Bitte aufwachen, liebe Strom-Dinos | #HBEnergie-Expertenbeitrag von Frank Thelen

Beitragsbild: Bitte aufwachen, liebe Strom-Dinos | #HBEnergie-Expertenbeitrag von Frank Thelen

Die großen Energiekonzerne E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall Europe bewegen sich auf dem Strommarkt wie Dinosaurier. Zielstrebig stapfen sie Richtung Aussterben – auch ohne Asteroiden-Crash im All. Doch wofür die Dinos 160 Millionen Jahre brauchten, das droht den Energieriesen in 10 bis 15 Jahren. Kernkraftwerke. Kohlekraftwerke. Machen Dreck und Angst. Und sollen politisch weg! Denn in den kommenden 30 Jahren will die Bundesregierung hin zu erneuerbaren Energien aus Sonnenlicht, Windkraft und Biomasse. Ein klares Ziel. Heißt übersetzt: Unternehmen, die Kernkraftwerke betreiben, Kohle verbrennen und Milliarden in Leitungen investieren, können nur überleben, wenn sie lernen zu denken und zu handeln wie schnelle, flexible, agile Start-ups.

Die können nämlich – anders als große, unbewegliche Unternehmen – direkt und ohne komplexe interne Freigaben, aktuelle Technologien einsetzen, um das beste Produkt am Markt anzubieten. Bislang läuft es so: Die großen Energiekonzerne machen weitgehend unbeirrt so weiter wie bisher, denn sie müssten ja sonst zugeben, dass in ihrer Branche schon lange etwas gehörig schief läuft.

Fakt ist allerdings: Nokia ist tot, Solarworld insolvent. Lufthansa, Deutsche Bank, VW und BMW werden folgen. Das klingt vielleicht verrückt, ist allerdings eine logische Konsequenz: Denn schon heute hat beispielsweise der Automobilkonzern Tesla eine höhere Marktkapitalisierung als BMW. Wer hätte je darauf gewettet, dass der Markt an seinen Marktführern vorbeizieht und sie in der Versenkung verschwinden lässt? Nokia: Das stand mal für die gesamte Handybranche wie Grundig für Fernseher. Ich stelle in Deutschland immer wieder fest: Obwohl die meisten im Land der Ingenieure hart arbeiten, fehlt oftmals der konsequente Plan zur radikalen Adaptierung von neuen Technologien. Etwas komplett neu zu denken, bestehende Cashcows abzuschreiben: Das traut man sich hierzulande eher selten. Der US-Amerikaner Elon Musk hat diesen Biss, aus Theorie Wirklichkeit werden zu lassen. Das Bezahlen im Internet revolutionierte er mit PayPal, mit Tesla schockte er die etablierten Autokonzerne – und mit SpaceX gelang es ihm erstmals, eine bereits benutzte Raumkapsel mit Nachschub und Ausrüstung zur Internationalen Raumstation ISS zu schicken.

Musk hat Visionen und arbeitet konsequent daran, Regeln etablierter Industrien auf den Kopf zu stellen. Das macht ihn für seine Wettbewerber unkalkulierbar. Tesla bietet längst nicht mehr nur Elektroautos mit Autopilot-Einstellungen für autonomes Fahren, sondern auch Solardächer an. Mit den neuen Dachziegeln von Tesla macht es kaum noch Sinn, ein Dach anders zu decken. Es ist schlicht billiger, würde aber eine Abkehr von der zentralen Energieversorgung hin zu einer dezentralen zur Folge haben – nah am Verbraucher. Dabei gäbe es für E.ON & Co. viele Wege, etwas Neues auszuprobieren: Die Energie, die wir täglich brauchen, könnte etwa eines Tages in kleinen Batterien gespeichert werden. Bislang waren diese zu teuer und zu fehleranfällig. Ob sich letztlich die Natrium-Ionen-, Magnesium- oder die Apfel-Kohlenstoff-Batterie durchsetzt, ist noch offen.

Schon jetzt ist aber ganz klar, dass die alternative Energiegewinnung viele Vorteile hat. Es geht dabei um mehr als ums Sparen von Strom. Es geht um Nachhaltigkeit. Klingt nach Claudia Roth und Renate Künast. Ist aber nicht nur grün, sondern macht auch die Geschäftsstrategie nachhaltiger, erfolgreicher. Denn die Erzeuger, die jetzt auf Sonne, Wind und Kälte setzen, werden sich Jahr für Jahr weiterentwickeln. Sie werden es sein, die künftig revolutionäre Produkte entwickeln. Wir brauchen in Deutschland dringend einen CEO eines großen Unternehmens, der mit dem visionären Blick und Mut eines Elon Musk voranschreitet. Lieber Dr. Johannes Teyssen, lieber Dr. Rolf Martin Schmitz, lieber Dr. Frank Mastiaux und lieber Tuomo J. Hatakka – oder wer auch immer sich berufen fühlt. Eure Zukunft beginnt jetzt.
Sonst … „Jurassic Park“ ist jedenfalls keine Alternative.

Über den Autor:

Frank Thelen
Frank Thelen ist CEO von Freigeist Capital – www.frank.io

Den Beitrag von Frank Thelen finden Sie auch in der August-Ausgabe des Handelsblatt Journal Energiewirtschaft, das Sie HIER gratis herunterladen können.

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