Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile | #HBEnergie-Expertenbeitrag von Robert Grüneis

Beitragsbild: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile | #HBEnergie-Expertenbeitrag von Robert Grüneis

75% der Menschheit werden 2050 in Städten leben. Wiens Bevölkerung wuchs in den letzten 10 Jahren von 1,67 auf 1,87 Millionen Menschen an. An die Infrastruktur und das Dienstleistungsangebot einer Stadt stellt das besondere Anforderungen; so auch an deren Energieversorgung. Vor dem Hintergrund der europaweit verfolgten Energiewende heißt das Eines: Wie bisher kann die Energieversorgung nicht weiter wachsen. Sie muss „smart“ werden, um ressourcen- und umweltschonend zu sein.

Energie- und wohl auch Telekomnetzbetreiber, Energieversorger, Bauträgern, Technikhersteller müssen bei der intelligenten Entwicklung von Stadtgebieten oder insgesamt der Energieversorgung einer wachsenden Stadt zukünftig eng zusammen „wirken“ – im wahrsten Sinn des Wortes. Es geht um das effektive Zusammenspiel von „Smart Grid“, „Smart Building“, und „Smart ICT“. Mit den Menschen, den Kunden, muss zukünftig mehr interagiert, ihre Bedürfnisse müssen „erlebt“ werden, um sie in die neue Energiewelt als „smart customer“ einzubinden. Soweit bekannt ist, wurden auch in großen internationalen Projekten diese Zukunftsthemen stets nur getrennt voneinander behandelt. Die Verbindung dieser „smarten“ Bereiche ist die große Stärke der Forschungsgesellschaft Aspern Smart City Research GmbH & Co KG (ASCR). Die ASCR ist seit 2013 das „Testbed“ für die Entwicklung zukunftsfähiger Energieversorgungskonzepte.

Europaweit werden rund 40 Prozent der gesamten Endenergie in Gebäuden verbraucht. Die Gebäude der Zukunft müssen daher nicht nur Arbeits-, Wohn- und Lebensraum sein, sondern auch aktive Player am Strommarkt. Drei Gebäude, ein Wohnbau, ein Wohnheim für Studierende und ein Bildungscampus bilden seit 2013 das „Testbed“ der ASCR. Verbaut sind PV-Module, verschiedene Wärmepumpen, Solarthermiepaneele, Erd- und Stromspeicher, sowie Entnahme- und Rückführbrunnen zur energetischen Nutzung von Grundwasser, Heizpatronen, smarte Mess-, Steuer und Regeltechnik sowie über 300 Sensoren im Verteilernetz.

Alle Akteure im ASCR-Energiesystem sind über ein Kommunikationsnetz miteinander verbunden. Es ermöglicht eine zeitnahe und bidirektionale Kommunikation zwischen Netzkomponenten, Erzeugern, Speichern und Verbrauchern, um einen energieeffizienten aber auch sicheren Systembetrieb zu ermöglichen. Ziel ist, zukünftig eine Beeinträchtigung der Versorgungsqualität etwa durch wetterbedingte Erzeugungs- oder auch schwer vorhersehbare Verbrauchsschwankungen zu vermeiden. Dazu soll von der ASCR das Verteilnetz von einem statischen zu einem – reaktionsfähigen – dynamischen, kostengünstigen Netz entwickelt werden.

In der Smart-Grid-Basisforschungsinfrastruktur werden täglich über 1,2 Millionen Datenpakete erfasst und mit externen Daten – etwa Wetterdaten – angereichert und ausgewertet. Dass dabei sämtliche Datenschutzvorschriften eingehalten werden, ist eine Selbstverständlichkeit.

Der Reiz der ASCR-Testbeds liegt darin, dass bereits 110 „Smart user“ aktiv an den Forschungen der ASCR teilnehmen. Dank einer mobilen App können sie die Heizung und Belüftung über ihr Smartphone oder Tablet kontrollieren. Sie sind überdies in eine umfangreiche Sozialforschungsstudie eingebunden. Mit ihr soll unter anderem herausgefunden werden, was die Bewohner der Seestadt Aspern „bewegt“ und motiviert zu „Smart User“ zu werden. In den teilnehmenden Haushalten werden aktuell innovative Produkte – so etwa zeitvariable Tarife – getestet.

Die ASCR ist eine Kooperation zwischen einer Netzgesellschaft (Wiener Netze GmbH), einem internationalen Technologiekonzern (Siemens AG Österreich), einer Energieerzeugungs- und Vertriebsgesellschaft (Wien Energie GmbH), der Wirtschaftsagentur Wien und der wien 3420, Entwicklungsgesellschaft für die Seestadt Aspern. Die Seestadt Aspern ist eines der größten Stadtentwicklungsgebiete Europas. Bis 2028 entsteht im Nordosten Wiens – im 22. Wiener Gemeindebezirk – hochwertiger Wohnraum für mehr als 20.000 Menschen und fast ebenso viele Arbeitsplätze.

Über den Autor:

Robert Grüneis, Geschäftsführer, Aspern Smart City Research Gmbh & Co KG (ASCR)
Robert Grüneis ist Geschäftsführer der Aspern Smart City Research Gmbh & Co KG (ASCR).

Den Beitrag von Robert Grüneis finden Sie auch in der August-Ausgabe des Handelsblatt Journal Energiewirtschaft, das Sie HIER gratis herunterladen können.

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