Digital und Agil: Chancen durch die Transformation

PwC-Studie: Deutschlands Energieversorger werden digital

Der Megatrend Digitalisierung bietet Chancen für Differenzierung im Wettbewerb

von Erna-Maria Trixl, Geschäftsführerin Vertrieb, SWM Stadtwerke München GmbH

Unsere Kunden sehen in der U-Bahn die News-App durch, shoppen abends auf der Couch oder wechseln mittels Smartphone ihren Stromtarif. Die Digitalisierung durchdringt längst viele Bereiche des täglichen Lebens und hat auch die Energiewirtschaft erreicht. Für etablierte Anbieter ist dies natürlich bedrohlich, weil z. B. die Kundenschnittstelle an Vergleichsportale oder an neue Marktteilnehmer verloren gehen kann.

Wir sehen in der Digitalisierung aber vor allem Chancen für Stadtwerke. Während heute viele unserer Leistungen im „low involvement“ Bereich liegen, bietet die neue Technologie vielfältige Möglichkeiten, die User Experience zu verbessern, bedarfsgerechte Lösungen anzubieten und gleichzeitig unsere Leistungen erlebbarer zu machen. Beispiele sind hier Online-Beratung und -Verkauf von Solaranlagen mit Speichern oder Apps zur Überwachung und Steuerung des Energieverbrauchs.

Startups haben Stärken, Stadtwerke auch

Für unsere Kunden ist es nach wie vor entscheidend, dass sie sich bei ihrer Versorgung auf uns verlassen können. Hier greifen die Stärken der Stadtwerke: starke Marke, direkter Kundenzugang, hohe Fachexpertise, Assets, regionale Verankerung – und wir genießen ein hohes Vertrauen. Ich bin überzeugt, dass diese traditionellen Stärken auch in Zukunft wichtige Wettbewerbsvorteile darstellen.
Damit wir die Herausforderungen der digitalen Transformation meistern, benötigen wir zudem ein positives Klima für Innovation und Mut, ja Lust zu Weiterentwicklung und Veränderung – typischerweise eher Stärken von Startups. Für zeitgemäße Produktentwicklung und Kundendialog gilt es, Elemente dieser Startup-Mentalität zu den Stadtwerke-Stärken zu addieren. Vor allem bedarf es einer Erweiterung des Repertoires der Zusammenarbeit. Sowohl innerhalb der Unternehmen als auch mit externen Partnern.

Agilität als Haltung

Agilität, wie wir sie ursprünglich aus der Software-Entwicklung kennen, ist dabei nicht nur Methode, sondern vielmehr eine Haltung. Flexible, interdisziplinäre Teams ergänzen zunehmend hierarchisch geprägte Strukturen. Entschieden wird dort, wo die größte fachliche Kompetenz und das meiste Wissen über den Kundennutzen liegen – häufig also dezentral bei eigenverantwortlich handelnden Mitarbeitern. Dies erfordert Kooperationsformen, die Menschen und Interaktionen wichtiger nehmen als definierte Prozesse und auch einmal Fehler verzeihen. Letztlich benötigen wir ein hohes Maß an Vertrauen zwischen Führungskräften und Mitarbeitern.

Kunden entwickeln Lösung mit

Unser zukünftiger Markterfolg wird davon abhängen, wie gut wir die individuellen Bedürfnisse unserer Kunden kennen und verstehen und wie gut es uns gelingt, werthaltige Leistungen für sie zu entwickeln. Die agile Produktentwicklung stellt den Kundennutzen in den Mittelpunkt und setzt sich überschaubare Ziele.

Agil agierende Produktentwicklungsteams fokussieren

sich auf das, was für die Kunden Wert schafft und stellen einen stetigen Fluss an Ergebnissen sicher. Mit einer klaren Produktvision entwickeln sie das Produkt in kleinen für den Kunden erlebbaren Schritten, sogenannten Minimum Viable Products (MVPs). Dabei werden die Kunden so früh wie möglich gefragt, ihre Antworten gehen unmittelbar in die weitere Entwicklung ein. Das Aufgreifen von Kundenanregungen ist wichtiger als das Festhalten am ursprünglichen Plan. Nur was nachweislich Kunden nützt und was sie auch tatsächlich wünschen, wird fortgeführt. Produktfeatures, die die Kunden nicht annehmen, werden angepasst oder entfernt. So entstehen immer reifere Produkte.

Koexistenz von etablierten und neuen Strukturen ist eine Herausforderung

Das Commodity-Geschäft bleibt noch lange die operative Basis und der finanzielle Rückhalt der Stadtwerke. Gleichzeitig werden wir sukzessive digitale Geschäftsmodelle etablieren. So werden bewährte und neue digitale Strukturen koexistieren. Wenn wir die Herausforderung der Digitalisierung annehmen, wird die gesamte Organisation einfacher und beweglicher. Für Unternehmen mit hierarchischem Führungsverständnis und ausgeprägtem Bereichsdenken ist dies eine große Umstellung. Letztlich ist für die Akzeptanz der Erfolg im Markt entscheidend!

Ich bin überzeugt, dass Stadtwerke auf der Gewinnerseite im digitalen Wandel stehen werden, wenn sie ihren angestammten Stärken die Fähigkeiten des digitalen Zeitalters hinzufügen können.


Den Beitrag von Erna-Maria Trixl finden Sie auch in der Juni-Ausgabe des Handelsblatt Journal Energiewirtschaft, das Sie HIER gratis herunterladen können.

Handelsblatt Journal Energiewirtschaft, Juni 2016Das neue Journal bietet Ihnen spannende Beiträge zu den Themenkomplexen:

  • Smart Service
  • Smart Storage
  • Smart Grids
  • Smart Meter
  • Smart Data
  • Neue Geschäftsmodelle
  • Mobiles Anlagenmanagement
  • Cyber Security

Jetzt kostenlos downloaden