärft den Druck auf die Lieferkette.

Forderungen nach Anpassung bestehender Verträge häufen sich
Ungeachtet langfristig bestehender Lieferverpflichtungen sehen sich viele Teilnehmer in der Wertschöpfungskette deshalb gezwungen, ihren Vertragspartnern die sprichwörtliche „Pistole auf die Brust“ zu setzen, um eine Anpassung der bestehenden Vereinbarungen und kommerziellen Parameter zu erreichen. Ob dies gelingt, hängt maßgeblich von Alleinstellungsmerkmalen bezogen auf technologische Marktführerschaft, Qualität und Liefersicherheit ab. Insbesondere Tier 1 Lieferanten geraten dadurch stärker in eine Sandwichposition zwischen nachgelagerten Lieferanten und Kunden, die Margen schrumpfen lassen und eine Anpassung der eigenen Verträge unentbehrlich machen. So wird zukünftig verstärkt darauf zu achten sein, sogenannte Back-to-Back Vereinbarungen zu schließen, die Lücken im Hinblick auf Haftung und den Umfang der vertraglichen Verpflichtungen schließen.

Interimsvereinbarungen als Lösung?
Das kurzfristige Mittel der Wahl zur Sicherung der Versorgung mit Bauteilen sind oftmals Interimsvereinbarungen, die verkürzte Zahlungsziele, indexgestützte Übernahme von Mehrkosten für Rohstoffe und Energie oder die Finanzierung von Kapazitätserhöhungen vorsehen. Auf lange Sicht wird dies jedoch nicht ausreichen, um eine ausgewogene Verteilung der Lasten in der Lieferkette zu erreichen.

Welche Parameter bei Vertragsabschlüssen sind zukünftig mehr zu beachten?
Standardverträge, die zuweilen die Beschränkungen des AGB-Rechts ignorieren, die überlange Vertragslaufzeiten mit einseitigen Kündigungsmöglichkeiten zu Gunsten des Kunden vorsehen und eine Anpassung von Preisen nicht zulassen, obwohl Volumen massiv schwanken und Kapazitäten ungenutzt bleiben, werden so möglicherweise der Vergangenheit angehören. Lauter werden etwa die Rufe nach der verbindlichen Vereinbarung sog. Take-or-Pay Regeln, die einen Ausgleich für Kosten vorsehen, die aufgrund geplanter, aber nicht abgerufener Volumen nicht amortisiert werden konnten. Auch wenn vergleichbare Ausgleichsmechanismen in der Praxis regelmäßig umgesetzt werden, waren sie bislang verbindlich geregelt allenfalls in Kooperationsverträgen zwischen OEMs oder Tier 1 Lieferanten zu finden.

Das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Abschlusses ausgewogener und rechtssicherer Verträge ist in den letzten Monaten bei Einkaufs- und Vertriebsabteilungen gewachsen. Zukünftige Abschlüsse werden sich nicht mehr allein daran messen lassen müssen, ob es gelungen ist, ein Projekt mit für den Moment auskömmlichen Konditionen zu sichern, sondern auch daran, ob hinreichende Vorkehrungen für denkbare Verwerfungen über die Laufzeit des Vertrages hinweg getroffen wurden.

Sylvia Ebersberger, Partner, Global Co-Chair Automotive Sector, Rechtsanwältin, DLA Piper

DLA Piper

www.dlapiper.com/de-de

Dieser Artikel ist im aktuellen Handelsblatt Journal „Restrukturierung“ erschienen.

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