DIE NÄCHSTE KRISE VERHINDERN

TAG DER STRATEGEN

Prof. Dr. Katharina Beckemper, Lehrstuhl für Straf-, Strafprozess- und Wirtschaftsrecht,
Universität Leipzig
Dr. Kurt Michels, Leiter Group Compliance, Volkswagen AG
Dr. Urs Müller, Lecturer and Member of the Faculty, ESMT Berlin

War es nun individuelles Fehlverhalten, Organisationsversagen oder vorsätzlicher Betrug? Fakt ist, die Dieselaffäre hat einen Weltkonzern ins Wanken gebracht – und die Bedeutung der Compliance nachdrücklich ins Bewusstsein gerückt.

Folgerichtig betont der im VW-Konzern für diesen Bereich verantwortliche Kurt Michels: „Das Thema, das uns umtreibt, ist: Wie gestalten wir unsere Prozesse, damit so etwas nicht wieder vorkommt?“ Er verspürt bei Compliance-Aspekten mittlerweile eine Aufbruchsstimmung, die nicht bei Regeln und Prozessen stehenbleibt, sondern sich in der Unternehmenskultur niederschlägt. Man frage sich heute, „Wie kann ich verhindern, dass bestimmte Dinge nicht transparent werden, wie kann ich verhindern, das sich Themen so einschleichen, dass niemand drüber spricht?“ Die Antworten sind wichtig, damit sich so etwas nicht wiederholt, unterstreicht Michels.

Als Juristin erinnerte Katharina Beckemper daran, dass – bei aller Sympathie für die Themen Unternehmenskultur und Ethik – es bei Compliance zuallererst darum ginge, sich an bestehende Gesetze zu halten und es sich bei Dieselgate um eindeutige Straftaten handele. Viele Compliance-Appelle erinnerten sie an den Versuch, Steuerpflichtigen beizubringen, sie sollten Steuern zahlen. „Es nicht zu tun, ist verboten. Und das wissen wir alle.“ Und in Erinnerung an ihre Lehrzeit zur Werkzeugmechanikerin bei Karmann in Osnabrück schilderte sie: „Es gab keine Compliance, aber es gab Herrn Karmann und damit auch Compliance. Der hat uns einmal im Jahr sehr ernsthaft in die Augen geschaut und wir hätten uns nie getraut, etwas entgegen den Unternehmensregeln zu machen.“

Wieso also tun Menschen Illegales? Ethikforscher Urs Müller weiß aus vielen Untersuchungen: „Das sind nicht durchweg korrupte, verdorbene Personen, sondern normale Mitarbeiter, die im Laufe der Zeit Verhalten zeigen, das sich immer mehr von den Normen entfernt.“ Beim Dieselgate mag sich mancher gesagt haben: Der Normverbrauch stimmt ja eh nicht mit der Wirklichkeit überein, warum sollen wir nicht gleich ein Defeat Device einbauen?

Bei der Frage, wie eine solche Dynamik zu stoppen sei, steht für Kurt Michels die Eigenverantwortung des einzelnen Mitarbeiters im Vordergrund: Für Compliance ist nicht die Compliance-Abteilung zuständig, sondern jeder. Besonders Führungskräfte müssen jeden Tag sicherstellen, dass in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich die Regeln eingehalten werden. Die Compliance-Abteilung kann den Kollegen gerne helfen, sie beraten. Aber letztlich sollen sie selbst ein Gefühl dafür entwickeln, was angemessen ist und was nicht. „Compliance ist dabei das zweite Paar Augen“, so Michels.

„Wir brauchen harte Regeln, aber wir benötigen auch ein Urteilsvermögen“, brachte Urs Müller die Positionen zusammen. Wichtig sei, proaktiv in eine Organisation hineinzuhorchen und zu fragen: Haben wir ein Problem? Nur dann wäre auch das zu entdecken, was nicht durch Regeln festgelegt ist.

Auto-Gipfel 2018 – Executive Summary: Statements, Diskussionen und Videos im Überblick

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Die Highlights des Handelsblatt Auto-Gipfels 2018 haben wir für Sie in einem interaktiven Nachbericht zusammengefasst.

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