China – der größte Automobilmarkt und seine Besonderheiten

„The party is over“ – oder: die Zeiten der hohen Wachstumsraten in China sind vorbei. Diesen Vorurteilen sieht sich Hubertus Troska nach eigener Aussage häufig konfrontiert. Doch gerne erinnert der Daimler China-Chef daran, dass sich viele Länder über die aktuellen Wachstumsraten von sechs bis sieben Prozent freuen würden.

Auch bis 2020 deuten laut dem China-Experten wirtschaftliche wie auch politische Entwicklungen auf einen stabilen Markt hin. Die besondere Dynamik Chinas sei gerade an der Entwicklung des Automobilmarktes zu erkennen. Lag der Automobilmarkt in China vor 15 Jahren noch auf dem Niveau von Italien, ist das Land heute Weltmarktführer und wächst weiter massiv. Deshalb wagt Troska die These, „dass China auf absehbare Zeit der größte Automobilmarkt der Welt bleiben wird.“

Gerade für deutsche Automobilhersteller hat sich China zum wichtigen Absatzmarkt entwickelt: Mercedes verkauft jedes dritte Auto ins Reich der Mitte, VW sogar jedes zweite. Ein wichtiger Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg sei laut Troska das Thema Konnektivität. China zählt über 700 Millionen Internetnutzer, die den Großteil ihres Tages in der digitalen Welt verbringen. Diese hohe Webaffinität hat in den vergangenen Jahren große Internetkonzerne wie den Suchmaschinenriesen Baidoo, den Tech-Konzern Tencent und die Online-Handelsplattform Alibaba hervorgebracht. Laut Hubertus Troska ist es für Automobilhersteller in China enorm wichtig, dass ihre Konnektivitätsangebote mit den Produkten und Services dieser Anbieter funktionieren, denn Unternehmen wie Google und Facebook würden in Fernost nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Als Beispiel für das digitale Kaufverhalten der chinesischen Kunden, verweist Hubertus Troska auf den 11. November. Der Online-Händler Alibaba begeht jährlich den sogenannten „Singles Day“ mit hohen Preisnachlässen. „Es beginnt um 0:00 Uhr und nach 20 Sekunden sind für 12,5 Millionen Euro Waren gekauft worden – nach sieben Minuten für 1,25 Milliarden Euro“, so Troska. Am Ende des Tages haben Waren im Wert von 15 Milliarden Euro einen neuen Besitzer gefunden. „Noch beeindruckender ist, dass die meisten dieser Waren in den nächsten 24 Stunden den Kunden zugestellt werden“, berichtet Troska von der „unglaublichen Logistikmaschinerie“, die für den Daimler-Konzern ebenso interessant ist wie der Sharing-Markt. In den vergangenen zwei Jahren sei die Zahl der Bike-Sharing-Nutzer auf 15 Millionen angestiegen. Der nächste große Trend müsse folgerichtig das Car-Sharing sein, in dem sich Daimler stark engagieren werde. Und zwei weitere Besonderheiten für den Automobilmarkt im Reich der Mitte: Der chinesische Premium-Automobilkunde sei nur 35 Jahre alt. Und für 30 Prozent der Mercedes-Kunden in China ist der Mercedes-Neuwagen zugleich das erste eigene Auto.

„China ist mit Abstand der wichtigste Markt für Elektromobilität“, sagt Hubertus Troska. Auch die chinesische Regierung erhöhe den Druck auf die Hersteller mit Incentives für heimische Elektromobilitätsanbieter und einer vorgeschriebenen Elektroquote. 655 Millionen stellt der Hersteller für in China lokal produzierte Fahrzeuge und die erste Batteriefabrik bereit. 2019 wird der EQC der erste Elektro-Mercedes sein, der direkt in China gebaut wird.


Backstage-Report zum Handelsblatt Auto-Gipfel 2017

Die Führungsriege der Automobilwirtschaft hat beim Auto-Gipfel 2017 Stellung bezogen. Was wird wahr, was nicht? Wir haben für Sie die wichtigsten Statements, Diskussionen und Videos zu einem umfangreichen Nachbericht zusammengefasst.
Packshot vom Backstage-Report zum Auto-Gipfel 2017
Zum Gipfeltreffen der Automobilbranche kamen über 600 Automobilexperten aus der ganzen Welt – darunter Hersteller und Zulieferer, Technologie- und Energiekonzerne sowie Politiker und Verbände – Ende Oktober 2017 nach Sindelfingen. Vom 24. bis 26. Oktober diskutierten die versammelten Branchengrößen Strategien, Konzepte und Technologien für das Automobil von morgen und die zukünftige Ausrichtung der Autoindustrie.